Wittlicher Stadtrat verabschiedet unausgeglichenen Haushalt

Wittlich · Die Stadt Wittlich rechnet im Ergebnishaushalt mit einem Minus von 702?000 Euro für das kommende Jahr. Große Sprünge sind deshalb nicht drin. Dennoch wird in den Haushaltsreden nicht schwarz gemalt, sondern durchaus die Stärke der Stadt betont.

 Zu den größten Investitionen 2016 zählt der Umbau des Bürgerbüros im Stadthaus. TV-Foto: Klaus Kimmling

Zu den größten Investitionen 2016 zählt der Umbau des Bürgerbüros im Stadthaus. TV-Foto: Klaus Kimmling

Wer im Jahr der beeindruckenden Wittlicher Wirtschafts-Woche damit gerechnet hat, die Stadt sei reich an Reserven dank ihrer Wirtschaftskraft, irrt: Erneut ist der Haushalt nicht ausgeglichen. Das schränkt den finanziellen Spielraum ein. Doch bei den sieben Reden zum nächsten Jahr vermeiden die Lokalpolitiker, auf das dicke Zahlenwerk, das sie einstimmig bei einer Enthaltung (die Linke) beschließen werden, einzugehen (siehe Extra).

Ein Bürger hört ihnen bei der Sitzung zu. Was im Haushalt steht, erfährt er am Rande. Es wird eher um die harten Zahlen drumherumgeredet, wie man im Volksmund so schön sagt. Denn es gibt aktuelle Themen, die sind wichtiger, etwa der Umgang mit den Flüchtlingen. Dass der in Wittlich dank des großen Einsatzes vieler ehrenamtlich aktiver Menschen so positiv verläuft, dafür bedankt sich nicht nur der Bürgermeister. "Wir freuen uns über die Willkommenskultur und Gastfreundlichkeit, die hier in Wittlich herrscht. Darauf können wir stolz sein. Das geht, wenn man es ganz betrachtet, anderswo in eine andere Richtung", sagt etwa Nadine Zender, SPD.

So wie sie das Jahr über meist an einem Strang gezogen haben, verzichten die Redner auch jetzt auf Sticheleien, Profilierungs-Sprüche, Abschweifungen. Sie bleiben sachlich beim Thema Wittlich mit Ausnahme von Ali Damar, der Weltpolitik kritisiert, das Vorgehen in der Türkei gegen die Kurden "faschistisch" nennt und ruft: "Wir sagen Nein zum Krieg, und Ja zum Frieden. Es lebe der Frieden!" Da sind sicher alle seiner Meinung, auch wenn das nicht im Haushalt steht. Im jetzt beschlossenen Zahlenwerk gelten folgende vier Investitionsvorhaben als die wichtigsten:

Der Umbau des Stadthauses zu einem Bürgerbüro mit insgesamt 992.000 Euro. Die geplante LAN-Verkabelung in der Grundschule Bombogen mit rund 65.000 Euro. Eine neue Schlauchpflegeanlage für die Feuerwehr, die mit 110.000 Euro zu Buche schlägt, und das Großprojekt zur Umgestaltung des Lieserufers (Stichwort: Stadt am Fluss), mit vorgesehenen Ausgaben von 1.410.000 Euro. Dabei erwarte man Zuschüsse von 819.000 Euro, wie Jan Mußweiler, Pressesprecher der Stadtverwaltung auf TV-Nachfrage mitteilt.

Aus den Haushaltsreden:

Bürgermeister Joachim Rodenkirch zum Umbau der Alten Posthalterei, die mit öffentlichen Zuschüssen gefördert wurde und nach der Sitzung dem Stadtrat und der Verwaltung Platz fürs Haushaltsessen bot: "Wer hätte vor Jahren gedacht, dass das möglich ist. Dafür brauchte es mutige Entscheidungen, finanzielle Anreize, die der Stadtrat geschaffen hat. So etwas ist möglich, wenn man beherzt Entschlüsse fasst." Und im Hinblick auf die Stadt allgemein. "Gerade mit Blick auf den demografischen Wandel und dessen Auswirkungen, haben wir als das Mittelzentrum zwischen Koblenz und Trier die Chance zum Wachstum. Wittlich hat das Potential dafür, und diese Chance müssen wir nutzen."

Winfried Schabio, CDU: "Wittlich ist ein prosperierender Wirtschaftsstandort, weil wir es geschafft haben, im Rat durch kluge und zukunftsweisende Entscheidungen den Standort so attraktiv zu machen, dass eine große Anzahl neuer Firmen sich zur Ansiedlung entschlossen haben. Man kann hier durchaus die Aussage tätigen: Die Infrastruktur der Stadt Wittlich stimmt." Er betonte für die CDU nachdrücklich, dass man sich für ein neues Hallenbad einsetzen wolle: "Wer kann sich Wittlich als Stadt ohne Schwimmbad vorstellen?"

Nadine Zender, SPD: "Wittlich ist Motor für die Region. Wir freuen uns über die Entwicklung im Industriegebiet Wengerohr-Süd, aber wir kommen auch ganz klar an die Grenzen des Wachstums und müssen überlegen, ob wir mehr in Richtung Qualität statt Quantität gehen." Zuvor brachte sie nochmal die Kino-Idee ins Spiel: "Ich könnte mir den Bereich Kaienburg vorstellen. Man wird ja noch Visionen haben können. Das wäre schon mal noch einen Versuch wert."

Stephan Lequen, Grüne: "Die Großprojekte sind allesamt wichtig und nötig für die Entwicklung unserer Stadt. Aber während wir die Infrastruktur ständig optimieren, sind wir bei vielen Spiel- und Bolzplätzen nicht auf der Höhe der Zeit. Um die Freizeiteinrichtungen unserer Stadt liebenswert zu machen, darum müssen wir uns auch kümmern." Um das Problem der Ladenleerstände zu entschärfen schlug er vor. "Mietkostenzuschüsse für Ladenneugründungen wäre vielleicht ein geeigneter Weg."

Michael Scheid, FWG: "Der Marktplatz hat sich wieder zum Vorzeigeprojekt entwickelt. Aber ohne das finanzielle Engagement dieses Betreibers hätte dieses historische Kleinod diese Entwicklung nicht gefunden." Er griff eine schon ältere Forderung der FWG wieder auf: "Eine verkehrliche Anbindung und Erreichbarkeit zwischen der Oberstadt und der Altstadt über die Öffnung der Oberen Burgstraße".

Drei Fragen an Nicole Rees, Kämmerin der Stadt Wittlich


Was ist Ihre Lieblingszahl im Haushalt?
Nicole Rees: 0,1 weil der Kreisumlagesatz in dieser Höhe nach vielen Jahren einer stetigen Steigerung in diesem Jahr gesenkt wurde.

Welche Zahl bereitet Ihnen Bauchschmerzen?
Rees: Der Haushalt der Stadt Wittlich bereitet mir keine Bauchschmerzen, jedenfalls nicht in den Dingen, die wir selbst steuern können. 2020 wird die von der Bundesregierung beschlossene Schuldenbremse in Rheinland-Pfalz in Kraft treten. Was dies genau für die Kommunen bedeutet, kann ich heute noch nicht im Detail beurteilen.

Welche Zahl ist die "große Unbekannte" und warum?
Rees: In jedem Haushaltsjahr stellt der Ansatz für die Gewerbesteuer eine konjunkturabhängige und damit nicht verbindlich planbare Größe dar. Diese Einnahmen können sich im Laufe des Jahres sowohl nach oben verbessern, wie auch nach unten verschlechtern. sosExtra So rechnet Wittlich:

Die wichtigsten Kennzahlen des kommenden Haushaltes, dazu die Vorjahreszahlen in Klammern: Investitionen: 3 Millionen Euro Einzahlungen - 3,8 Millionen Auszahlungen (2,3 Millionen/7,2 Millionen) Personalkosten: 10,8 Millionen Euro (10,1 Millionen) Gewerbesteuer: 11,3 Millionen Euro (10,3 Millionen) Einkommens-/Umsatzsteuer: EKSt 6,7 Millionen Euro ; USt 1,4 Millionen (EKSt 6,5 Millionen, USt 1,2 Millionen) Kreisumlage: 10,1 Millionen Euro (9,8 Millionen) Steigerung nur aufgrund höher geplanter Gewerbesteuereinnahmen in 2016 Schulden: 32,6 Millionen Euro (33,5 Millionen) planmäßige Tilgung größer als Neuaufnahme Schuldenstand pro Einwohner: 1715 Euro zum 31.Dezember 2015 mit Nebenwohnsitzen Gesamtsumme der Kredite: 0,8 Millionen Euro (4,9 Millionen) Zins und Tilgung: Zinsen 1,1 Millionen Euro, Tilgung 1,7 Millionen (Zinsen 1 Millionen, Tilgung 1,5 Millionen) sos

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