Wittlich - mitten in Europa

Wittlich · 111 Jahre Städtepartnerschaft - ein närrisches Jubiläum könnte die Stadt Wittlich in diesem Jahr feiern. Zumindest dann, wenn man die 55, 35 beziehungsweise 21 Jahre zusammenrechnet, die sie schon Freundschaften pflegt mit der niederländischen Gemeinde Boxtel, der französischen Stadt Brunoy sowie dem englischen Mittelzentrum Wellingborough.

Wittlich. 136 Stunden. So lange braucht es laut Routenplaner, sollte sich jemand von Wittlich aus zu Fuß in Richtung Wellingborough begeben. Vorausgesetzt, er läuft ohne Pause durch und setzt auch noch mit der Fähre nach England über. Nach Boxtel in den Niederlanden ginge es in einem gut 50-stündigen Fußmarsch, nach Brunoy in Frankreich in 82 Stunden. Es ist nicht anzunehmen, dass jemand aus Wittlich tatsächlich schon zu Fuß in eine der drei Partnerstädte der Säubrennerstadt aufgebrochen ist. Einen regen Kontakt gibt es gleichwohl seit Jahrzehnten: Vor 55 Jahren wurde die Städtepartnerstadt mit Boxtel besiegelt, vor 35 Jahren folgte die Partnerschafts mit Brunoy, vor 21 Jahren die mit Wellingborough.
Die Beziehungen sind vielfältig. Auf Verwaltungsebene lädt Wittlichs Bürgermeister Joachim Rodenkirch einmal im Jahr seine Kollegen zum "Treffen der Partnerstädte" ein. Er selbst war seit seiner Amtseinführung im Juli 2009 fünfmal in Boxtel, viermal in Wellingborough sowie dreimal in Brunoy zu Gast. Für Rodenkirch tragen die drei Bündnisse sowie die seit der Wiedervereinigung bestehende Verbindung zu der Stadt Zossen in Brandenburg zum Zusammenhalt Europas bei: "Unsere Städte verkörpern jede für sich ein Stück von Europa, und nur in der gegenseitigen Wertschätzung und im Austausch kann ein gemeinsames Europa weiterentwickelt werden."
Dass die Partnerschaften auch jenseits der Politik lebendig bleiben, darum kümmert sich seit 34 Jahren der Freundschaftskreis Boxtel-Brunoy-Wellingborough. "Wir organisieren den Austausch mit den Vereinen, egal ob Sport oder Kultur, und bieten regelmäßig Bürgerfahrten an", sagt die Vorsitzende Irmgard Sitter. Mindestens einmal im Jahr gebe es eine Fahrt in eine der Partnerstädte, rund 30 Teilnehmer seien durchschnittlich dabei. Das Engagement des Freundschaftskreises mit seinen zwölf Mitgliedern geht aber darüber hinaus, betont Sitter: "Wir vermitteln in jeder Beziehung." So habe sich zuletzt ein junger Mann auf der Suche nach einem Praktikum in England an den Freundschaftskreis gewandt. Ihm konnte geholfen werden - sehr zur Freude der 78-Jährigen, die ihr Engagement für die Städtepartnerschaften insbesondere damit begründet: "Der Kontakt junger Menschen zu anderen Ländern ist wichtig, sie sollen andere Kulturen, Sprachen und Menschen kennenlernen." Dazu tragen auch die Schüleraustausche der Wittlicher Schulen mit Schulen in den Partnerstädten bei.
Die gebürtige Wittlicherin Sitter zog es selbst 1960 nach Brunoy, ihr ist es zu verdanken, dass die Partnerschaft mit Wittlich vor 35 Jahren besiegelt wurde: Sie engagierte sich zunächst auf französischer Seite für den Aufbau der Beziehungen; 1994 zog sie wieder in die Säubrennerstadt und schloss sich dem Freundschaftskreis an. Auch die Verbindungen zu Boxtel und Wellingborough seien jeweils aufgrund persönlicher Kontakte Einzelner entstanden, betont Sitter. Sie hofft, dass sich künftig vor allem Jüngere dem Freundschaftskreis anschließen: Bis auf eine Schülerin sind die Aktiven über 40. Und sie hofft, dass die Kontakte zwischen den Vereinen der Partnerstädte intensiviert werden.

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