Wer hat schon mal, wer will nicht mehr?

Wittlich/Bitburg/Daun · Als einzige der sechs Parteien nominieren die Grünen keinen Direktkandidaten für den Wahlkreis 202. Wir haben nachgefragt, warum.

Die SPD hat einen, die CDU auch, genau wie die FDP, AfD und Linke. Nur die Grünen stellen in diesem Jahr keinen Direktkandidaten im Wahlkreis 202 auf. Woran liegt's?

"Der Bundestagswahlkampf ist nicht schön", sagt Lydia Enders vom Kreisverband Bitburg-Prüm: "Man wollte einfach niemanden ,den Löwen zum Fraß vorwerfen'. Die Partei will offenbar nicht nur die Umwelt schützen, sondern auch ihre Politiker. Oder gab es niemanden, der infrage kam?

An den Bewerbern habe es nicht gelegen, stellt Enders klar. Mit Karl Wilhelm Koch und Dietmar Johnen wurden zwei Kandidaten vorgeschlagen. Nur wollten die wohl beide nicht, meint Enders. Wir haben mal mit Karl Wilhelm Koch, beziehungsweise mit KWK, wie er in seinem Heimatkreis Vulkaneifel genannt wird, gesprochen. Der Mann aus Mehren dürfte für viele kein Unbekannter sein. Immerhin kandidierte er 2013 bereits für den Bundestag. Warum also hat er sich dieses Jahr nicht aufstellen lassen?

"Ich hätte es gemacht, wenn mich alle zweieinhalb Verbände im Wahlkreis unterstützt hätten", sagt Koch. Dazu muss man wissen, dass die Grünen sich im Bezirk 202 in drei Regionalverbänden organisieren. Letztlich gab es laut dem Mehrener nur von Wittlich und der Vulkaneifel grünes Licht. Die Bitburger hätten sich quergestellt. "Und den Riesenaufwand tu' ich mir doch nicht an, wenn ich im Regen stehen gelassen werde," meint Koch. Er kennt diese Querelen schon. Die Grünen aus der Region liefern sich seit Jahren Kämpfe um Posten und Politik.

Und schon einmal war er der Leidtragende. Der Kreisverband Vulkaneifel hatte 2016 innerhalb eines Monats zweimal den Vorstand ab- und neugewählt (der TV berichtete). Damals wurde Koch "aus dem Amt gejagt", wie es damals im Trierischen Volksfreund (TV vom 20. Januar 2016) hieß. Wieso sollte er sich also ohne Rückenwind einen Wahlkampf antun, der Zeit und Geld kostet? Aber Koch wurde ja überhaupt erst gefragt, weil Dietmar Johnen abgesagt hat.
Johnen steht in der Landesliste auf Platz vier. Das heißt: Er ist in ganz Rheinland-Pfalz unterwegs. Da wollte er nicht noch die, wie er es nennt, "undankbare Aufgabe" einer Direktkandidatur übernehmen. Schließlich sei er Ehrenamtler. "Da konzentriere ich mich auf die für uns wichtigeren Zweitstimmen."

Wenig verwunderlich. Chancen auf das Direktmandat haben sich Johnen und Koch ohnehin nicht ausgerechnet, wie beide auf Nachfrage bestätigen. Das hat schließlich noch kein Grüner im Wahlkreis 202 gewonnen.
Der Berliner Christian Ströbele ist deutschlandweit der einzige Politiker der Umweltpartei, der es je geschafft hat, per Direktmandat in den Bundestag zu kommen.KommentarMeinung

Wo ist der Kampfgeist?Zugegeben: Die Chancen auf ein Direktmandat stehen für die Grünen im Wahlkreis 202 schlecht. Aber so eine Nominierung ist auch ein symbolischer Akt. Wer keinen Kandidaten aufstellt, vermittelt den Eindruck, er habe schon aufgegeben. Wo ist er denn hin, der Kampfgeist der Gründerzeit? Flammt er nur noch bei Querelen innerhalb der Partei auf? Von zweieinhalb Kreisverbänden darf man doch erwarten, dass sie einen Kandidaten finden können. Die Linken, die AfD und die FDP haben das ja auch geschafft - trotz geringer Aussichten, ein Mandat zu gewinnen. c.altmayer@volksfreund.de

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