Winzer noch immer sauer auf Brüssel

Moselwinzer und Brüssel. Das war stets ein gespanntes Verhältnis. Beim Mosel-Weinbautag gestern in Leiwen drehte sich alles um die EU-Weinmarkt-Reform. Die von der Kommission gemachten Vorschläge wurden bekanntlich entschärft. Lars Hoelgaard von der EU-Kommission und Mit-Verfasser des Entwurfs musste sich einige Kritik anhören.

Leiwen. Lob für die deutschen Politiker und Weinbaufunktionäre, Kritik für die EU-Kommission: So lassen sich die meisten der Wortmeldungen gestern auf dem Mosel-Weinbautag zusammenfassen. Die Veranstalter der Weinbautage hatten das Programmheft offenbar vor dem 19. Dezember verfasst. An diesem Tag einigte sich der EU-Ministerrat auf einen Kompromiss bei der EU-Weinmarkt-Reform mit dem Ergebnis, dass die Mostzuckerung weiter erlaubt bleibt und die Mitgliedsländer über das EU-Weinbudget weitestgehend selbst entscheiden können. Zwei Kernforderungen der deutschen Winzer wurden erfüllt. Doch weil wohl kaum jemand mit diesem Verhandlungserfolg gerechnet hatte, lautete das in Frageform gekleidete Thema gestern "Moselweinbau vor dem Aus?" Die Brisanz war also raus aus der Diskussion. Mosel-Weinbaupräsident Adolf Schmitt, der dieses Amt nun seit 23 Jahren inne hat, meinte gar im Hinblick auf die guten Preise und das deutlich besser gewordene Image der Moselweine: "Es ist schön, diese positive Entwicklung nun zu sehen." Dennoch ist ein großes Stück Ärger geblieben. Ärger vor allem über die EU-Kommission, deren Vorschlag nicht nur den deutschen Weinbau im Kern getroffen hätte. Diskussionsteilnehmer Lars Hoelgaard von der EU-Kommission musste sich daher jede Menge Kritik gefallen lassen: vom Deutschen Weinbaupräsident Norbert Weber, von Karlheinz Wilms vom Bundeslandwirtschaftsministerium, von der Europa-Abgeordneten Christa Klaß, von Mosel-Weinbaupräsident Adolf Schmitt und besonders heftig von Norbert Schindler, Präsident der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz. Und die Zukunft verspricht wiederum nicht viel Gutes für die Moselwinzer, denn in dem Reformpapier steht, dass ab dem Jahr 2015 in Europa unbegrenzt Reben angepflanzt werden dürfen. Kammerpräsident Schindler, ein Pfälzer, sagte: "In der Pfalz können locker weitere 50 000 Hektar Reben gepflanzt werden. Aber das wollen wir nicht. Wir wollen keinen Fa brikwein machen. Es geht auch um den Schutz unserer Weinkultur." Hoelgaard hingegen verteidigte die Liberalisierung der Pflanzrechte. Man müsse sich mit der Konkurrenz aus Übersee auseinandersetzen. Dort könnten die Winzer so viele Reben anpflanzen, wie sie wollten. Die Europäer müssten konkurrenzfähig bleiben. Meinung Der nächste Kampf Lars Hoelgaard ist innerhalb der Generaldirektion Landwirtschaft der EU-Kommission einer der höchsten Beamten. Was er und seine Mitarbeiter im Sommer zu Papier brachten, war ein Schock für die deutschen Winzer. Das Papier landete in wesentlichen Teilen im Papierkorb, vor allem weil deutsche Politiker die Kommission in ihre Schranken verwies. Es hätte auch anders kommen können. Lars Hoelgaard war gestern in Leiwen und stellte sich den Fragen der Winzer. Wären seine Vorschläge Realität geworden, die Winzer hätten ihn vermutlich erst gar nicht in den Saal gelassen. Ob Hoelgaard noch einmal an der Mosel willkommen ist, hängt auch davon ab wie die Sache mit den Pflanzrechten ausgeht. Hoelgaard will, dass ab 2015 überall Reben angepflanzt werden dürfen. Die Folge: Riesige Mengen Fa brikweine würden den Markt überschwemmen. Die deutschen Winzer werden wohl erneut kämpfen müssen. w.simon@volksfreund.de

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