Wittlicher Freibad War die Alternativplanung für die Katz?

Wittlich/Salmtal · Wittlichs Bürgermeister befürchtet, einen Handwerker zu finden, der auf den alten Beton des Wittlicher Freibades neue Fliesen lege und eine Garantie darauf gebe, werde schwierig. Der TV spricht mit einem Fachmann.

 Viele Wittlicher Freibadenthusiasten hängen an dem großen Schwimmerbecken mit acht 50-Meter-Bahnen. 

Viele Wittlicher Freibadenthusiasten hängen an dem großen Schwimmerbecken mit acht 50-Meter-Bahnen. 

Foto: klaus kimmling

Sie hat Zeit und Geld gekostet: Aber war die Alternativplanung zum Erhalt des Wittlicher Freibades in voller Größe und Pracht nun vielleicht doch für die Katz? Eine Bemerkung von Wittlichs Bürgermeister Joachim Rodenkirch auf der jüngsten Sitzung des Bauausschusses könnte das nahelegen. Rodenkirch erklärte den Ausschussmitgliedern und Publikum im Eventum, er bezweifele, dass man einen Fliesenleger finde, der einem neue Fliesen auf alten Beton lege und darauf auch noch eine Garantie gebe. Das Risiko sei den Handwerkern dabei zu groß.

Würde eine Sanierung des Freibades also damit  letztlich doch am Alter des Kosntruktionsbetons scheitern? Wenn man keinen Handwerker findet, der bereit wäre, auf dem alten Schwimmbadbeton neue Fliesen, Folie oder Edelstahlbecken zu montieren, weil das im Hinblick auf Garantieansprüche zu risikohaft wäre, dann hätte die Stadt Wittlich mit der Alternativplanung ein Jahr Zeit und Geld verloren, ohne auch nur einen Schritt vorangekommen zu sein. Kann das sein?

Gutachten Im Materialgutachten kommen die Ingenieure zu dem Ergebnis, dass eine Sanierung der Freibadbecken mit Fliesen, Folie oder mit Edelstahlbecken möglich sei. Demnach ist zwar sämtliches Material, das sich über dem blanken Beton befindet wie Estrich, Fliesenkleber und die Kacheln des Freibades mehr oder weniger morsch. Aber der Konstruktionsbeton des Freibades unter den Fliesen ist, wie die Gutachter sagen, weiterhin tragfähig. Und das, obwohl der Beton uralt ist. Fliesenleger Karl-Hans Rauen aus Salmtal, dessen Firma das Freibad anno 1991 mit neuen Fliesen bestückt hat, sagt im TV-Gespräch, die Betonwanne des großen Schwimmerbeckens mit den acht Fünfzig-Meter-Bahnen stamme gar noch aus der „Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg“. Die Betonkonstruktion ist also uralt und das weiß auch der Stadtrat.

Handwerker Dennoch hatte das Gremium im vergangenen Jahr eine Kehrtwende vollzogen, die ausgereiften Pläne für den Abriss und einen verkleinerten Neubau des Freibades auf Eis gelegt und das Materialgutachten in Auftrag gegeben, damit das große Schwimmerbecken  – wie es die Freibadfreunde wünschen – möglicherweise doch erhalten werden kann. Wenn man nun aber keinen Handwerker finden würde, der einem neue Fliesen, Folie oder Edelstahlbecken auf den alten Beton anbringen würde, weil das aus Gründen der Garantieansprüche zu risikohaft wäre, dann wäre die ganze Alternativplanung zum Erhalt des Freibades doch rausgeschmissenes Geld und eine unnötige Zeitverzögerung. Der TV hat deshalb mit einem Experten gesprochen:

Fliesenleger Karl-Hans Rauen kleidete 1991 mit seinem Unternehmen aus Salmtal das Wittlicher Freibad komplett mit neuen Fliesen aus. Das sind jetzt knapp 30 Jahre her. Der 74-Jährige kennt also quasi jede Fliese und auch den Beton auf denen er und seine Mitarbeiter damals über Monate Fliese für Fliese legten. Rauen: „Der Beton war 1991 schon alt. Das große Schwimmerbecken wurde ja schon 1938, also vor dem Krieg, gebaut. Für dieses Alter sei der Beton jedoch 1991 noch in sehr guter Qualität gewesen, sagt der altgediente Fliesenleger. „Aber ewig hält auch Beton nicht. Es kommt darauf an, wie gut er durch Fliesen oder andere Materialien geschützt wird.“

Damit wären wir beim Thema: Würde Rauen heute, 30 Jahre nach der letzten Sanierung des Freibads, auf den alten Beton heute nochmal neue Fliesen legen und als Unternehmer eine Garantie, in der Regel sind das drei Jahre, für seine Arbeit geben? „Ja, das würde ich machen. Man kann das nochmal neu verfliesen“, sagt der Salmtaler Fliesenleger, der mit seinem Unternehmen, wie er sagt, bereits 20 Schwimmbäder mit Fliesen ausgekleidet hat. Und dennoch rät er davon ab: Zum einen sei die Qualität der Fliesen, die man heute kaufen könne, nicht mehr die, die sie einmal war.

Außerdem sei durch den Klimawandel die thermische Belastung für Fliesen im Außenbereich gestiegen. Die Temperaturschwankungen beanspruchten das Material und senkten die Lebensdauer von Fliesen im Außenbereich enorm, sagt Rauen. „Früher haben Fliesen draußen mehr als 30 Jahre gehalten, heute sind es nur noch zehn Jahre.“ Deshalb rate er dazu, sagt der Fliesenleger, das Betonbecken, falls man es saniere, mit einem Edelstahlbecken oder Folie auszukleiden. „Selbst mit Epoxidharz verklebte Fliesen, was 15-mal kostspieliger ist als eine gewöhnliche Verlegung im Mörtelbett, halten im Außenbereich heutzutage nur noch rund zehn Jahre“, sagt Rauen.

Aussicht Der TV hat Rodenkirch nochmal gefragt, wie er zu seiner Einschätzung gekommen ist, dass man nur schwerlich einen Handwerker finden werde, der dort Fliesen legen und eine Garantie geben würde. Diese Einschätzung beruhe auf der Expertise der beauftragten Fachplaner, sagt der Bürgermeister.

Ob der Wunsch der Freibadfreunde, das große Schwimmerbecken mit seinen acht 50-Meter-Bahnen zu erhalten, in Erfüllung geht, wird letztlich eine finanzielle Frage sein. Aufgrund der Coronakrise und sinkender Steuereinnahmen dürfte sich die Finanzausstattung der Kommunen sowie die der Fördergeldtöpfe bei Bund, Land und EU wohl verschlechtern.  

Für das laufende Haushaltsjahr rechnet man in Wittlich bereits mit dem „Schlimmsten“ und einem Einnahmeausfall in Höhe von rund elf Millionen Euro.

 das Fliesenkleid des Wittlicher Freibades ist nach 30 Jahren am Ende seiner Betriebszeit angekommen.

das Fliesenkleid des Wittlicher Freibades ist nach 30 Jahren am Ende seiner Betriebszeit angekommen.

Foto: TV/Christian Moeris

Ob und wie sich da in den nächsten Haushaltsjahren ein Großprojekt wie die Sanierung des Vitelliusbades samt Freibad für geschätzt knapp 25 Millionen Euro umsetzen lässt, bleibt abzuwarten. Und ganz nebenbei gesagt hat die  Stadt wie mit dem Megabauprojekt eines Mehrgenerationenhauses, Hauses der Jugend und einer neuen Kita unter einem Dach für elf Millionen Euro daneben auch noch andere Großprojekte zu stemmen.

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