Zahl der Abc-Schützen sinkt und sinkt

Wittlich · Für 904 Jungen und Mädchen beginnt Anfang August der Ernst des Schullebens. Noch nie waren es so wenige im Landkreis Bernkastel-Wittlich. Eine Schließung von Grundschulen ist trotzdem aktuell kein Thema.

Wittlich. Wenn Leonie, Hanna, Lukas und Leon Anfang August ihren ersten Schultag haben, dann können sie meist schon bis 40 zählen. Das reicht, um in vielen Grundschulen im Landkreis Bernkastel-Wittlich die gesamte Schülerschaft zu erfassen. Denn während es im Kreis weiterhin 44 Grundschulen gibt, sinkt erneut die Zahl der Erstklässler. Von 970 im abgelaufenen Schuljahr auf 904 im anstehenden.
In der Morbacher Grundschule mit 64 neuen Schülern oder den beiden Wittlicher Schulen Friedrichstraße (60) oder Georg-Meistermann (49) mag dieser Rückgang gelassen gesehen werden. Dort wird es jeweils drei erste Klassen geben. Fünf Kinder sind es hingegen nur in der Grundschule in Morbach-Morscheid-Riedenburg, sechs in Morbach-Gutenthal.
Anders sieht es in elf anderen Schulen aus. Dort werden die Kinder des ersten und zweiten Jahrgangs gemeinsam unterrichtet, weil es für eigene Lerngruppen nicht mehr reicht. "Schrumpfschulen" hat jüngst ein Hamburger Nachrichtenmagazin solche Bildungseinrichtungen genannt, deren Fortbestand fraglich ist. Doch an Schulschließungen ist nach Auskunft der Schulaufsicht bei der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion weiterhin nicht gedacht. "Kurze Beine - kurze Wege" lautet die bekannte offizielle Devise.
Konsequenz dieser Vorgehensweise: Ab August gibt es in Morbach-Morschied-Riedenburg, Großlittgen und Maring-Noviand eine kombinierte Klasse aus erstem und zweitem Schuljahr. In Veldenz, Morbach-Gutenthal, Morbach-Haag, Bernkastel-Wehlen, Malborn, Reil, Wintrich und Trittenheim gibt es insgesamt nur noch zwei Klassen - eine kombinierte Klasse 1/2 und eine kombinierte Klasse 3/4. Da bedarf es schon einer großzügigen Auslegung des Schulgesetzes, damit die Schulen nicht geschlossen werden. Denn Grundschulen müssen pro Stufe eine Klasse haben. "Schulen können fortgeführt werden, wenn sie die Mindestgröße nur vorübergehend nicht erreichen", heißt es im Gesetz.
"Vorübergehend" bedeutet vom Wortsinn her, dass sich die Situation ändern wird und irgendwann wieder mehr Kindergartenkinder zu Abc-Schützen werden. Dem wird jedoch nicht so sein. Laut Schulentwicklungsplan werden für die beiden Schuljahre 2011/12 und 2012/13 ähnliche viele Schulanfänger erwartet. Danach geht es steil bergab. Erst ab 2017/18 werden sich laut Prognose der Planer die Zahlen wieder erholen. Die Schulanfänger werden dann entsprechend der Namens-Hitliste Mia, Hanna, Ben und Leon heißen und kommen oder kamen in diesem Jahr auf die Welt.
Meinung

Das ist Verschwendung
Die Zahlen sind bekannt. Schon heute lässt sich sagen, wie viele ABC-Schützen es im kommenden Jahr im Landkreis geben wird. Es werden noch weniger sein als in diesem Jahr. Und sie werden sich in den kommenden Jahren noch stärker auf einzelne Kommunen und Gebiete im Landkreis konzentrieren. Viele der heute noch bestehenden Schulstandorte haben also keine Zukunft. Doch das stört offensichtlich niemanden. Liegt es daran, dass es um die lieben Kinder geht, oder geht es nur darum, keine Proteste nach verordneten Schulschließungen zu riskieren? Fest steht, dass Kinder später nicht auf die schiefe Bahn geraten, weil sie zur Schule ins Nachbardorf gefahren wurden. Fest steht auch, dass finanziell gesehen das Festhalten an möglichst vielen Schulstandorten auf Kosten aller geht. Denn es wird Geld in Gebäude und Einrichtungen investiert, die nüchtern betrachtet niemand braucht. So etwas nennt man auch Verschwendung. Deshalb wäre es ehrlicher und sinnvoller, sich heute zu überlegen, wie Schulstandorte sinnvoll zusammengefasst werden können. Vermutlich wird es jedoch wieder anders kommen. Schulaufsicht und Schulträger werden bei der nächsten Schulschließung so tun, als ob die Erstklässler plötzlich vom Erdboden verschluckt gewesen wären. Das sind sie nicht. Es gibt sie einfach nicht mehr. Die Zahlen sind bekannt. h.jansen@volksfreund.de

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