Widerstand zwecklos

THALFANG/MORBACH. Die Karnevalisten im Hunsrück erlebten beim Sturm auf die Rathäuser so manche Überraschung. In Thalfang saß der falsche Bürgermeister auf dem Amtssessel. Und in Morbach hatte sich der Verwaltungschef bereits nach einem neuen Job umgesehen: Er trainiert die Damen-Fußballmannschaft vom "FC Rathaus".

Die Berja Wackessen und der Ober-"Spetzbouwe" Hans-Werner Engel staunten nicht schlecht, als sie um 11.11 Uhr in das Büro des Thalfanger Bürgermeisters eingedrungen waren. Denn auf dem Chefsessel hatte sich doch tatsächlich bereits ein Bäscher breit gemacht: das "Bürgermeisterlein" Burkhard Graul. Doch seine Amtszeit währte nur kurz. Der Thalfanger Narren-präsident ließ ihn kurzerhand verhaften, setzte ihn ab, und forderte die Herausgabe des Rathausschlüssels. Der blieb zunächst standhaft: "Ich kämpfe heute wie ein Stier, bewache tollkühn diese Tür. Den Schlüssel werd' ich nicht hergeben, verteidig‘ ihn mit Leib und Leben." Der Widerstand beeindruckte den neuen "Bürgermeister der Freude" nicht: "Wie zu jedem meiner närrischen Untertanen sage ich jetzt du, denn du hast mir nicht mehr zu sagen."Seinen Vorgänger ernannte er zu einem Bürger der Sonderklasse. Er dürfe den Rosenmontagsumzug zum Nulltarif besuchen, vorausgesetzt, er lässt sich von den Funken küssen. Das ließ sich das entmachtete Oberhaupt nicht zweimal sagen und ergab sich der weiblichen Übermacht.

Nach einem Lied der Berja Wackessen, in dem darüber aufgeklärt wurde, dass zwischen Malborn und Thalfang eine Autobahn gebaut werde, widmeten sich neben den Berglichtern die Tholfanger Spetzbouwe, die Scheierpoarzler aus Hilscheid, die Hädeborja Flappesse und die Rathaus-Mitarbeiter ausschließlich dem Frohsinn, während der "Spetzbouwe"-Chef noch einige Orden verteilte. Einen erhielt zum Abschied als "Bezirks-Sheriff" in Thalfang Engels neuer Amtskollege in Morbach, Dilldappen-Chef Rainer Kurz.

Der Morbacher Bürgermeister Gregor Eibes hatte seinen Schreibtisch nicht wehen Herzens geräumt. Wenn auch wohl zum letzten Mal in den "Heiligen Hallen" des alten Gebäudes, wie er betonte. Für die närrischen Tage hat er sich ohnehin nach einer spannenderen Aufgabe umgetan. "Ich habe mir diesmal einen Traum erfüllt", trumpfte er bei der Übergabe des Rathausschlüssels auf. Ab sofort sei er Trainer einer Damen-Fußballmannschaft, freute er sich inmitten einer Schar "ehemaliger" weiblicher Verwaltungsangestellter.

Doch allzu schnell machten sich die Mädels vom "FC Rathaus" mit ihm dann doch nicht davon. Warum sollten sie sich auch ohne Not die Siegesfeier der Möhnen entgehen lassen? Und auf deren Frage, ob das alte Rathaus noch steht, wussten sie am ehesten die richtige Antwort.

Schließlich machten sie ebenfalls keinen Hehl aus ihrer Einstellung zu den baulichen Veränderungen. Aus Leibeskräften stimmten sie, wenn auch mit anfänglichem Notenblatt-Wirrwarr, das Loblied an: "Rathaus (oder war es nicht doch der Fußball) ist unser Leben." Und damit die Noten nicht allzu durcheinanderwirbeln, kam das "Staude Bertholdchen" mit seiner "Quetsch" seiner freiwillig übernommenen Pflicht als Musikant nach.

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