"Wir werden das nicht kampflos hinnehmen"

Wittlich/Bernkastel-Kues · Die Mitarbeiter des Wittlicher Unternehmens Franklin Electric wollen die Massenentlassung von knapp 90 Kollegen nicht hinnehmen. Ihre Klage vor dem Arbeitsgericht in Bernkastel-Kues gegen das Vorgehen der Geschäftsleitung ist jedoch gestern gescheitert. Nun zieht der Betriebsrat vor die zweite Instanz, das Landesarbeitsgericht in Mainz. Dazu kündigt die Gewerkschaft IG Metall Streiks an und fordert Sozialpläne für die entlassenen Mitarbeiter.

Wittlich/Bernkastel-Kues. "Wir sind natürlich enttäuscht, dass gegen uns entschieden wurde. Aber wir werden die Kündigungen nicht kampflos hinnehmen", kommentiert Margarete Mayer die Entscheidung des Arbeitsgerichtes Bernkastel-Kues am gestrigen Mittwochmittag. Der Betriebsrat des US-Unternehmens Franklin Electric am Standort Wittlich wollte vor Gericht eine Verfügung erwirken, die dem Unternehmen verboten hätte, mit der geplanten Verlagerung der Produktion nach Tschechien zu beginnen. Der Betriebsrat klagte, weil das Unternehmen die Verhandlungen über einen Sozialplan für die gekündigten Mitarbeiter als gescheitert erklärt hatte. "Und dass, obwohl inhaltlich noch gar nicht verhandelt wurde", sagt Robert Wölfl, Erster Bevollmächtigter der Gewerkschaft IG Metall in Trier. Franklin Electric Geschäftsführer Manfred Hey erklärt hingegen, der Betriebsrat habe die angebotenen Verhandlungstermine nicht wahrgenommen. Betriebsratsvorsitzende Margarete Mayer sagt, man habe sich vor den Gesprächen erst rechtlich informieren wollen.Mit einem Sozialplan will der Betriebsrat die Nachteile, die den Mitarbeitern durch ihre Kündigung entstehen, abmildern. "Außerdem hätte eine Sozialauswahl stattfinden müssen", sagt Mayer. So seien zum Beispiel Mitarbeiter, die kleine Kinder zu ernähren hätten, anders zu behandeln als solche, die kurz vor der Rente stünden.Gegen einen Sozialplan hat auch Geschäftsführer Manfred Hey nichts einzuwenden. Er könne den gekündigten Mitarbeitern jedoch nur eine finanzielle Entschädigung sowie die Mithilfe bei der Arbeitsvermittlung anbieten. "Mehr können wir leider nicht anbieten, da die Produktion auf jeden Fall nach Tschechien verlegt wird." Er könne am Standort Wittlich keine neuen Stellen erfinden, um einzelne Mitarbeiter dort weiter zu beschäftigen, sagt Hey. "Die Entscheidung, die Produktion nach Tschechien zu verlegen, wurde am Firmensitz in den USA getroffen. Wir werden damit im Oktober beginnen, weil der Stundenlohn dort 18 Euro niedriger ist."Gewerkschafter Wölfl sagt, das Ziel des Unternehmens, den Gewinn zu maximieren, ließe sich auch am Standort Wittlich verwirklichen: "Die Geschäftsleitung hätte vor den Kündigungen erstmal mit uns reden sollen."Doch wegen der gescheiterten Klage in Bernkastel-Kues wollen die gekündigten Mitarbeiter nicht die Flinte ins Korn werfen. "Recht haben und Recht kriegen, das sind immer zweierlei Paar Schuhe", sagt Mayer. Und auch Gewerkschafter Wölfl wittert noch Morgenluft: "Dass wir in Bernkastel-Kues scheitern, war abzusehen. Deshalb werden wir mit einer Beschwerde beim Landesarbeitsgericht in Mainz in die zweite Instanz ziehen." Ziel sei es, das Betriebsverfassungsgesetz des Landes zu ändern. Damit - wie in allen anderen Bundesländern - auch die Betriebsräte in Rheinland-Pfalz einen Anspruch auf einen solchen Unterlassungsanspruch bekommen.Wenn die Geschäftsführung in Wittlich nicht bald einlenke und ernsthafte Sozialverhandlungen führe, werde man in den Arbeitskampf treten, hieß es gestern. Der Betriebsrat, sagt Mayer, werde zudem für jede einzelne Kündigung eine Klage beim Arbeitsgericht einreichen. Es sei noch nicht lange her, so Mayer, da habe man den Mitarbeitern gesagt, dass das Jubiläum 50 Jahre der Firma in Wittlich 2014 mit einem großen Fest gefeiert werde: "Stattdessen gibt es nun eine Massenentlassung. Und dass, obwohl das Unternehmen höchst profitabel ist." Meinung

Ein Schlag ins GesichtDas global agierende Unternehmen Franklin Electric hat 89 Menschen in Wittlich mit der Massenentlassung von einem auf den anderen Tag den Boden unter den Füßen weggezogen. Damit die Firma ihren Profit noch erhöhen kann, stehen 89 teils langjährige Mitarbeiter Mitte 2015 auf der Straße. Doch davon betroffen sind noch mehr Schicksale: Kinder, Verwandte und Lebenspartner der gekündigten Mitarbeiter. Glaubt man dem Betriebsrat und der Gewerkschaft, gibt es für die Standortänderung jedoch keine wirtschaftliche Notwendigkeit, da das Unternehmen auch in Wittlich höchst profitabel arbeitet. Da fragt man sich, ob sich die Menschen in den Chefetagen bereits auch schon selbst wegrationalisiert haben und dort nur noch Automaten arbeiten. mosel@volksfreund.deExtra

Roland Wölfl, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Trier: "Wenn Franklin Electric mit solch einem rüden Verhalten gegenüber dem Betriebsrat durchkommt, dann können wir das deutsche Betriebsverfassungsgesetz in die Tonne kloppen. Die Firma hat an Recht und Gesetz vorbei Fakten geschaffen. Der Betriebsrat muss bei Kündigungen mit verhandeln, um die Folgen für die Mitarbeiter abzumildern." Boris Vila (42), Wittlich, Facharbeiter in der Produktion von Franklin Electric: "Für mich als Vater von zwei kleinen Kindern ist die Kündigung eine Katastrophe. Seitdem habe ich schlaflose Nächte und mir ist übel, wenn ich zur Arbeit gehe. Ich war immer für die Firma da, und es war wie eine große Familie. Jetzt zerbröckelt alles, und als 42-Jähriger weiß ich nicht, ob ich noch mal einen neuen Job finde." cmo

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