Wirklich überflüssig?

Manchmal benutzen wir Wörter, die schlicht und ergreifend überflüssig sind. Das Wörtchen "eigentlich" zum Beispiel.



"Eigentlich bin ich zu dick. Eigentlich hätte ich gerne mehr Zeit für meine Familie."

Streichen Sie das Wörtchen "eigentlich", und Sie kommen zu einer klaren Aussage. Die Frage ist nur: Wollen wir das überhaupt oder dient so ein Wörtchen wie "eigentlich" nicht gerade dazu, dass wir zwar einerseits feststellen, dass es da ein Problem gibt, wir aber andererseits signalisieren wollen, dass wir nicht bereit sind etwas zu ändern? Wenn das so ist, warum erwähnen wir es dann überhaupt?

Achten Sie doch einmal auf sich selbst und auf Ihr Umfeld - Sie werden staunen, wie oft Ihnen "eigentlich" begegnet. Ursprünglich war dieses Wörtchen einmal gedacht, um das Wesentliche zu sagen, also im Sinne von "wenn ich einmal ehrlich zu mir selber bin ...", aber das sagt natürlich heute keiner mehr so, denn dann würde man ja offen zugeben, dass man sehr oft nicht ehrlich zu sich selber ist, mithin sich selbst und anderen etwas vormacht. Es passt in unsere moderne Konsumgesellschaft - in der wir, sei es in der Werbung oder in der Boulevardpresse, uns gerne etwas vormachen und einreden lassen - dass wir sehr oft ein Wörtchen benutzen, dass entgegen seiner ursprünglichen Bedeutung nun signalisiert: "Das, was ich jetzt sage, sage ich halt einfach mal so - ändern will ich aber nichts ..." Wir machen uns was vor. Gleich zu Beginn der Bergpredigt sagte Jesus: "Euer Ja sei ein Ja, euer Nein ein Nein; alles andere stammt vom Bösen" (Mt 5,37), und er fordert uns heraus, "nicht um den heißen Brei zu reden", sondern Fragen und Probleme, die uns beschäftigen, ohne Umschweife anzugehen. Er sagt es uns Menschen, die wir uns zur Not gerne mit Halbwahrheiten und unverbindlichen Äußerungen aus der Affäre ziehen. Wie schön wäre das, zum Beispiel auch in der Politik, wenn wir untereinander eine verbindliche und klare Sprache finden würden und man sich eben nicht allzu oft fragen müsste: Was will der mir eigentlich sagen?

Hermann Barth, Altrich, Di plom-Pädagoge und ehemaliger Geschäftsführer des Caritasverbandes

GLAUBE IM ALLTAG

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