Wo der Uhu brütet, endet der Weinbergsweg

Ein Uhu-Pärchen fühlt sich mitten in der berühmten Weinlage Wehlener Sonnenuhr sehr wohl. Es siedelt seit vielen Jahren auf einem Felsen und zieht dort seine Jungen auf. Die Winzer sind davon wenig begeistert, denn wegen des Brutreviers können zwei wichtige Wirtschaftswege nicht verbunden werden.

Zeltingen-Rachtig/Wehlen. Die Weinbergsflurbereinigung Wehlen, die sich in der letzten Phase befindet, bringt den Winzern ernorme Vorteile. Unter anderem wurden zahlreiche Wege in den Steilhang geschoben, um die Weinberge maschinell bewirtschaften zu können. Insgesamt wurden sieben Millionen Euro investiert (der TV berichtete).

Doch an einer Stelle mitten im Hang ist der Weg unterbrochen. Von der Zeltinger und der Graacher Seite kann man bis kurz vor den Felsen fahren, muss dann aber wieder umkehren. Will der Winzer zu seinem nächsten am Weg gelegenen Weinberg, ist er gezwungen, wieder über Graach beziehungsweise Zeltingen zu fahren - ein Umweg von einer Viertelstunde.

Beide Wege zu verbinden wäre technisch kein Problem, auch die Kosten hielten sich nach Auskunft des Dienstleistungszentrums Ländlicher Raum (DLR) Mosel im Rahmen. Doch das dort auf einem Felsen lebende Uhu-Pärchen würde zu stark gestört.

Während des Planfeststellungsverfahrens war bereits die Existenz des Uhu-Reviers bekannt. Ein erstes Gutachten, erstellt von einem Planungsbüro, kam vor sieben Jahren zu dem Ergebnis, dass ein Weg unterhalb des Felsens dem Uhu-Pärchen nicht schaden würde. Doch sowohl die Kreisverwaltung als Untere Naturschutzbehörde und die Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Nord als auch die Obere Naturschutzbehörde sowie eine Reihe von Naturschutzverbänden hatten große Bedenken. Vor allem die Gesellschaft zur Erhaltung der Eulen befürchtete, dass die streng geschützte Vogelart in diesem Fall den Standort verlassen würde.

Winzer Kerpen: ein Schildbürgerstreich



Carsten Neß, Sachgebietsleiter Landespflege beim DLR Mosel: "Eine Klage seitens der Naturschutzverbände hätte seinerzeit sicherlich Erfolg gehabt." Schließlich kam ein Kompromiss zustande, den der Abteilungsleiter Landentwicklung beim DLR Mosel, Johannes Pick, für eine gute Lösung hält. Die Wege wurden gebaut, enden aber jeweils 50 Meter vor dem Felsen mit dem Uhu-Pärchen. Winzer Martin Kerpen aus Wehlen, Vorsitzender der Teilnehmergemeinschaft, sagt: "Wir mussten zähneknirschend diesem Kompromiss zustimmen, um die komplette Flurbereinigung nicht zu gefährden." Dennoch spricht Kerpen von einem Schildbürgerstreich. Aus seiner Sicht ist die Tatsache, dass der Weg nicht verbunden werden darf, ökologisch und ökonomisch nicht nachvollziehbar. Die Flurbereinigung sei wegen des Baus der großen Wendehämmer auch teurer geworden.

Kerpen hofft, dass in den kommenden Jahren das kurze, hundert Meter lange Stück Weg dennoch gebaut werden kann. Carsten Neß vom DLR Mosel macht ihm aber wenig Hoffnung. Auch wenn sich das Vogel-Pärchen an einer anderen Stelle ansiedeln würde, sei nicht ausgeschlossen, dass es irgendwann wieder zurückkehre. Außerdem könne auch ein anderes Uhu-Pärchen an dem Wehlener Sonnenuhr-Felsen Gefallen finden.

Meinung

Mittelweg gefunden

Es ist nicht immer einfach, ökonomische und ökologische Wünsche unter einen Hut zu bringen. Fast immer gibt es Konflikte. Und stets melden sich Leute zu Wort, die keine Kompromisse kennen. Fanatische Umweltschützer, für die jeglicher Eingriff in die Natur Teufels Werk ist, ebenso wie Menschen, denen der Erhalt der Pflanzen- und Tierwelt völlig egal ist. In Wehlen haben Planer und Naturschutzbehörden einen Kompromiss gefunden, der zwar nicht alle völlig zufriedenstellt, mit dem aber alle leben können. Es ist ja auch ein Unterschied, ob ein Uhu einen Weg verhindert, oder ob eine Mopsfledermaus den Ausbau eines Flughafens und somit die Schaffung Hunderter Arbeitsplätze unmöglich macht. w.simon@volksfreund.de

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