Kirche „Wir müssen Inventur machen“

Bernkastel-Kues · Gläubige der Pfarreiengemeinschaft Bernkastel-Kues diskutieren mit Seelsorgern über Folgen der Bistumssynode.

Stichtag Freitag, 16. Februar: Dann gibt Bischof Stephan Ackermann die Pläne für den Neuzuschnitt der Pfarreienlandschaft im Bistum Trier bekannt. Wie mehrfach berichtet sollen 2020 so genannte XXL-Pfarreien, die Rede ist von 35, die 887 bestehenden Pfarreien ersetzen. Wie nicht anders zu erwarten haben sich auch einige Narren dieses Themas in Fastnachtszügen der vergangenen Tage bemächtigt – humorvoll, aber doch mit ernstem Hintergrund.

Kleine Großpfarreien gibt es bereits, so zum Beispiel die Pfarreiengemeinschaft Bernkastel-Kues. Ihr gehören an der Moselschiene zwischen Lieser und Erden zehn Pfarreien mit etwa 10 000 Katholiken an.

In einer Predigtreihe haben die Seelsorger, Dechant Georg Moritz, Kaplan Marcel Rieck, Diakon Hermann Hower und Gemeindereferentin Monika Bauer-Stutz, in den vergangenen Wochen versucht, den Gläubigen den so genannten Perspektivwechsel zu erläutern (der TV berichtete).  Moritz hatte die „Fragenden, Zornigen, Suchenden, Empörten, Zweifelnden und Neugierigen“ aufgefordert, in einer Diskussionsrunde ihre Meinung zu sagen und Fragen zu stellen.

Die Hauptpunkte der Seelsorger: Die katholische Kirche wolle sich stärker um die Bedürfnisse jedes einzelnen Menschen kümmern. Sie wolle auf ihn zugehen und dabei nicht zuallererst fragen, ob er auch regelmäßiger Kirchgänger ist. Innerhalb des kirchlichen Gefüges sollen die Ehrenamtlichen nach ihrer Fähigkeit eingesetzt werden und nicht auf eine Stelle gesetzt werden, die gerade besetzt werden muss.

Georg Moritz beschreibt eine der Grundeinstellungen so: „Nicht ängstlich und aufgeregt, sondern ehrlich und hoffnungsvoll“.

Es gebe Fragezeichen sowie Theorie und Praxis, räumt Monika Bauer-Stutz ein. „Wir brauchen Dialogbereitschaft und müssen aufeinander hören“, sagt sie.

Wider alle Erwartungen geht es in den Äußerungen der Gläubigen nicht so sehr ums Geld – beispielsweise um die Frage, was in Zukunft mit dem Geld der einzelnen Pfarreien geschieht. Es geht um die Menschen. „Wir dürfen die Älteren nicht vergessen“, sagt Ruth Oster, engagierte Katholikin aus Erden. Senioren hätten oft nicht gelernt, sich mit dem Glauben auseinanderzusetzen.

Die Kirche werde am meisten durch Gottesdienste wahrgenommen, sagt Beate Praus (Wehlen): „Wir müssen uns fragen, ob die Form der Gottesdienste noch zeitgemäß ist. Meinen Enkeln ist das zu langweilig. Die Kirche muss die Menschen anders ansprechen“, erläutert sie ihre Sichtweise.

Diakon Huwer stimmt zu: „Viele Menschen, vor alle junge, wissen nicht mehr, was da gefeiert wird“, sagt er.  Eine Sofortlösung hat er nicht. „Es ist auf jeden Fall ein langer Weg, aber es lohnt sich. Wir müssen die Menschen mitnehmen.“

„Wir müssen eine Inventur machen und uns fragen, ob wir noch zeitgemäß sind. Und wir müssen es auch aushalten, wenn Leute sagen, ich brauche euch nicht mehr“, sagt eine Gläubige. „Wir müssen die Kirche im guten Sinn radikalisieren und erneuern“, fordert Hans-Peter Kuhn (Bernkastel-Kues).

Der Realismus bleibt. „Wir müssen uns auch an die Peripherie wagen, aber wir werden niemals alle Menschen erreichen“, sagt Dechant Georg Moritz.

Es kann, so Monika Bauer-Stutz, auch so gehen: „Wer anders tickt, kann mir auch etwas über den Glauben sagen. Er soll mitentscheiden und mitverantworten.“ Oder so:: „Wir müssen den Glauben wieder zum Brennen bringen“, sagt Kaplan Rieck. Wie kann das geschehen? Eine spannende Frage, auf die es noch keine richtige Antwort und schon gar kein Allheilmittel gibt.

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