Winzer reiben sich am Nacktarsch

Kröv · Seit einem Monat prangt ein überdimensionaler Schriftzug "Kröver Nacktarsch" in einer Kröver Steillage oberhalb der B 53. Niemand in Kröv weiß angeblich, wer die großen Buchstaben dort angebracht hat. Immerhin: Die Aktion hat dazu geführt, dass man sich über eine bessere Vermarktung des "Kröver Nacktarschs" Gedanken macht.

"Kröv und die Lage Nacktarsch gehören zusammen wie der Eiffelturm und Paris", sagt Winzer Johannes Schnitzius. Er, wie viele andere Berufskollegen, freut sich über eine nächtliche Geheimaktion in der Hexennacht zum 1. Mai. Unbekannte haben den Schriftzug "Kröver Nacktarsch" oberhalb einer Mauer in der Spitzenlage Steffensberg angebracht. Fast zwei Meter in der Höhe misst jeder der 16 Buchstaben, die aus Sperrholz gefertigt und mit weißer Farbe lackiert wurden. Die unbekannten "Täter" müssen viele Stunden daran gearbeitet haben. Kein Gemeinderat, kein Ortswinzerverband und kein Fremdenverkehrsbüro haben dazu einen Auftrag erteilt. Ortsbürgermeister Günter Müllers, der auch nicht weiß, wer\'s war, sagt: "Bei mir hat sich noch niemand darüber beschwert. Zurzeit gibt es keinen Grund, die Buchstaben wieder abzumontieren."
Aber nicht alle Kröver Winzer sind so richtig froh mit der weithin sichtbaren Lagenbezeichnung. Zu den Kritikern gehört Christian Klein, der versucht, sich mit Spitzenweinen im Hochpreis-Segment zu etablieren. Seine besten Weine wachsen im Kröver Steffensberg, ausgerechnet dort, wo jetzt "Kröver Nacktarsch" steht. Klein: "Es gibt viele Kunden, für die ist der "Kröver Nacktarsch" nach wie vor mit einem negativen Image behaftet." Klein weiß von einem Kollegen, der kürzlich auf einer Weinmesse war und dort feststellen musste, dass die Kröver Winzer von den Wein-Fachhändlern nicht ernst genommen würden.
Tatsächlich hat der Name viel an Renommee verloren, weil unter ihm oft süße und sehr preiswerte Weine vermarktet wurden.
"Kröver Nacktarsch" ist eine Großlage und umfasst die gesamte Gemarkung des Weinortes mit seinen rund 230 Hektar Rebfläche. Grundsätzlich kann jeder in Kröv erzeugte Wein als "Kröver Nacktarsch" vermarktet werden. In den 70er, 80er und bis in die 90er Jahre war die Marke "Kröver Nacktarsch" ebenso wie "Zeller Schwarze Katz" oder "Piesporter Michelsberg" ein Exportschlager der großen Weinkellereien. Inzwischen verkaufen die Kellereien ihre Weine lieber unter Rebsortennamen wie Riesling oder Dornfelder. Großlagennamen haben stark an Bedeutung verloren.
Innerhalb der Großlage "Kröver Nacktarsch" gibt es sechs Einzellagen: Kröver Paradies, Kröver Kirchlay, Kröver Letterlay, Kröver Burglay, Kröver Herrenberg und Kröver Steffensberg. Der Steffensberg und die Letterlay sind Spitzen-Steillagen. Einzelne Winzer wie Christian Klein versuchen, in diesen Einzellagen besonders hochwertige Weine zu produzieren und wollen weg vom negativen "Nacktarsch-Image".
Anders sieht das Johannes Schnitzius. "Wir müssen diesen bekannten Weinnamen und unverwechselbare Marke wieder positiv ins Rampenlicht rücken." Er verkauft den größten Teil seines Sortiments unter Kröver Nacktarsch - trockene, halbtrockene und liebliche Weine, einfache Qualitätsweine und Spätlesen. Schnitzius gibt zu, dass unter "Kröver Nacktarsch" viel Wein verramscht wurde. Deshalb müsse auch qualitativ etwas geschehen. Schnitzius: "Das Produkt muss überzeugen, nicht nur der Name."
In die gleiche Kerbe schlägt Ortsbürgermeister Müllers. Der Name müsse Qualität verkörpern und habe eine neue Chance verdient.

Der Name "Nacktarsch" hatte vor acht Jahren in Kröv zu einem großen Medienrummel geführt. Die neue Veranstaltungshalle war noch nicht ganz fertig, da war sie bereits überregional bekannt. Als man über einen geeigneten Namen nachdachte, kam es zu einem skurrilen Streit in dem 2500-Einwohner-Ort. Zunächst hatte sich der Gemeinderat auf den Namen "Nacktarschhalle" festgelegt, was vielen Bürgern aber zu derb klang. Schließlich einigte man sich auf den Namen "Weinbrunnenhalle Kröver Nacktarsch". Fernsehsender und große Zeitungen berichteten über die Querelen, die Bildzeitung titelte: "Irrer Streit um die Nacktarschhalle". sim

Bedeutung: Beim Namen handelt es sich wohl um eine Verballhornung des lateinischen "Nectarius", beziehungsweise des keltischen "Nackas". Beides bedeutet etwa "felsige Höhe" und leitet sich aus der Tatsache ab, dass der Nacktarsch-Hang im Herbst ohne Laub schlicht "nackt" aussieht. Eine Überlieferung berichtet auch von einem Kröver Kellermeister, welcher zwei Jungen den nackten Hintern versohlt haben soll, nachdem er sie dabei erwischt hatte, wie sie aus einem seiner Fässer Wein tranken. Andere Erklärungen führen den Namen der Weinbaulage auf den für derbe Worte bekannten Götz von Berlichingen oder auf eine angebliche Ähnlichkeit des Berges bei Kröv mit dem namengebenden unbekleideten Körperteil zurück. Quelle: Wikipedia

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