"Wir alle müssen uns mehr bewegen"

ERDEN/BERNKASTEL-KUES/HINZERATH. Gelungene Premiere: Erstmals hatte der TV die Bundestagsbewerber im Wahlkreis 202 zu einer "Brennpunkte-Tour" eingeladen. Peter Bleser (CDU), Marcus Heintel (SPD), Jutta Wies (FDP), Jutta Blatzheim-Roegler (Bündnis 90/Die Grünen) und Andreas Adams (Linkspartei) standen in Erden, Bernkastel-Kues und Hinzerath Rede und Antwort.

Freitagmorgen, kurz vor 10 Uhr vor dem Geschäft von Erni und Herbert Weber. Rund 30 Erdener haben sich eingefunden, Ortsbürgermeister Helmut Schmitz ist da, die Webers stellen frisch gekochten Kaffee auf einen Tisch, entkorken ein paar Flaschen Wein. Auch wenn das Thema ernst ist, verdursten muss bei uns niemand, denkt Erni Weber. Postfiliale passt nicht ins Bürokratenschema

Sie und ihr Mann führen mit Erfolg eine Partnerfiliale der Deutschen Post. Doch der "gelbe Riese" will die Agentur schließen - weil Erden mit seinen nur 450 Einwohnern den Managern nicht ins Schema passt. 2000 müssten es schon sein, sagt die Post. Die Bürger haben bereits vor Wochen heftig dagegen protestiert, jetzt können sie den Bundestagskandidaten ihre Meinung sagen. Lars Ross, Leiter der TV-Mosel- und Eifelredaktion, wendet sich mit dem Mikrofon an die Kandidaten: "Sie sehen hier besorgte Bürger, was können Sie tun?" Die Antworten ähneln sich, jeder der Kandidaten ist für den Erhalt der Erdener Poststelle, wo jedes Jahr 6500 Pakete abgegeben werden und für 42 000 Euro Briefmarken verkauft werden. Allein bei der Bewertung, ob es richtig war, die Post zu privatisieren, schert der Kandidat der Linkspartei, Andreas Adams, aus: "Das war ein Fehler", sagt er. Peter Bleser kontert: "Die Wirtschaftlichkeit muss im Vordergrund stehen." Und wenn sie, wie hier in Erden gegeben sei, dürfe die Post nicht einfach ein bürokratisches Raster drüberlegen und die Filiale schließen. Jutta Blatzheim-Roegler, Marcus Heintel und Jutta Wies sehen das genauso. Immerhin: Für die Webers und für die Erdener gibt es einen Lichtblick: Die Post hat die Kündigung des Partnervertrages vor wenigen Tagen auf unbestimmte Zeit aufgeschoben. Jutta Blatzheim-Roegler sagt, es sei wichtig, dass sich die Bürger wehren. Und Peter Bleser erhält Beifall, als er das Engagement der Familie Weber lobt. Bleser: "Daran könnte sich so manch eine Behörde ein Beispiel nehmen." Ein Bürger greift zum Mikrofon und fordert: "Weg mit der Trägheit in Deutschland, wir müssen uns alle mehr bewegen." Die öffentliche Diskussion endet, die Kandidaten treten in persönliche Gespräche mit den Bürgern. Rente, Spritpreise - man diskutiert über aktuelle Themen. An einem Tisch haben es sich bei einem Glas Wein fünf ältere Erdener gemütlich gemacht. Sie nehmen die Kandidaten auf ihre Art unter die Lupe. "Der Bleser kommt doch sowieso in den Bundestag, ob wir ihn wählen oder nicht." "Die Grüne war schon immer gegen den Hubschrauber", und zur FDP fällt einem ein: "Die sind doch nur für die Großen da." "Und die SPD?", fragen wir: "Es war nicht alles schlecht, was die gemacht haben, aber auch nicht ideal." Gegen 11.30 Uhr setzt sich unser "Kandidatentransporter" Richtung Bernkastel-Kues in Bewegung. Nächster Brennpunkt ist die Biologische Bundesanstalt. Das Publikum ist deutlich kleiner als in Erden. Die Führungsspitze der Forschungsanstalt ist natürlich da, die hofft, endlich Gewissheit über die Zukunft ihres Instituts zu bekommen. Klar ist: Jeder der Kandidaten, von links bis rechts, von grün bis schwarz, ist für den Erhalt der BBA. Meinungsunterschiede nur beim Thema Gentechnik

Ein besonders engagierter Streiter für die BBA ist neben Winzer Matthias Wick aus Kröv Winzer Dirk Richter aus Mülheim. Der FDP-Kreisvorsitzende ist davon überzeugt, dass das bereits in Bernkastel-Kues ansässige Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum (DLR) ausgebaut wird und auch einen Neubau bekommt. Er ist optimistisch: "Der Moselwein hat Zukunft, die grünen Berufe werden wieder attraktiver." Dann entwickelt sich doch noch ein Streitgespräch. Es geht um die Gentechnologie. Da haben Peter Bleser und Jutta Blatzheim-Roegler grundsätzlich andere Auffassungen. Winzer Rudi Kiesgen aus Lieser gibt den Politikern mit auf den Weg: "Ihr habt Vorbildcharakter, steht zu unseren Produkten und sagt es auch."Hinzerather wollen wissen, was die Planer vorhaben

Kurz vor 14 Uhr ist Abfahrt, eine halbe Stunde später treffen die Kandidaten mit Ausnahme von Jutta Wies, die noch einen anderen Termin hat, vor dem Feuerwehrgerätehaus in Hinzerath ein. Jetzt geht es um das Thema Verkehr, um die B 50 neu, um die Ängste der Hinzerather, wie sich die Fernstraße für sie auswirken wird. Ortsvorsteher Hermann Moseler ergreift das Wort: "Wir wissen nicht, was auf uns zukommt." Wohin kommen die Zu- und Abfahrten, will er wissen. Wie kommen Mofas, Mopeds und Traktoren von Ort zu Ort, wenn diese auf der Schnellstraße nicht mehr fahren dürfen. Es entwickelt sich eine Debatte, an der sich vor allem Peter Bleser und Jutta Blatzheim-Roegler beteiligen. Letztere ist gegen diese Verkehrsplanung mit dem Hochmoselübergang. Hunsrück und Mosel würden zu einer Transitregion. Bleser ist klar für das Projekt, die Forderung der Hinzerather nach innerörtlicher Beweglichkeit will er unterstützen. Bleser: "Es kann nicht sein, dass ein Bauer nicht auf sein Feld kommt." Er verspricht, die Straßenplaner vor Ort zu holen. Dann könnten die Bürger detailliert ihre Wünsche äußern.

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