Gefahrenabwehr Wegen Munitionslager: Waldgebiete in Wittlich-Land werden zum 11,5 Hektar großen Sperrgebiet

Sehlem/Heckenmünster · Waldgebiete und Wiesen zwischen Dodenburg, Salmtal, Sehlem und Heckenmünster dürfen künftig nicht mehr betreten werden. 5000 Euro Geldbuße droht bei einem Verstoß.

 Wegen Weltkriegsmunition werden im Gebiet der VG Wittlich-Land Waldstücke gesperrt. (Symbolbild)

Wegen Weltkriegsmunition werden im Gebiet der VG Wittlich-Land Waldstücke gesperrt. (Symbolbild)

Foto: dpa/Arne Dedert

Am 8. Mai 1945 endete der Zweite Weltkrieg in Europa. Doch auch 76 Jahre nach Kriegsende liegen im Waldboden in der Eifel zwischen Dodenburg, Sehlem, Heckenmünster und Salmtal-Dörbach noch explosive Kampfmittel aus dem Zweiten Weltkrieg.  Die explosiven Stoffe im Bereich eines ehemaligen Munitionslagers können Waldarbeitern, Jägern, Spaziergängern, Reitern und Radfahrern auch heute noch gefährlich werden. Im Zuge des Neubaus der Kreisstraße 40 zwischen Dörbach und Dodenburg wurden 2019 und 2020 im Bereich der Straße zahlreiche Kampfmittel festgestellt und letztlich auch geborgen (unsere Zeitung berichtete). Doch nach aktueller Einschätzung der Verwaltung der Verbandsgemeinde Wittlich-Land liegen dort im Boden von Wald und Wiesen noch weit mehr explosive Kampfmittel aller Art, als bislang bekannt war und angenommen wurde. „Bei erneuter näherer Betrachtung, insbesondere der unmittelbar angrenzenden Flächen ist festzustellen, dass Kampfmittel in der Erde vorhanden sind. Dies wurde durch den privaten und staatlichen Kampfmittelräumdienst bestätigt.“ Das hat nun 76 Jahre nach Kriegsende Konsequenzen.

Verbandsgemeinde Wittlich-Land erlässt Betretungsverbot

Aufgrund der nun vorliegenden Erkenntnisse ist das Betreten und Befahren, insbesondere während der Holzernte, mit erheblichen Gefahren für Leib und Leben verbunden. Die Verbandsgemeinde Wittlich-Land als zuständige Ordnungsbehörde sieht sich gezwungen, eine entsprechende Gefahrenabwehrverordnung zu erlassen, um Leib und Leben von Spaziergängern, Reitern, Fahrradfahrern, Waldarbeitern und Jägern zu schützen. In dem Gebiet gilt künftig laut Beschluss des Verbandsgemeinderates ein „allgemeines Betretungsverbot“. Dieses gilt für das Gebiet der tatsächlich vermuteten Flächen und Versprengungen des ehemaligen Munitionslagers. Das Gebiet hat eine Größe von 11,5 Hektar und umfasst Flächen im Bereich der Gemarkungen Dodenburg, Heckenmünster, Sehlem und Salmtal-Dörbach. Die Außengrenze und Zufahrten des Gebietes werden mit Warnschildern mit dem Aufdruck „Achtung! Kampfmittel, Lebensgefahr, Betreten und Befahren verboten“ gekennzeichnet abgesperrt. „Die Schilder werden so angebracht, dass wo keine natürlichen Barrieren die Außengrenzen erkennen lassen, Schilder so aufgestellt sind, dass ausreichend Kenntnisnahme der Beschilderung vorausgesetzt werden kann.“

Wittlich-Land: Große Waldgebiete werden jetzt Sperrgebiet
Foto: VG Wittlich-Land/Rats- und Bürgerinformationssystem der VG Wittlich-Land

Für Mitarbeiter von Behörden wie der Polizei und des Forstamtes gibt es Ausnahmeregelungen ebenso wie für weitere Personengruppen. Eigentümer und Jagdpächter können Wald und Revier künftig nur noch mit Berechtigungsausweis betreten. Die Holzernte ist in Zukunft nur noch in Absprache mit dem Kampfmittelräumdienst, der vorab Rückegassen sondieren soll, möglich. Auch von Jägern soll das Gebiet nur noch auf den bereits angelegten Wirtschaftswegen befahren werden. Treibjagden sollen dort nur noch mit vierbeinigen Treibern stattfinden.

Geldbuße bis zu 5000 Euro bei Betreten der Sperrzone

Die detaillierte Verordnung samt Kartenmaterial wird im amtlichen Mitteilungsblatt der Verbandsgemeinde  bekannt gemacht und wird zu jedermanns Einsicht in der Verbandsgemeindeverwaltung sowie deren Homepage einsehbar sein. Wer die Flächen künftig betritt, dort mit dem Pferd unterwegs ist oder in anderer Art gegen die Gefahrenabwehrverordnung verstößt, begeht eine Ordnungswidrigkeit, die mit einer Geldbuße bis zu 5000 Euro geahndet werden kann. Eine Änderung des Geltungsbereiches der Gefahrenabwehrverordnung kann erfolgen, sofern Flächen vom Kampfmittelräumdienst, der dort immer noch anlassbezogen unterwegs ist, sondiert und von Kampfstoffen freigemeldet werden.

Das Munitionslager zwischen Dodenburg, Sehlem, Heckenmünster und Salmtal-Dörbach

Wie kommen die Kampfmittel in den Boden? Im Rahmen der Ardennenoffensive 1944/1945, erklärt die Verwaltung, wurde mit der Bahnlinie Koblenz-Trier Munition aller Waffengattungen aus dem gesamten Reichsgebiet zu verschiedenen Munitionslagern im Aufmarschgebiet zusammengetragen. Das ehemalige Munitionslager Dodenburg war, wie historische Unterlagen zeigen, verteilt auf den Gemarkungen Dodenburg, Heckenmünster, Sehlem und Salmtal-Dörbach. Bei dem Munitionslager in Dodenburg erfolgte der Transport der Munition bis zur Haltestelle Sehlem und wurde entlang der heutigen K 40 zwischen Sehlem und Dodenburg bis zur Verlegung an die Front gelagert. Nachdem die heranrückenden alliierten Kräfte das Munitionsdepot (vermutlich im März 1945) eingenommen hatten, haben die nachrückenden französischen Streitkräfte unmittelbar damit begonnen, die gelagerten Kampfmittel zu sprengen. Aus Angst vor einem schnellen Gegenangriff der Wehrmacht, erklärt die Verwaltung, erfolgte die Sprengung „allerdings nicht fachgerecht“. Die gelagerte Munition wurde „nicht gesprengt“, sondern großflächig im Waldgebiet „versprengt“. „Bis zum heutigen Tag liegt die Munition großflächig in den umliegenden Wäldern verteilt.“ Nach den heutigen Informationen konnten bei den Räumarbeiten, die 1946 begannen, aufgrund der geschilderten „Versprengungen“ seinerzeit nicht alle Gefahren beseitigt werden.

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