Wenn die Ausbildung zu teuer wird: Kreismusikverband unterstützt Forderung nach Kulturfördergesetz

Bernkastel-Wittlich · Seit mehr als 20 Jahren wurden die Zuschüsse des Landes für die Musikverbände nicht mehr erhöht. Seit den 1970er Jahren gibt es ein Sportförderungsgesetz. Der Landesmusikverband fordert nun unter anderem auch ein Kulturfördergesetz. Der Kreismusikverband Bernkastel-Wittlich unterstützt diese Forderung. Aber auch Geld allein wird nicht alle Probleme lösen.

Rheinland-Pfalz hat gewählt. Die neue Regierung - sofern sie sich formiert hat - muss nun eine Vielzahl von neuen Aufgaben bewältigen. Bereits vor der Wahl haben der Landesmusikverband und sein Dachverband, der Landesmusikrat, die Politik aufgefordert, Kunst und Kultur in Rheinland-Pfalz besser zu fördern. Vor allem möchten sie höhere Zuschüsse des Landes für die Musikverbände erwirken. Seit mehr als 20 Jahren sind die Landeszuschüsse nicht mehr erhöht worden.

Dabei benötigen die Verbände das Geld: vor allem für die Ausbildung junger Musiker. Norbert Sartoris, Vorsitzender des Kreismusikverbands Bernkastel-Wittlich, hält die finanzielle Situation für bedenklich: "Es kann kaum noch irgendwo gespart werden." Dass deswegen das Geld für die Lehrgänge der jungen Musiker fehle, dürfe nicht sein. Daher unterstützt auch sein Verband die Forderungen des Landesmusikrats, der vor allem eine Erhöhung der Zuschüsse und eine bessere Verankerung des Ehrenamts in der Schule vorsieht. Schließlich gebe es bereits seit den 1970er Jahren ein Sportförderungsgesetz. "Ich kann nicht verstehen, warum so wenig Geld für die Kultur da ist", sagt Sartoris.

Erik Meisberger, Jugendbildungsreferent bei der Landesmusikjugend Rheinland-Pfalz, drückt es noch deutlicher aus: "Das Gesetz ist überfällig." Wenn das Kulturfördergesetz nicht bald auf den Weg gebracht werde, sehe es mit der Jugendarbeit schlecht aus. Sport und Kultur seien gleichermaßen wichtig für das Zusammenleben in der Gesellschaft.

Damit eine gute Ausbildung der jungen Musiker sichergestellt werden könne, sei es vor allem wichtig, dass die Zuschüsse für die Lehrgänge ausreichend seien. "Die Bezuschussung ist kurz vor katastrophal", sagt Meisberger. Die jungen Musiker müssten neben der Anschaffung von Instrumenten auch bei Weiterbildungsseminaren einen vergleichsweise hohen Eigenanteil leisten, was gerade für Kinder aus finanziell schwächeren Haushalten schwierig sei.

Noch hat der Kreismusikverband Bernkastel-Wittlich keine Probleme, was die Anzahl seiner Mitglieder betrifft (siehe Extra), allerdings müsse man langfristiger denken, betont Norbert Sartoris. Und: Es werde zunehmend schwieriger, Jugendliche in den Vereinen zu halten. Als Beispiel nennt Sartoris den Musikverein Altrich. Dort würden mehr als 17 junge Menschen den Verein wegen Studium oder Ausbildung verlassen. Dieses Problem kennt auch Meisberger. Für ihn ist der Wegzug der Jugendlichen ein strukturelles Problem auf dem Land: "Viele Kinder müssen für den Besuch einer Schule weit fahren." Zusammen mit der Ganztagsschule koste das die jungen Menschen viel Zeit, die fürs Ehrenamt fehle.

Meisberger setzt darauf, dass Schulen mit Bläserklassen Schnittstelle zu den Musikvereinen werden könnten.
Die Nachwuchsförderung liege laut Sartoris außerdem oft in der Hand von einzelnen Menschen. Beispiel Eckfeld: Dort kümmere sich ein Vereinsmitglied bereits sehr gut um die musikalische Früherziehung der ein- bis fünfjährigen Kinder nach dem Konzept von Carl Orff, einem Musikpädagogen und Komponisten. Wenn sich dieser Mensch nicht mehr darum kümmere, sei es sicherlich schwer einen Nachfolger für die Nachwuchsförderung zu finden.

Positiv merkt Sartoris die Arbeit der Kreismusikschule Bernkastel-Wittlich an: Durch das breite Angebot mit klassischer Musik, Blasmusik und Chorgesang würden viele junge Musiker dort ausgebildet. Das sei wiederum potenzieller Nachwuchs für die Musikvereine. Allerdings seien die Instrumentallehrgänge für Musiker in der Ausbildung, die der Verband anbietet, keine Selbstläufer: "Von einem Jahr auf das andere ist die Teilnehmerzahl von 80 auf zwei gesunken."

In Zusammenarbeit mit der Kreismusikjugend biete man nun neue Weiterbildungsformate an: In den Projektorchestern "Hör mal, was ich kann" und "Wind Band 4teen(s)" werden zusammen mit der Musikschule junge Menschen mit zwei- oder vierjähriger Erfahrung am Instrument gefördert. Um die Jugendlichen zu motivieren, setzt der Verband auf innovative Lernmethoden. Meisberger: "Weniger Theorie, mehr pädagogische Inhalte, beispielsweise Teambuildingmaßnahmen."
Auch wenn es mehr Geld durch Zuschüsse geben würde, betont Sartoris, dass es kein Allheilmittel gebe, um Nachwuchs für die Vereine zu bekommen. Außerdem sei kein Musikverein wie der andere. Die Schwierigkeiten seien sehr individuell, eben von "Dorf zu Dorf" verschieden. Extra

Im Kreismusikverband (KMV) Bernkastel-Wittlich gibt es 98 Musikvereine mit 4400 Aktiven. In dem Verband befinden sich Blasorchester, Spielmanns- und Fanfarenzüge, Mandolinen- und Akkordeonorchester sowie Big Bands und Volksmusikgruppen.
Im Jahr 2015 hat der KMV Bernkastel-Wittlich rund 6200 Euro Zuschüsse vom Landesmusikverband Rheinland-Pfalz bekommen. Zum Vergleich: Im KMV Bitburg-Prüm haben sich 75 Musikvereine mit 3031 aktiven Musikern zusammengeschlossen. Der KMV Bitburg-Prüm hat im Jahr 2015 rund 5500 Euro an Zuschüssen erhalten.
Die Höhe der Zuschüsse hängt von den Projekten und Lehrgängen ab, die der KMV anbietet. Der Landesmusikverband erhält vom Land eine staatliche Förderung. Laut dem Vorsitzenden des KMV Bitburg-Prüm, Josef Freichels, wurde diese Förderung von 110.000 Euro auf rund 70.000 Euro gesenkt.
Im Landesmusikverband Rheinland-Pfalz sind über 50 Prozent der Aktiven Jugendliche unter 27 Jahre. Insgesamt sind 812 Musikvereine mit rund 33.000 Musikern in dem Verband organisiert. sn/jwa
Kommentar

Jasmin Wagner

Die Ungleichbehandlung von Musik- und Sportverbänden vor dem Gesetz ist nicht zu verstehen. Schließlich leisten sowohl Musik- als auch Sportvereine einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung von jungen Menschen. Beide Vereinsarten sind fest in den Dörfern und auch Städten verankert. Entsprechend sollten sie von der Politik den gleichen Stellenwert erhalten. Und das muss auch gleich viel Geld vom Land bedeuten.

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