Wittlichs Einzelhändler sind unzufrieden

Wittlich · Es brodelt noch immer im Verein Stadtmarketing: Die Vorstandswahlen wurden vertagt, bei der vergangenen Mitgliederversammlung gab es eine große Diskussion. Nun steht ein neuer Versuch an, die Interessen der Gruppen zu vereinen. Der TV hat nachgefragt.

 In den Schaufenstern der Geschäfte in der Wittlicher Innenstadt bleibt die Ware häufig hängen. Viele kaufen lieber in den großen Märkten auf der Grünen Wiese ein. TV-Foto: Klaus Kimmling

In den Schaufenstern der Geschäfte in der Wittlicher Innenstadt bleibt die Ware häufig hängen. Viele kaufen lieber in den großen Märkten auf der Grünen Wiese ein. TV-Foto: Klaus Kimmling

Foto: klaus kimmling (m_wil )

Wittlich. Kein "Machen Sie mal" sondern ein "Wir machen das" - das wünschen sich die Kaufleute vom Verein Stadtmarketing. Auch Michael Groth, Vorsitzender des Vereins, wünscht sich, dass alle Mitglieder gemeinsam für die Attraktivität der Innenstadt aktiv werden. Aus den vielen "Ichs" soll ein "Wir" werden.
Jetzt ist Engagement gefragt: Claudia Jacoby von der Altstadtbuchhandlung geht im Hinblick auf die kommende Mitgliederversammlung noch weiter: "Es muss nun überlegt werden, ob es Sinn macht, wenn der Verein so bleibt." Sollte sich nichts ändern, sieht Jacoby auch keine Chance darin, neue Mitglieder zu werben. Fakt ist, dass von den 146 Mitgliedern lediglich 24 Kaufleute sind. Auch Michael Groth hofft, dass mehr Einzelhändler dem Verein beitreten oder sich zumindest mit einem Aktionsbeitrag an den Kosten des Vereins beteiligen: "Eine große, aktive Kaufmannschaft hätte dann mehr finanzielle Mittel, um zusätzliche Aktionen zu organisieren", sagt der Vereinsvorsitzende. Jacoby wünscht sich zudem, dass sich ihre Kollegen solidarisch zusammentun und der Vorstand mehr Impulse gibt. Mit dem Begriff Stadtmarketing verbinde man die Innenstadt, und "die funktioniert nicht". Auch die Leerstände müssen belegt werden, um die Säubrennerstadt zu beleben. Dabei denkt Jacoby zurück an die "Kaufstadt Wittlich", einer früheren Aktionsgemeinschaft. "Da lief das alles irgendwie besser", sagt sie, räumt aber auch ein, dass das Stadtmarketing durchaus einiges für die Belebung und Attraktivität der Innenstadt tut.
Grüne Wiese ist Konkurrenz: Eine ähnliche Meinung vertritt auch ein anderer Ladeninhaber aus Wittlich, der nicht namentlich genannt werden möchte: "Wir müssen eine Gemeinschaft bilden, an einem Strang ziehen. Doch bisher ist die Wirkung der Aktionen eher begrenzt, weil sich nicht alle Mitglieder in gleichem Maße beteiligen." Gemeint ist damit unter anderem die unterschiedliche Beteiligung an verkaufsoffenen Sonntagen und anfallenden Kosten. Grundsätzlich sei die Arbeit im Verein schwierig, und es ließen sich nicht alle Interessen unter einen Hut bringen: "Es gibt einfach zu viele Ideen, aber es kommt wenig Konkretes dabei heraus." Ähnlich sieht das auch Groth: "Nicht nur reden und meckern, sondern machen", fordert er von den Mitgliedern. Die Resignation des Ladeninhabers hat aber noch einen weiteren Grund: "Der Einzelhandel in den Städten steht am Scheideweg." Die Ansiedlung attraktiverer Geschäfte in der Innenstadt sei durchaus ein Lösungsansatz, denn große Märkte, die sich auf der sogenannten Grünen Wiese am Stadtrand ansiedeln, seien eine starke Konkurrenz für den Einzelhandel in der Innenstadt. Ebenso bestellen viel Wittlicher ihre Waren lieber online, als in den Geschäften zu stöbern. Ein Patentrezept dafür, wie es mit der Innenstadt bergauf gehen könnte, gebe es jedoch nicht. Doch der Stadt und dem Verein die Schuld zu geben, da ist sich der Kaufmann sicher, wäre falsch.
Kreative Köpfe fehlen: Anderer Meinung ist da Hans Gelz, Inhaber von "Genüsse für die Sinne". Er ist vor einiger Zeit aus dem Verein ausgetreten: "Es hat für mich einfach keinen Sinn mehr gemacht. Ich mache mein eigenes Ding, und das funktioniert gut." Gelz ist der festen Überzeugung, dass es dem Verein an kreativen Köpfen fehlt. Seine Idee eines großen Wochenmarkts mit Bio-Produkten wurde vom Verein sofort abgeblockt. Statt der Motivation, etwas für die Innenstadt zu tun, herrsche "wildes Gemauschel", das zu keinem Ziel führe — eine Politik des Wegduckens. Was der Bürgermeister nicht möchte, wird - so Gelz' Meinung — auch nicht umgesetzt. Einer, der das alles von außen betrachtet, ist Christian Brauch, Inhaber der Altstadt-Apotheke: "Ich bin zwar Mitglied im Verein, bin aber als Apotheker, der von kranken Menschen lebt, nicht so stark davon abhängig, dass die Innenstadt belebter wird." Er ergänzt: "Früher war Wittlich sehr attraktiv. Die Menschen kamen von überall, um hier einzukaufen." Heute sei das anders: Die Grüne Wiese mit großen Geschäften, wie Bungert & Co., profitiere von der Kaufkraft der Wittlicher, und die kleinen Läden leiden stark unter dieser Entwicklung. Doch Brauch ist optimistisch: "Wittlich ist so schön, da muss man doch was draus machen können!"
Wittlich braucht seine Zeit: Auch Petra Henkel von Henkel Moden hat Wittlich noch nicht aufgegeben: "Die Innenstadt braucht einfach einige Zeit, um sich zu regenerieren." Nach der Schließung der Neustraße für den Autoverkehr, war es schwierig die Geschäfte zu erreichen. "Die Neustraße muss jetzt kontinuierlich offen bleiben", fordert Henkel. Sie bemängelt außerdem, dass die Einstellung einiger Wittlicher ihrer Stadt gegenüber für negative Publicity sorgt: "Der Bezug der Wittlicher zu ihrer eigenen Stadt ist verloren gegangen. Das ist wirklich schade." Laut Henkel fehlt der Stadt der junge Geist mit kreativen Ideen. Erst dann könne es für Wittlich aufwärtsgehen.

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