"Wie ein Sechser im Lotto"

ECKFELD. Ob die Eckfeld-Laus in Deutschland je so berühmt wird wie Loriots Steinlaus? Verdient hätte sie es. Denn das 44 Millionen alte Fossil gilt bislang weltweit als der älteste Fund einer fossilen Laus und verrät so einiges über die Laus an sich.

"So ein Fund ist wie ein Sechser im Lotto." Die einen freuen sich über eine Million Euro, der Paläontologe Dr. Torsten Wappler freut sich über eine Laus. Aber nicht irgendeine Laus. Wappler identifizierte die Eckfeld-Laus: Sie ist mit 44 Millionen Jahren die bislang älteste Laus der Welt und wurde bei Grabungsarbeiten des Naturhistorisches Museums Mainz im Eckfelder Maar gefunden. Der Zufallsfund, auf den Wappler unter 5000 anderen fossilen Insekten aus dem einzigartigen Trockenmaar (siehe Hintergrund) stieß, ist für die Wissenschaftler nicht nur wegen seines enormen Alters sensationell, sondern auch wegen der Fülle der Hinweise, die er gibt. Obwohl das Tierchen nur 6,7 Millimeter groß ist, sind Einzelheiten gut zu erkennen. Und so konnten an Hand des Körperbaus die Verwandtschaftsverhältnisse des Urzeitgesellen geklärt werden. Borsten, Beinchen und Mageninhalt haben verraten, dass die nächsten heute noch lebenden Nachfahren der Eckfeld-Laus auf heimischen Enten- und Ufervögeln leben. Während sich das Klima in Europa von tropisch zu gemäßigt entwickelte und auch die Enten sich stark veränderten, blieb die Laus fast wie sie war. Sie war allerdings auch vor 44 Millionen Jahren schon hoch entwickelt.Eine Laus auf Weltreise

Erstmals können die Paläontologen mit Hilfe dieses Fossils abschätzen, wann die ersten Läuse auf dieser Welt unterwegs waren. Wahrscheinlich hatten schon die befiederten Dinosaurier vor 150 Millionen Jahren unter den Quälgeistern zu leiden. Damit sich ein Winzling wie die Eckfeld-Laus über Jahrmillionen konserviert, müssen wie beim großen Lottogewinn viele Zufälle zusammen kommen. Laut Torsten Wappler ist es schon mal untypisch, dass die Laus ohne ihren Wirt, den Vogel, gefunden wurde. Irgendwie muss das Tier auf die Wasseroberfläche gelangt sein und sank dann - ebenfalls ein ganz großer Zufall - ohne von Bakterien oder Fischen gefressen zu werden, bis auf den mindestens 100 Meter tiefen Grund des tropischen Sees. In dieser sauerstofflosen Sphäre wurde die Laus, sehr wahrscheinlich ein Weibchen, von Sedimenten bedeckt und bis heute konserviert. Und nun tritt die älteste Laus auf diesem Globus eine Weltreise an - zumindest was die Publikationen angeht. Nach einer Veröffentlichung in einer englischen Fachzeitschrift hat der kleine Geselle es schon bis in den indonesischen Blätterwald geschafft. Jedoch ohne spürbaren Auswirkungen hierzulande. "Ein Jobvermittler hat noch nicht bei mir angeklopft", meint Torsten Wappler, der die Laus im Rahmen von Forschungsarbeiten des Naturhistorischen Museums Mainz unter die Lupe genommen hatte. Bislang wurden die berühmtesten Funde aus dem Eckfelder Maar nach ihrer Untersuchung im Manderscheider Maarmuseum ausgestellt. Gut möglich, dass auch die Laus, die sich zur Zeit in Mainz aufhält, wieder an ihre ursprüngliche Wirkungsstätte zurückkehrt.

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