Wittlich wird älter

Wittlich · Seniorentreffs statt Spielplätze? Mehr Ruhebänke statt Skaterbahnen? Die Politik in der Säubrennerstadt wird auf immer mehr alte Menschen reagieren müssen. Jetzt hat die Verwaltung dem Stadtrat eine umfassende Statistik vorgelegt, die den Wandel insbesondere der Altersstruktur belegt.

Wittlich. Was wären die Säubrenner ohne die "Freeemen" (Fremden)? Ganz klar: auf dem absteigenden Ast. Sie würden aussterben, so wie manch kleines Dorf. Doch Wittlich ist kein kleines Dorf, nicht nur Kleinstadt, sondern ein Mittelzentrum - und hat einiges zu bieten: Arbeitsplätze, alles, was man Infrastruktur nennt, vom Geschäft über den Arzt bis zu Schule oder Freibad. Und deshalb heißt die These für die Bevölkerungsentwicklung Wittlichs bis 2050: "Wachstum - Stagnation - Rückgang". Das sagt Andreas Schmitt. Der Mann ist Sachbearbeiter in der Steuerverwaltung Wittlichs und kennt sich so gesehen mit Zahlen aus. Er hat einen Sonderauftrag erledigt und Daten zur demografischen Entwicklung der Stadt Wittlich zusammengetragen und sie dem Stadtrat präsentiert, der im Verlauf des Vortrags offensichtlich ins Grübeln kommt. Denn Schmitts Material stimmt nachdenklich. Naturgemäß hat jeder "mal vom demografischen Wandel gehört". Konkret auf die Kreisstadt bezogen wird er fassbar. Klar ist: Auch in Wittlich gibt es mehr Sterbefälle als Geburten, aber bislang sorgten sich nur wenige. Denn: Es gibt Zuzüge, die das ausgleichen. So sind für die reine Bevölkerungszahl Schmitts Zahlen auch weniger beunruhigend: Für Wittlich prognostiziert die Bertelsmannstiftung bis 2030 beispielsweise einen Zuwachs um 1,4 Prozent.
Zum Vergleich: Bernkastel-Kues soll um 7,9 Prozent schrumpfen, Morbach ebenfalls. Dagegen wachsen demnach Bitburg um 3,5 Prozent und Trier um 3,8 Prozent. Währenddessen wird das Durchschnittsalter der Wittlicher von 42,4 Jahren im Jahr 2009 auf 46 Jahre bis 2030 steigen. Und zum Stichjahr 2030 wird der Anteil der über 80-Jährigen bei 7,4 Prozent liegen und derer, die mehr als 65 Lenze zählen, bei 26,3 Prozent.
Die Stadtpolitik aber kann Weichen stellen, um den nicht mehr zu stoppenden demografischen Wandel abzumildern, ist Andreas Schmitts abschließende Botschaft. Er listet folgende Handlungsfelder auf: Funktion als regionales Zentrum sichern und ausbauen; Position als Wirtschaftszentrum stärken; Profilierung als attraktiver Wohnstandort für Familien; Stärkung der Kinder- und Familienfreundlichkeit und nicht zuletzt: Umsetzung einer zukunftsorientierten Seniorenpolitik, etwa durch barrierefreies Bauen.
Zum Abschluss des Vortrags gibt\'s Applaus, und mancher Stadtrat lächelt, als Andreas Schmitt sich mit einer chinesischen Weisheit verabschiedet: "Wenn der Wind des Wandels weht, bauen die einen Schutzmauern, die anderen bauen Windmühlen".Meinung

Existenzielle Statistik
Neben Kracher-Themen wie dem Rathausneubau hat der Stadtrat oftmals sozusagen Notwendigkeiten abzunicken. Zeit zur echten, hintergründigen Diskussion ist selten, zumal das vornehmlich im Ausschuss erledigt wird, mit Vorliebe nichtöffentlich. Gut ist, wenn die Verwaltung im teilweise zähen Sitzungsalltag existenzielle Impulse setzt wie mit der Präsentation der gründlich erarbeiteten Daten zur Bevölkerungsentwicklung der Stadt. Damit werden denen die Augen geöffnet, die heute Entscheidungen für morgen treffen. Und das ganz sachlich und neutral, ohne belehrend zu sein. s.suennen@volksfreund.de

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