Gericht Seichtes Urteil für den Waffenbauer

Wittlich · Gericht verurteilt 37-jährigen Moselaner zu einem Jahr und zehn Monaten auf Bewährung.

Wittlicher Schöffengericht verurteilt 37-Jährigen wegen Herstellung von Waffen
Foto: dpa/Uli Deck

Der 37-jährige Angeklagte ist scheinbar glimpflich davon gekommen. Wegen mehrerer Verstöße gegen das Waffengesetz hatte er ein halbes Jahr in Untersuchungshaft gesessen. Am Ende des dritten Verhandlungstages verlässt er den Saal des Wittlicher Schöffengerichts als freier Mann. Zuvor hat die Vorsitzende Richterin Köhler nach mehreren Verhandlungsstunden das Urteil verkündet: „Wegen Besitzes einer halbautomatischen Waffe und wegen 13 Fällen der Herstellung solcher Waffen erhält der Angeklagte ein Jahr und zehn Monate Haft. Die Strafe wird gegen Auflagen zur Bewährung ausgesetzt.“

Mit 3D-Drucker Waffen gebaut

Fest steht nach Auffassung des Gerichts, dass der Mann in seinem angemieteten Haus in einem Moselort über seiner Massagepraxis eine Art Waffenschmiede eingerichtet hatte, ausgestattet mit zwei 3D-Druckern zur Metall- und Kunststoffverarbeitung aus dem Internet und zahlreichen Werkzeugen und Geräten. Der Angeklagte hatte dies schon am ersten Tag eingeräumt. Ihm blieb auch nichts anderes übrig nachdem, was die Polizei am Tag seiner Festnahme bei der Durchsuchung des Hauses gefunden hatte.

Aufgrund dieser Beweislage beantragt Ankläger Dr. Volker Anton von der Generalstaatsanwaltschaft Koblenz am letzten Sitzungstag dieselbe Haftstrafe wie dann vom Gericht verhängt – allerdings ohne Bewährung. Verteidiger Christian Schulzig beantragt mit Hinweis auf das bisher makellose Vorleben seines Mandanten und dessen mehrfach wiederholten Beteuerungen, er in einer monatelangen Stresssituation auf die falsche Bahn geraten, eine Bewährungsstrafe. Schulzig erinnert an die Erklärungen des 37-Jährigen. Der hatte zu Beginn des dritten Tages über Austausche auf Facebook berichtet, bei denen heftige Hasskritik am Staat und seinen Maßnahmen geäußert worden sei. Allen voran die Behauptung, die Herrschenden wollten über die „Corona-Lüge“ die Grundrechte der Deutschen schleichend abschaffen – und dagegen habe jeder das Recht auf Widerstand. Notfalls auch mit Waffengewalt, um Gleichstand mit den korrupten, bewaffneten Staatsorganen zu schaffen.

Angeklagter: „Ich habe Fehler gemacht“

Am Ende seiner Erklärung, die er später ähnlich nochmals wiederholt, gibt sich der Angeklagte total zerknirscht. „Ich habe Fehler gemacht, habe nur eine Waffe gebaut und hatte keine Freude daran. Stattdessen blühe ich als Physiotherapeut auf, wenn ich Menschen heilen und ihnen Wohlbefinden geben kann. Und ich werde daran arbeiten, wenn ich wieder außer Haft bin.“ Und wenn es ihm möglich sei, wolle er fortan eine Herstellung preiswerter Handprothesen für Kinder entwickeln, denn bei den kleinen Händchen sei doch das Problem, dass die nach einem halben Jahr schon wieder aus der Prothese herauswachsen. Die große Beichte kommt irgendwie nicht so an.

Stattdessen erläutert hernach der Sachverständige Alexander Dubois vom Landeskriminalamt, was er bei der Untersuchung der Selbstbauwaffen herausgefunden hat. Einen ganzen Koffer voll mit der besagten Fertigwaffe und teils für den Zusammenbau fähigen Waffen präsentiert er. Sein Fazit ist zwar kein Qualitätsbeweis: Die fertig beschlagnahmte halbautomatische Neun-Millimeter-Pistole ist für den halbautomatischen Betrieb (selbstständiges Nachladen) fähig. Die anderen Einzelteile reichen jedenfalls für Waffen, die mindestens zur Abgabe von Einzelschüssen fähig sind.

Aufschlussreich sind auch die Aussagen von zwei Fachbeamten der Kripo Trier. Einer hatte den Facebook-Account des Angeklagten gecheckt. Seit Beginn der Corona-Krise habe der Angeklagte dort zum bewaffneten Widerstand aufgerufen und versucht, eine bewaffnete Kampfgruppe gegen staatliche Corona-Maßnahmen um sich zu versammeln.

Der Angeklagte nimmt am Ende das milde Urteil gelassen hin. Doch verhandelt wurde hier nur über einen Vergehenstatbestand wegen Verstoßes gegen das Waffenrecht. Aber für Staatsanwalt Anton aus Koblenz hat die Sache erst begonnen, denn ihm es geht um das Motiv des Angeklagten und möglicher Mitläufer. Und das heißt Staatsgefährdung.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort