Werbekreis wehrt sich gegen öffentliche Stadtratsschelte

Bernkastel-Kues · Das Problem ist erkannt, die öffentliche Anklage stößt aber bitter auf. Der Werbekreis Bernkastel-Kues sieht die Betriebe unter Allgemeinverdacht. Dabei halte sich nur eine Minderheit nicht an die Gestaltungssatzung in der Bernkasteler Innenstadt.

Bernkastel-Kues. "In der Altstadt sieht es aus, wie auf einem Basar. Jeder macht, was er will." Die kritischen Worte von Stadtbürgermeister Wolfgang Port und ähnliche Zustandsbeschreibungen von Mitgliedern des Stadtrats haben beim Werbekreis der Stadt Bernkastel-Kues Staub aufgewirbelt. "Es ist unheimlich ärgerlich aus den eigenen Reihen in die Pfanne gehauen zu werden. Dafür habe ich kein Verständnis", sagt Vorsitzender Frank Hoffmann. Alle Geschäftsleute seien über einen Kamm geschoren worden. Dabei handele es sich nur um eine Minderheit, die Satzungen missachte. Ihn ärgere aber noch mehr, dass die Kritik in öffentlicher Sitzung geäußert wurde.
Wie berichtet hatte der Stadtrat vergangene Woche beklagt, dass sich viele Ladeninhaber und Gastronomen nicht an die Gestaltungs- und Nutzungsvorschriften halten. Die regeln unter anderem, ab wann Stühle, Tische und Kleiderständer ins Freie gestellt und welche Fläche sie bedecken dürfen. Es fiel sogar der Begriff "Lumpenstadt".
Dass die Materie schwierig ist, wird an zwei unterschiedlichen Aussagen deutlich. Warum, so Frank Hoffmann, sollen im Sommer nicht schon Tische und Stühle vor elf Uhr draußen stehen, damit dort gefrühstückt werden kann. Das gehe nicht, sagt Hoffmanns Vorgänger Wolfgang Pastor, der auch Stadtbeigeordneter ist. Denn um diese Zeit seien noch viele Lieferanten mit ihren Fahrzeugen unterwegs. "Die sind auch oft noch um 13 Uhr unterwegs, obwohl die Altstadt dann längst den Fußgängern gehören soll. Das wird aber nicht angeprangert", sagt Hoffmann.
Stadtratsmitglieder hatten außerdem moniert, es gebe zu wenige Kontrollen vonseiten der Verwaltung. "Zumindest von April bis August gab es viele Kontrollen", berichtet Einzelhändler Peter Leenders.
Die Mitglieder des Werbekreises wissen um die schwarzen Schafe. Die seien allerdings meist auch nicht im Werbekreis. "Die muss man anprangern", sagt Dachdeckerin Karin Oster, die auch dem Stadtrat angehört "Gegen sie muss man mit aller Härte durchgreifen", fordert Heiner Gehlen. Wie das aussehen könnte, sagt Frank Hoffmann: "1000 Euro auf den Tisch des Herrn."
Auch die Entwicklungsagentur kommt ins Spiel. Es habe zeitweise gut funktioniert, wenn die Mitarbeiter mit Geschäftsinhabern das Gespräch suchten. Hier müsse erneut der Hebel angesetzt werden, fordert Hoffmann.Meinung

Ohne Gemeinsamkeit geht es nicht
Manchmal müssen Missstände beim Namen genannt und überspitzt dargestellt werden. Sonst ändert sich nichts. Das weiß der Werbekreis, das weiß der Stadtrat. Man wird sich zusammensetzen und vernünftig diskutieren. Ob es Regeln gibt, die von allen Geschäftsinhabern akzeptiert werden, ist fraglich. Dafür sind die Interessen in der hauptsächlich vom Tourismus lebenden Stadt zu unterschiedlich. "Es geht uns offenbar noch zu gut," sagt eine Geschäftsfrau. Recht hat sie. Ziel muss es sein, wenigstens ein Mindestmaß an Gemeinsamkeit zu erreichen. Zu schützen sind in erster Linie die alteingesessenen Geschäfte. Gehen sie verloren, ist es wirklich nicht mehr weit bis zur Lumpenstadt. c.beckmann@volksfreund.de

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