Wie an der See

BERNKASTEL-ANDEL. Willi Thiesen hat sich einen Traum erfüllt. Auf seinem Anwesen steht ein voll funktionsfähiger Leuchtturm. Der soll in Zukunft den Kapitänen, die auf der Mosel unterwegs sind, den Weg weisen.

Stromkilometer 132 bei Andel war seit der Kanalisierung der Mosel ein ganz normaler Streckenabschnitt. Im vergangenen Jahr stellten Mitarbeiter des Wasser- und Schifffahrtsamtes bei Routinearbeiten aber fest, dass es dort gefährliche Untiefen gibt. Weil der Fluss dort auch eine Biegung macht und die Gefahr besteht, dass ein Schiff auf Grund läuft, reagierten die Fachleute sofort - allerdings anders, als erwartet. Statt die Mosel an dieser Stelle auszubaggern, was mit erheblichen Kosten verbunden wäre, brachte sie den guten, alten Leuchtturm ins Spiel. Besser gesagt: Die Idee mit dem Leuchtturm wurde ihnen von Willi Thiesen angetragen. Der wohnt in Andel, ist Hobby-Kapitän, Hobby-Bootsbauer und Vorsitzender des Wassersport-Club St. Nikolaus Bernkastel-Kues. Er hat vor Jahren ein altes Fahrgastschiff gekauft und umgebaut. Mit Ehefrau Rosi war er zum Beispiel 2003 auf französischen Kanälen unterwegs. Thiesen bot den Experten an, auf seinem Gelände einen Leuchtturm zu bauen und selbst als Leuchtturm-Wärter zu arbeiten. "Ich war oft an der Nordsee. Leuchttürme gefallen mir. Ich habe immer davon geträumt, dass einmal einer an der Mosel steht", erzählt er. Doch dabei dachte er an die optischen Aspekte. Dass ein solcher Turm auch mal praktischen Nutzen haben könnte, kam ihm nicht in den Sinn, bis er von den Untiefen in der Mosel erfuhr und er seine Verbindungen zu Behörden und Berufsgruppen spielen ließ. Vertreter von Wasser- und Schifffahrtsamt, Wasserschutzpolizei sowie der Berufsschiffer steckten die Köpfe zusammen und erteilten Willi Thiesen den Auftrag. Das fiel um so leichter, weil Thiesen anbot, den Leuchtturm auf eigene Kosten zu bauen. Der 66-jährige Rentner hat Zeit, liebt Wasser und Schiffe und hat als gelernter Schlosser auch genügend handwerkliche Fähigkeiten. Gesagt - getan: In einjähriger Arbeit entstand aus Vierkant-Rohren und Alublech ein zehn Meter hoher voll funktionsfähiger Leuchtturm. Vor wenigen Tagen wurde er aufgerichtet und steht nun in voller rot-weißer Schönheit in Thiesens Garten. In wenigen Tagen, wenn die Boote, die auf dem Anwesen überwinterten, wieder im Wasser sind, wird der Leuchtturm, der auf Rollen steht, ans Moselufer transportiert. Die Rollen sind wichtig, damit der Turm bei Hochwasser schnell in Sicherheit gebracht werden kann. Eines ist aber klar: Willi Thiesen kann nicht rund um die Uhr den Leuchtturmwärter spielen. Deshalb sucht er Leute, die sich ein Zubrot verdienen wollen und vor allem an Wochenenden und nachts Dienst tun. "Sie haben in erster Linie Überwachungsfunktion", sagt Thiesen, "denn das Funkfeuer läuft automatisch." Einzige Bedingung: Schwindelfreiheit. Wer Interesse hat, sollte sich umgehend bei Willi Thiesen, Telefon 06531/6346,melden.

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