Wittlich rätselt: Geheimnis um Friedel D.

Wittlich · Der Säubrenner und Berliner Kultgastronom will’s in Wittlich wissen. Friedel Drautzburgs Ladenidee wird auf jeden Fall eins sein: eigensinnig.

Schnee liegt auf den Dächern von Wittlich. Ein Schritt weiter stehen drei Kühe an der Rommelsbach im Hochwasser. Davor rätseln zwei Damen in hochsommerlicher Kleidung: Was soll das? Die stark vergrößerten Schwarz-Weiss-Fotos des stadtbekannten Hermann Hillebrand, der sich selbst als "unsystematischen Chronisten" sieht, zeigen Motive aus der Vergangenheit Wittlichs und verdecken neuerdings ein leeres Schaufenster an der Burgstraße.

Denn dort, wo zuletzt Lohners Brot verkaufte, tut sich was. Nur was? Ein Indiz zur Zukunft des Eckladens gibt ein weiteres Foto. Es zeigt ein Schild "Friedelstraße". Die gibt es aber nicht in Wittlich. Aber aus Wittlich kommt ein bekannter Friedel. Drautzburg, zuletzt Kultgastronom in der Hauptstadt an der Spree und seiner Heimatstadt an der Lieser weiter verbunden (der TV berichtete). Und jetzt hat er nach Mauerkunststück und Ausstellung ein Ladenprojekt im Sinn? Weitere Hinweise gibt's in einem Anruf bei ihm in Berlin.

Dass er etwas mit dem Laden vorhat, gibt er zu "Oh ja! Es ist doch so schön, das vermutlich kleinste Haus der Stadt! Bevor da, ich sage mal noch ein O2-Laden reinkommt, habe ich gedacht, da nimmst Du das mal prophylaktisch sicherheitshalber selbst." Die Eigentümer, das Ehepaar Derix, bestätigen: "Ja wir sind sehr froh, dass ein Urwittlicher mit Herzblut dabei ist, dort ein sicher interessantes, individuelles Projekt umzusetzen." Schnell entschieden hat er sich auf jeden Fall.

Bei der Stadtverwaltung kümmert sich Rainer Wener als Wirtschaftsförderer um Leerstände im Projekt Alwin (der TV berichtete). Er sagt: "Herr Drautzburg und ich haben zusammen mit dem Bürgermeister über die wunderbaren neuen Entwicklungen in der Innenstadt gesprochen. Daraufhin bat er mich, eine kleine Runde mit ihm durch die Altstadt zu drehen, da auch er gute Ideen habe, die er in Wittlich realisieren könnte. Als er die Ladenfläche sah, sind wir direkt zum Eigentümer gegangen, wo Herr Drautzburg die Anmietung per Handschlag besiegelte."
Die Drautzburgsche Version: "Ja das Ecklädchen. Erst mal habe ich gedacht, wenn ich da was mache, habe ich noch mehr Grund nach Wittlich zu kommen. Und zweitens: Wer immer nur meckert über die Entwicklung in der Altstadt, muss dann, wenn er kann, auch was tun!"
Nun also plant er eine Überraschungs-Eröffnung naturgemäß an der Säubrennerkirmes. Was genau, verrät er nicht: "Ich muss da noch drüber nachdenken. Es ist noch ein Geheimnis. Auf jeden Fall keine Gastronomie. Dat is Quatsch. Ich bin sozusagen selber gespannt." Natürlich hat der Filou schon eine Idee, aber Geduld. Erst blickt er zurück und nach vorn gleichzeitig: "Da in dem Haus war ich immer wieder mal als Schüler bei Possardts. Erst jetzt wird mir klar, wie beengt da früher eine komplette Familie gelebt hat. Ich brauche alles bis unters Dach. Über den Laden gehören ja auch Büro, eine Dusche, ein Lager. Weil das Geschäft ja früher mal zum Goldenen Stiefel hieß, könnte ich vielleicht Schuhe verkaufen!" Er amüsiert sich selbst über die Idee und sagt weiter: "Ich werde da bestimmt öfter mal selbst im Laden sein und das zu einem Event machen. Ich könnte die Leute raten lassen, wann ich wohl da bin."Und. Wie heißt das Projekt? "Friedel D.", kein Geheimnis! Und sein Ziel? "Belebung der Altstadt!"

EXTRA

FRIEDEL DRAUTZBURG
wurde 1938 in Wittlich geboren. Er studierte unter anderem Philosophie, Psychologie, Kunstgeschichte, Jura und war hauptamtlicher Bundesgeschäftsführer des sozialdemokratischen Hochschuldbundes. Mit Günter Grass war er auf Wahlkampftour für Willy Brandt. Der heutige "Promi-Wirt" gründete mehrere Lokale, unter anderem die legendäre "StäV" (Ständige Vertretung) in Bonn. Er war zunächst "Berlin-Umzugsgegner Nummer eins" in der Bürgerinitiative "Ja zu Bonn", gründete dann aber in Berlin eine neue "StäV", die Kölsch und Karneval erfolgreich in die Hauptstadt brachte. Wittlich hat er unter anderem gemeinsam mit seinem Künstlerfreund Ben Wagin das Kunstwerk aus einem Stück Berliner Mauer an der Lieserbrücke als Dauerleihgabe übergegeben und machte die Ausstellung "Kunst und Politik" mit Werken zeitgenössischer Kunst aus seiner Sammlung im Alten Rathaus möglich. Ansonsten sammelt er Fiat Topolinos. Aber das ist eine andere Geschichte.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort