Wo Jugendliche wie in einer Familie leben

Jugendlichen ein gutes Zuhause zu bieten, ist Ziel des Vereins für Psychoanalytische Sozialarbeit Rheinland-Pfalz, der jetzt seine zweite Wohngruppe in der Region eröffnet hat. Dafür wurde ein Wohnhaus in Briedel komplett renoviert.

Briedel. So voll wird die Wohnung wohl lange nicht mehr sein. Normalerweise leben hier sieben junge Menschen, doch zur Eröffnung der neuen Wohngruppe des Vereins für Psychoanalytische Sozialarbeit Rheinland-Pfalz in Briedel kamen rund 100 Gäste in das Gemeinschaftshaus an der Hauptstraße. Nachbarn, Einwohner aus Briedel und umliegenden Gemeinden schauten sich die neue Einrichtung an. Sie alle wollten sehen, wie die Jugendlichen betreut wohnen.

Sieben Jugendliche im Alter zwischen 13 und 20 Jahren sind hier untergebracht. Es sind junge Menschen, die in ihrer Kindheit im Elternhaus schwierige Lebensbedingungen hatten. Hier können sie in normalen Verhältnissen in einer Wohngemeinschaft mit Gleichaltrigen aufwachsen. Unterstützt werden sie dabei von Pädagogen, Psychologen und Betreuern. Wichtig ist es für die Jugendlichen, den Kontakt zu den Mitbürgern in Briedel zu suchen, denn nur so kann eine erfolgreiche Integration in die Dorfgemeinschaft gelingen.

Im Hunsrückort Liesenich hat das bereits geklappt. Seit 2005 existiert dort das erste "Silke-Kasimirat-Haus", dessen Träger der Verein für Psychoanalytische Sozialarbeit ist. Auch dabei handelt es sich um eine stationäre Einrichtung für Jugendliche. Familienberater Christoph Schier aus Zell und Psychologin Elisabeth Lauter aus Treis-Karden gründeten die Einrichtung. Sie betreuen mit ihren Kollegen die Jugendlichen - sowohl im Hunsrück als auch jetzt im Moselort Briedel.

Nach anfänglichen Vorbehalten einiger Liesenicher hat sich die Gruppe junger Menschen schnell in die Dorfgemeinschaft integriert. Die Jugendlichen sind mittlerweile bei Jung und Alt akzeptiert. Die Angebote des Vereines werden seit Jahren ausgeweitet. Außer dem betreuten Wohnen in der Region gibt es für die Jugendlichen auch die Möglichkeit, ein Jahr lang in einem Partnerhaus in Polen untergebracht zu werden.

"Ich fühle mich hier sehr wohl"



Die neue Wohngemeinschaft in Briedel erstreckt sich über fünf Etagen: In zwei Kellergeschossen sind Vorrats- und Freizeiträume untergebracht. An einem großen Billardtisch können die Jugendlichen spielen. Im Erdgeschoss befinden sich das Wohn- und Esszimmer sowie ein Bad und eine Küche. Das erste und das zweite Obergeschoss beherbergen insgesamt sieben Schlafräume für die Jugendlichen sowie weitere Bäder. Jeder Bewohner hat sein eigenes Schlafzimmer. Die Räume sind modern und mit viel Mut zur Farbe eingerichtet.

Naomi ist eine Bewohnerin des Hauses. Die 15-Jährige besucht eine Schule im Hunsrück. Sie fühlt sich wohl in der Wohngemeinschaft. "Man lebt hier tatsächlich wie in einer Familie zusammen", sagt sie. "Natürlich gibt es auch einmal Streit, aber alles in allem kommen wir hier gut miteinander klar." Die junge Frau kommt ursprünglich aus Kaiserslautern, besucht ihre Familie ab und zu an Wochenenden. Das Leben auf dem Land war für sie zunächst eine Umstellung. Sie ist sich aber sicher, die richtige Entscheidung getroffen zu haben. "Ich fühle mich hier sehr wohl", freut sie sich.

Den Betreuern der Einrichtung ist es wichtig, das Klischee von "armen Heimkindern" zu beseitigen, die angeblich in zweitklassigen Behausungen leben. Familienberater Schier und Psychologin Lauter möchten den Einwohnern von Briedel zeigen, dass im zweiten Silke-Kasimirat-Haus im Kreis eine familiäre Atmosphäre herrscht.

Der Verein kaufte das Wohnhaus von einer Erbengemeinschaft und renovierte es komplett. Harald Steffens aus Reil ist einer der Mitglieder der Erbengemeinschaft. Es freut ihn, dass sein Elternhaus in guten Händen ist. "Es ist spannend zu sehen, dass hier nun junge Menschen wohnen", sagt Steffens.

Gemeinsam schauen Betreuer, jugendliche Bewohner und Nachbarn der Einrichtung in die Zukunft. Sie sind sich sicher, dass im Moselort ein gutes Zusammenleben mit "den Neuen" gelingen wird. Sollte es dennoch einmal zu Problemen kommen, haben sich alle Beteiligten versprochen, direkt aufeinander zuzugehen. Auf diese Weise lassen sich schließlich viele Probleme schnell aus der Welt schaffen.

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