Wenn der Hund in die Schule geht

Bernkastel-Kues · Frodo sucht gerne, Barney ist kontaktfreudig, und Ajax ist öfter beim Biologieunterricht dabei: Sie alle sind Schulhunde, die in einem speziellen Ausbildungszentrum in Bernkastel-Kues ausgebildet werden. Ihre Besitzer sind Lehrer, Heilpädagogen oder Sozialarbeiter. Warum ein Hund beim Lernen hilft und wie ein Kennenlernspiel praktisch aussieht, hat der TV exemplarisch bei einer Praxiseinheit der Schulhundausbildung erfahren.

 Allez hopp: Schulhund Barney, ein Labrador-Retriever, springt über die Hände von Jana (links) und Trang. TV-Fotos (5): Klaus Kimmling

Allez hopp: Schulhund Barney, ein Labrador-Retriever, springt über die Hände von Jana (links) und Trang. TV-Fotos (5): Klaus Kimmling

Foto: Klaus Kimmling (m_wil )

Bernkastel-Kues. Vorfreude: Barney wedelt mit dem Schwanz und bellt. Der Labrador-Retriever ist aufgeregt und möchte endlich mit dem Training loslegen. Kinder mag der mittelgroße Hund mit beigefarbenem Fell besonders gerne. Deswegen ist es gut, dass Josie, Jana, Trang und Hendrik sich bereits in einer Reihe vor ihm aufgestellt haben, damit Barney gleich mit seiner ersten Übung an diesem Nachmittag beginnen kann. Der viereinhalbjährige Hund soll nämlich Schulhund werden. Die Übung mit den Siebtklässlern ist Teil seiner praktischen Ausbildung.

Mit ihm haben sich rund zehn Erwachsene mit ihren Hunden zu einem Kurs für tiergestützte Pädagogik (siehe Extra) im Innenhof der Freiherr-vom-Stein Realschule plus in Bernkastel-Kues versammelt. Obwohl es ein kühler regnerischer Sonntagnachmittag ist, sind alle gut gelaunt. Die Wiese ist matschig - Barney ist trotzdem hoch motiviert und lässt sich kaum von seiner Besitzerin an der braunen Lederleine festhalten. Seine Besitzerin, das ist Carina Lenz. Die blonde junge Frau ist Schulsozialarbeiterin. Mit ihrer braunen Wollmütze, Parka und Stiefeln hat sie sich dem Wetter angepasst. Um den Hals trägt sie eine Hundepfeife. In ihren Jackentaschen sind immer ein paar Leckerlies griffbereit.Hunde helfen beim Lernen


Gerade ist ein Kennenlernspiel an der Reihe. Carina Lenz stimmt die vier Schüler auf die Übung ein: "Der Barney ist immer ganz aufgeregt." Aber das ist normal. Ein Labrador-Retriever ist ein aktiver Hund. Zum ersten Kennenlernen strecken alle Kinder ihre Hände aus, und Barney darf sie reihum beschnuppern. Er bellt freudig - "Merkt ihr - der will schon was machen!", kommentiert die junge Frau mit der hellen Stimme.

Normalerweise arbeitet sie an der Martin-Luther-King-Schule im Traben-Trarbacher Stadtteil Wolf. Die Schule fördert die sozial-emotionale Entwicklung von Kindern, die vorübergehend nicht in einer Regelschule unterrichtet werden können. Das sind oft Kinder, die sich nicht gut konzentrieren können und denen es schwerfällt, Regeln zu befolgen. Barney könne ihnen beim Lernen helfen, meint Carina Lenz:. "Der Hund ist für die Kinder Motivation." Doch nun ist der Labrador-Retriever nicht der Schulhund für die Kinder in Wolf, sondern muss bei dem Seminar mit den Schülern der Realschule plus üben. Nach dem ersten Beschnuppern geht's dann für ihn mit der eigentlichen Übung los: "Habt ihr schon mal so was wie einen Tunnel gemacht, wo man durchlaufen kann?", fragt Carina Lenz. "Freiwillige vor", ermutigt sie die Schüler. Hendrik und Josie melden sich.

Nachdem sich Barney hingesetzt hat, lässt ihn seine Besitzerin von der Leine. Er wedelt unaufhörlich mit dem Schwanz und lauscht ihr aufmerksam. Lenz weist ihn mit einem Fingerzeig an, dass er sitzen bleiben soll, während die beiden Schüler an ihm vorbeigehen. Im Ausfallschritt bilden sie mit ihren Beinen einen Tunnel, durch den Barney durchlaufen soll. "Bleib!", befiehlt die blonde junge Frau und positioniert ihren Hund vor den beiden Kindern. Dann geht sie an das Ende des Tunnels und ruft ihn.

Beim ersten Versuch läuft Barney noch mit Vollgas an den beiden Kindern vorbei. "Du hast gemogelt!", sagt sie. Also noch mal. Übung macht den Meister und auch einen guten Schulhund aus. Dabei sind Details wichtig.
Claudia Winter, die zusammen mit ihrer Kollegin Beate Lambrecht den Kurs leitet, beobachtet die Übung und gibt Verbesserungsvorschläge: "Setz' Barney noch näher an die Kinder ran." Und siehe da: Der muskulöse Hund startet direkt vor den Beinen der Kinder und läuft unter ihnen durch, als ihn seine Besitzerin von der anderen Seite aus ruft. Der Erfolg wird mit einem Leckerli belohnt. Lenz wiederholt die Übung noch mal. Und es klappt. Barney läuft auf Anhieb durch den Beine-Tunnel durch.Vertrauen und Konzentration


Nun sind Trang und Jana an der Reihe. Ob sie Angst vor Hunden hätten, fragt sie die Schulsozialarbeiterin. Die Kinder verneinen. "Barney springt gerne", leitet sie die nächste Übung ein: Trang und Jana gehen in die Hocke und reichen sich die Hände. Über diese Hürde muss Barney springen. "Allez hopp", ruft Lenz, und diesmal klappt es beim ersten Versuch. Die beiden Mädchen lachen. Barneys Frauchen ist zufrieden - diese Übungseinheit ist zu Ende.
Claudia Winter gibt dem Mensch-Hunde-Team gleich Rückmeldung. Sie lobt Barneys Leistung. Nur einen einzigen Ratschlag hat sie. Carina Lenz solle nicht allzu zögerlich sein. Schließlich sei ihr Hund ja schon weit in der Ausbildung und gut im Training.

Sie fasst auch zusammen, was in der Schulhunde-Ausbildung wichtig ist: "Kinder und Hunde müssen ein Erfolgserlebnis haben." Die Aufgabe müsse so strukturiert sein, dass sie von beiden schnell verstanden wird. Pädagogische Ziele seien dabei die Förderung von Vertrauen, Konzentration, Sensibilität und einem Gemeinschaftsgefühl. "Die Kinder können dabei prima lernen, wie ein Lebewesen funktioniert und wie man damit umgeht", fasst Winter zusammen.
Das findet auch Carina Lenz, die sofort von dem Schulhundekonzept überzeugt war. "Ich hatte von Anfang an Ambitionen, Barney auszubilden." Sie sei erst mit ihm in der Hundeschule gewesen, um die Basisbefehle zu lernen, dann sei die Ausbildung spezifischer geworden. Für ihre Arbeit an der Schule in Wolf sieht sie einige Vorteile: "Die Kinder können mit dem Hund gut lernen, Regeln zu befolgen." Barney gebe ihnen ein direktes Feedback, wenn er bellen würde. "So lernen die Kinder seine Körpersprache kennen."Angst überwunden


Die Sprache des Hundes zu verstehen - das hat auch Eliza, zwölf Jahre, geholfen. Sie ist ebenfalls Schülerin der siebten Klasse der Realschule plus und hilft beim praktischen Teil des Seminars. "Ich hatte tierische Angst vor Hunden. Frau Winter hat mir geholfen, meine Angst zu besiegen."

Josie (12) hat ganz andere Gründe als Eliza: "Ich liebe Hunde - ich möchte später auch mal einen großen Hund haben. Am liebsten einen Labrador." Besonders Spaß mache es ihr, wenn der Trick mit dem Hund klappen würde. "Man muss eben Geduld haben", resümiert Josie. Ihre ehemalige Klassenkameradin Trang, die nun in die siebte Klasse des benachbarten Gymnasiums geht, stimmt ihr zu: "Ich hatte vorher null Erfahrungen, aber jetzt weiß ich, wie man mit Hunden umgeht und was er alles braucht."

Weitere Informationen zur Schulhundausbildung gibt es
im Internet unter schulhund-ausbildung.deExtra

Immer mehr Schulen und Kindergärten bieten Projekte mit Hunden an. Laut dem Arbeitskreis Schulhund Rheinland-Pfalz gibt es im Bereich des Schulaufsichtsbezirks Trier ungefähr 12 registrierte aktive Schulhundeteams. Registriert sind Teams, die eine Selbstverpflichtungserklärung unterzeichnet haben, das heißt, diese Teams verpflichten sich, gewisse Standards in Bezug auf den Schulhund einzuhalten. An den Empfehlungen des Arbeitskreises zur Schulhundeausbildung orientiert sich auch das Ausbildungszentrum für tiergestützte Pädagogik in Rheinland-Pfalz, das eine gezielte Ausbildung anbietet. Inhaltlich geht es in den Seminaren unter anderem um den Hund, seine Beziehung zum Menschen und sein Ausdrucksverhalten. Theoretische Einheiten und praktische Übungen mit Kindern und Jugendlichen vervollständigen die Ausbildung. Die Seminare finden in Blockeinheiten am Wochenende statt. Zum Schluss gibt es eine Prüfung. jwaExtra

 Claudia Winter (rechts), Dozentin für tiergestützte Therapie, gibt Barneys Besitzerin Carina Lenz Feedback zu den praktischen Übungen mit den Kindern.

Claudia Winter (rechts), Dozentin für tiergestützte Therapie, gibt Barneys Besitzerin Carina Lenz Feedback zu den praktischen Übungen mit den Kindern.

Foto: Klaus Kimmling (m_wil )
 Hündin Paula läuft durch die Beine der Kinder. Diese Übung musste auch Barney absolvieren.

Hündin Paula läuft durch die Beine der Kinder. Diese Übung musste auch Barney absolvieren.

Foto: Klaus Kimmling (m_wil )
 Hier sind alle angehenden Schulhunde versammelt. Zusammen mit den Kindern haben sie bei dem Wochenendkurs praktische Übungen für ihre Ausbildung absolviert. Ihre Besitzer konnten nicht mit auf dem Bild sein, da sie die Hunde zum Sitzenbleiben für das Foto animieren mussten.

Hier sind alle angehenden Schulhunde versammelt. Zusammen mit den Kindern haben sie bei dem Wochenendkurs praktische Übungen für ihre Ausbildung absolviert. Ihre Besitzer konnten nicht mit auf dem Bild sein, da sie die Hunde zum Sitzenbleiben für das Foto animieren mussten.

Foto: Klaus Kimmling (m_wil )
 Jede Hunderasse kann Schulhund werden, auch dieser Chihuahua. Die richtige Ausbildung ist dabei wichtig.

Jede Hunderasse kann Schulhund werden, auch dieser Chihuahua. Die richtige Ausbildung ist dabei wichtig.

Foto: Klaus Kimmling (m_wil )

Beate Lambrecht ist in der Schulhunsausbildung für das Hundetraining, das Hundewissen und die Pädagogik zuständig. Seit 2001 hat sie eine eigene Hundeschule. Sie ist Pädagogin und Autorin verschiedener Fachartikel und eines Buches. Seit 2005 bietet sie Zertifikatskurse für Hundegestützte Pädagogik an. Claudia Winter ist für schulorganisatorische Fragen zum Einsatz eines Schulhundes und für die Videodokumentation zuständig. Seit 2008 ist sie selbstständige Tierfotografin. Die Schulhunde-AG an der Realschule plus in Bernkastel-Kues leitet sie seit 2013. Winter ist seit 2001 in der Schulverwaltung tätig. Quelle: Ausbildungszentrum für Tiergestützte Pädagogik.

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