Wer Spaß haben will, braucht Mut

Morbach · Viel Spaß, ein wenig Betroffenheit und auch eine Portion Verunsicherung: Der Kabarettist Rainer Schmidt, der keine Unterarme und Hände besitzt, hat in der Morbacher Baldenauhalle mit seinem Programm "Däumchen drehen" gleich mehrere Emotionen beim Publikum ausgelöst.

 Rainer Schmidt in der Morbacher Baldenauhalle. TV-Foto: Christoph Strouvelle

Rainer Schmidt in der Morbacher Baldenauhalle. TV-Foto: Christoph Strouvelle

Foto: Christoph Strouvelle (cst) ("TV-Upload Strouvelle"

Morbach. Kabarett ist einfach, sagte einst der Kabarettist Hans-Dieter Hüsch: "Zuhören-Aufschreiben - Vortragen." Genauso hat es Rainer Schmidt bei seinem Programm "Däumchen drehen" gehalten, mit dem er in der Morbacher Baldenauhalle aufgetreten ist. Viele persönliche Erlebnisse wie Begegnungen mit Zugschaffnern, seinen Verwandten oder Handschuhe kaufen beim Kaufhof haben das Programm geprägt. "Alles was ich vortrage, ist passiert", sagt Schmidt.
Allerdings ist das Aufschreiben bei Schmidt schon so eine Sache, denn ihm fehlen beide Unterarme. Doch hat Schmidt, der hauptberuflich Pfarrer ist, dafür eine Lösung gefunden. Wie auch für so viele weitere Herausforderungen, für die ein Mensch ohne Hände eigene Lösungen entwickeln muss. Kleidung zuknöpfen? Hemd aufs Bett legen und anschließend über den Kopf anziehen. Alleine auf Toilette gehen, dabei die Hose öffnen und anschließend den Hintern abwischen? Dazu gibt es geeignetes Werkzeug, wie eine dünne Stange, die Schmidt quasi als Verlängerung des Arms in den Reißverschluss einhängt und diesen damit auf- und zuziehen kann. "Wenn Du an Grenzen kommst, brauchst Du Strategien", sagt er zu den 110 Zuschauern. Um sich auch detailliert mit den Begriffen Inklusion und Behinderung auseinanderzusetzen. "Behinderung ist Verunsicherung", sagt Schmidt. Wie gibt man einem Menschen ohne Arme die Hand, fragt er als Beispiel. Wichtig für die Inklusion von anderen Menschen sei die emotionale Bindung, das Gefühl, dazu zu gehören. "Inklusion ist nicht für Menschen mit Behinderung, das ist für uns alle", sagt er. Doch ganz ohne Witze über seine eigene Beeinträchtigung geht es dann doch nicht. Mangelndes Fingerspitzengefühl, der Personalausweis mit Fingerabdruck, Polizisten auffordern, ihm doch bitte Handschellen anzulegen, die Beispiele hat Schmidt, der als Tischtennisspieler bei Weltmeisterschaften und den Paralympics große Erfolge gefeiert hat, trefflich ausgesucht. "Sie können Spaß haben, wenn Sie sich nur trauen", sagt er. Für Petra Arend aus Morscheid ist beeindruckend, wie der Kabarettist über Behinderung und Inklusion spricht. "Man weiß es zwar, aber es ist ungewohnt", ergänzt Renate Litz-Brust aus Bischofsdhron. cst

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