"Wir werden im Stadtzentrum bleiben”

Wittlich · Der Laden mit Herz ist ein Erfolgsprojekt von Ehrenamtlichen. Bald muss er umziehen, wohin ist noch unklar.

 Im Fokus: eine von 32 Ehrenamtlichen vom Ladenteam.TV-Foto: Klaus Kimmling

Im Fokus: eine von 32 Ehrenamtlichen vom Ladenteam.TV-Foto: Klaus Kimmling

Foto: klaus kimmling (m_wil )

Wittlich Er belebt die Innenstadt, hat einen Leerstand reaktiviert, bringt gute Second-Handware aus Spenden preiswert zur Wiederverwertung, bindet Ehrenamtliche, hilft Familien und Flüchtlingen mit Kleidung und Haushaltsartikeln, hilft bei der Integration und kommt nicht zuletzt der Arbeit seines Trägers, des Kinderschutzbundes (KSB) im Mehrgenerationenhaus Wittlich zugute (der TV berichtete mehrfach). Das Erfolgsprojekt in der Wittlicher Burgstraße braucht eine neue Bleibe, die noch gesucht wird. Warum das so ist und wie es weitergeht, erklärt Michaele Schneider, hauptamtliche KSB-Mitarbeiterin und seit mehr als 20 Jahren für diese Institution im Einsatz.
Zunächst: Seit Dezember 2014 gibt es nun Kaufen mit Herz. Erst stellten die Eigentümer den Laden ja für drei Monate mietfrei zur Verfügung. Wie ging es eigentlich danach in dieser finanziellen Hinsicht weiter?
Michaele Schneider Durch den Erfolg des Ladens konnten wir sehr schnell den Eigentümern über die Nebenkosten hinaus eine erste Miete zur Verfügung stellen. Inzwischen zahlen wir seit über einem Jahr den ortsüblichen, normalen Mietpreis für den Laden.
Nun heißt es, der KSB müsse den Laden räumen: Wann ist denn "Auszugs-Termin? Was sind die Gründe dafür?
Schneider Wir müssen den Laden nicht räumen, wir haben uns nach langen einvernehmlichen Gesprächen mit dem Objektverwalter dafür entschieden. Das Objekt, ehemals Ihr Platz, gehört drei Eigentümern, die sich damals entschlossen hatten, ihr Eigentum zusammenzulegen um eine Ansiedlung von Ihr Platz zu ermöglichen. Nun sollte aufgrund von veränderten familiären Situationen durch Erbe, Betriebsübergabe, eine Klärung der Situation durch Verkauf beziehungsweise Ankauf herbeigeführt werden. Dies war leider nicht möglich. So wurde die Entscheidung der Eigentümer gefällt, das Objekt wieder in drei Teile zurückzubauen. Nur ein kleiner, eigenständig nutzbarer Verkaufsraum würde übrigbleiben. Dieser ist zu klein um Kaufen mit Herz so weiterzuführen wie bisher. Es müsste darüber hinaus für eine Umbauphase geschlossen werden und gegebenenfalls ein Eigentümerwechsel danach abgewartet werden. Eine schwierige Situation, die die Weiterentwicklung des Erfolgsprojektes bereits seit einiger Zeit ausbremst. Einen festen Auszugstermin gibt es nicht, da dies alles einvernehmlich abgewickelt wird. Wir haben noch immer die Unterstützung aller, die uns den Start des Angebotes überhaupt erst ermöglicht haben.

Was ist also Stand der Dinge in Hinblick auf die Zukunft? Will der KSB weiter einen solchen Laden betreiben und warum?
Schneider Selbstverständlich werden wir den Laden und das Gesamtkonzept weiterbetreiben. Kaufen mit Herz ist weit mehr als nur ein Second Hand Laden. Er hat sich zu einem Treffpunkt in der Innenstadt entwickelt, der alle Bevölkerungsgruppen verbindet. Die Idee, auf diesem Wege niedrigschwellig Familien zu erreichen, die nur schwer Zugang zu Bildung und Beratung finden, hat auf Landesebene und bei Familienforschern für großes Interesse gesorgt. Wir konnten dies 2015 als ,Good practise Projekt' bei einem Fachkongress vorstellen. Der Laden verbindet Integration, Wiedereinstieg, Arbeitsgelegenheiten für Menschen mit Fluchtgeschichte oder für einen jungen Menschen mit Autismus, Aktivierung von bürgerschaftlichem Engagement insbesondere für Menschen in der dritten Lebensphase.
Was braucht der KSB an Platz, kann er zahlen?
Schneider Wir haben uns hier noch nicht festgelegt und werden, genau wie zu Beginn von Kaufen mit Herz, flexibel sein. Kontakte mit den verschiedenen Stadtmarketingintiativen und auch der Stadt Wittlich wurden bereits geknüpft. Natürlich werden wir entsprechende, angemessene Miete bezahlen, vorausgesetzt der neue Ort entspricht annähernd den energetischen Standards. Was aber sicher ist, wir werden im Zentrum der Stadt bleiben.
Was passiert mit dem Material, das noch im Laden ist? Wird es einen Räumungsverkauf a la ,Alles muss raus geben? Werden noch Spenden angenommen?
Schneider Das Material wird mit uns umziehen, einen Räumungsverkauf gibt es eher nicht, denn die Ware ist ja schon supergünstig. Spenden nehmen wir gerne an, ja wir bitten an dieser Stelle sogar um vermehrte Spenden insbesondere im Bereich der Kinderbedarfs- und Haushaltsartikel.
Was hat Sie seit Betreiben des Ladens womöglich überrascht?
Schneider Uns begeistert die Spendenbereitschaft, die überwiegend gute Qualtität der Ware, aber vor allem die große Bereitschaft der Menschen, das Projekt durch ehrenamtliche Arbeit oder Einkauf zu unterstützen. Überrascht hat uns wie schnell sich der Laden wirklich zum Treffpunkt mit Herz entwickelt hat, an dem so viel mehr möglich ist.
Was hat der Laden, der Erlös kam ja dem KSB zugute, eigentlich an Einnahmen bislang gebracht und was wurde damit möglich gemacht?
Schneider Über die Gesamthöhe der Einnahme möchten wir an dieser Stelle keine Auskunft geben, um keine falschen Diskussionen anzuregen. Mit dem Erlös finanzieren wir Förderkurse für Kinder und Jugendliche, Sprachprojekte, Ferienprogramme vor Ort, die für Familien in schwierigen Lebenssituation kostenfrei sein können. Eine Muslima arbeitet mit Flüchtlingsfamilien und wird für diese wichtige Arbeit bezahlt und qualifiziert. Einmal in der Woche ist eine pädagogische Fachkraft im Laden, die mit den Familien Beratungen durchführt. Arbeitsgelegenheiten und eine planbarere Finanzgrundlage für die gesamte gemeinnützige Arbeit wurden geschaffen.
Wer sind denn Ihre Kunden?
Schneider Wir haben Kunden jeden Alters, jeden Kulturkreises und von überall aus dem Landkreis und darüber hinaus. Die Flüchtlingsarbeit wird kontinuierlich darüber direkt unterstützt, durch Abgabe von Haushaltsartikeln, Kleidung bei Erstankömmlingen, die Fahrradwerkstatt in Zusammenarbeit mit dem Dekanat Wittlich, aktivierende Arbeitsgelegenheit für Menschen mit Fluchtgeschichten, Beteiligungsmöglichkeiten.
Wie kann man das KSB-Projekt aktuell unterstützen, auch wenn man keinen Laden anbieten kann?
Schneider Natürlich durch weiterhin soviel Treue wie bisher, Spenden und Werbung für die gute Sache.Interview Michaele Schneider

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