Wer will, kann's blühen lassen

Wittlich · 350.000 Euro geben die Stadtwerke im Jahr für Wittlichs Grünanlagen aus. In Spitzenzeiten arbeiten fünf Gärtner und fünf Arbeiter am gepflegten Stadtbild. Außerdem sind Teilarbeiten an Gartenbauunternehmen vergeben. Wer will, kann ihnen helfen: mit einer Patenschaft.

 Wie wär's mit diesem? 132 Blumenkübel gibt's in Wittlich. Die Stadtwerke suchen Paten. TV-Foto: Sonja Sünnen

Wie wär's mit diesem? 132 Blumenkübel gibt's in Wittlich. Die Stadtwerke suchen Paten. TV-Foto: Sonja Sünnen

Schon einmal was von Guerillagärtnerei gehört? Deren gemäßigte Anhänger bepflanzen öffentliche Grünstreifen in Großstädten. Das ist streng genommen eine Straftat (Sachbeschädigung). In Wittlich wäre das kein Problem. "Im vergangenen Jahr wurden 12.000 Narzissen, Tulpen, Krokusse gepflanzt. Wenn sich in einem Pflanzbeet unerwartet eine Tulpe zeigt, freuen wir uns", sagt Jan Mußweiler, Pressesprecher der Stadtverwaltung Wittlich, auf die Frage, wie man offiziell auf eine Grün-Guerilla-Aktion reagieren würde. Aber bislang gibt es das Phänomen in der Säubrennerstadt nicht. Vielleicht auch deshalb, weil die 132 Blumenkübel, die 109 Beete und die 663 Flächen rings um die Straßenbäume schon bepflanzt sind.

Das macht viel Arbeit und kostet viel Geld: insgesamt 350.000 Euro für die Pflege vom Kreisverkehr über den Kübel bis zum Stadtpark inklusive 5520 Bäume. Und in Wittlich kann man ganz legal den Blumenkübel vorm Geschäft, das Beet vor der Haustüre als Mini-Gärtchen nutzen. Denn die zuständigen Stadtwerke suchen aktuell Paten. "Der perfekte Pflegepate meldet sich, weil er Freude an dieser Arbeit hat und das Stadtbild in seiner Umgebung mitgestalten möchte. Er fühlt sich für sein Umfeld verantwortlich, bei außergewöhnlichen Problemfällen meldet er sich," sagt Edmund Kohl, Stadtwerke, und: "Es muss nicht immer um die Pflege von Pflanzen gehen. So kann man sich zum Beispiel auch darum kümmern, dass eine Fläche regelmäßig von Unkraut befreit wird, rund um eine Ruhebank kehren und Unrat beseitigen oder Pflanzen bei Trockenheit zu gießen. Das geht auch ohne grünen Daumen."

Dann nehmen vielleicht auch die bei der Stadt eingehenden Beschwerden ab, die Jan Mußweiler auflistet: "Hundekot in Pflanz- und Baumbeeten", "Müll und Unrat in den Beeten", "Unkraut macht sich im Pflanzbeet breit", "Unser Beet wurde vergessen" und "In diesem Jahr war noch keiner da".

Unter dem Motto: "Meckern kann jeder - Wir packen an!", rufen die Stadtwerke Wittlicher dazu auf, sich selbst zu kümmern. Dazu können Dauerpflanzen wie bodendeckende Rosen, Efeu zur Verfügung gestellt werden. Vier Freiwillige haben sich schon gemeldet. Im Frühling können sie loslegen. Und wer absolut keinen Grünen Daumen hat, hat vielleicht eine Lieblingsbank. 364 stehen im Stadtbereich. Auch dort werden helfende Hände zur Pflege gesucht, etwa um dort Müll aufzuheben. Zwei bis drei Hilfskräfte der Stadt sind sowieso damit beschäftigt. Zudem müssen 260 Papierkörbe im Stadtgebiet geleert werden: Das kostet 80 000 Euro für die Abfuhr einschließlich Personal plus 27 000 Euro an Abfallgebühren. Auch das verschönert das Stadtbild. Von einer freundlichen Müll-Guerilla hat man aber auch anderswo noch nicht wirklich viel gehört. Obwohl man unter www.guerillagaertner.com den Tipp findet: "Säubere den Platz von Müll und lockere eventuell den Boden."
Informationen gibt es unter: http://www.stadtwerke-wittlich.de/tiefbau/gruenflaechen/paten-gesucht/
Meinung

Her mit den grünen Daumen!
Das ist doch eine schöne Idee, wie sich die Säubrenner praktisch engagieren und dabei Spaß haben können. Was spricht dagegen, dass sich zum Beispiel in der Innenstadt Geschäftsleute zusammentun, um die Betonkübel als Hingucker zu bepflanzen? Warum soll die Familie, die weder Balkon noch Garten hat, nicht im Beet vor ihrer Haustüre ausprobieren, ob sie, insbesondere das Kind, einen grünen Daumen hat? Das städtische Grün und dessen Pflege ist keine Selbstverständlichkeit. Zwar sprechen die Deutschen in der Regel von "Gartenarbeit", doch spätestens wenn aus dem Zwiebelchen eine prächtige Tulpe wird, merkt jeder selbst: Das ist auch ein Vergnügen! Der Paten-Aktion der Stadtwerke ist Erfolg zu wünschen. Das würde auf sympathische Art zeigen, dass Wittlicher bereit sind, etwas für ihre Stadt zu tun. s.suennen@volksfreund.deExtra

Alle Kübel sowie einzelne Beete wie am Türmchen oder am Verkehrskreisel am Kalkturm-/Koblenzer-/Friedrichstraße werden jährlich neu bepflanzt. Nach den Eisheiligen, Mitte Mai, wird mit der Sommerbepflanzung begonnen, etwa mit Indischem Blumenrohr (Canna indica), Pelargonien, Fuchsien und Elfensporn (Diascia). Im Frühling werden die Flächen zudem teilweise mit Blumenzwiebeln wie Gänseblümchen (Bellis) oder Vergissmeinnicht (Myosotis) ergänzt. Ab Ende September wird die Bepflanzung durch Stiefmütterchen, Hornveilchen und Silberblatt ersetzt. Zudem werden die Blumenzwiebeln für den kommenden Frühling gesteckt (Tulpen, Narzissen, Krokusse). Das Indische Blumenrohr und die Enzianbäumchen werden überwintert. Im Übrigen werden die Pflanzen von Gärtnereien bezogen. Ein erfolgreicher Versuch war dieses Jahr der Ersatz einer abgestorbenen Bepflanzung in der Kalkturmstraße durch eine Blumenmischung: abwechselnde, lang andauernde Blüte, wenig Unkraut, Selbstvermehrung, Arbeitsersparnis durch nur einmaliges höchstens zweimaliges Mähen. 30.000 Euro werden für die saisonale Neubepflanzung ausgegeben. sos/Quelle: Stadtverwaltung

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