Zielstrebig durch das Hochhaus

TRABEN-TRARBACH/WOLF. Lesen und schreiben, für die einen ist es Vergnügen, für andere harte Arbeit. Damit es etwas leichter fällt, bietet die Schule am Jugendhof Wolf seit zehn Jahren Intensiv-Kurse für Legastheniker. Mittlerweile haben schon über 300 Mädchen und Jungen an diesen Kursen teilgenommen.

Normalerweise sind Schüler froh, wenn sie in den Ferien mal für einige Wochen nicht die Schulbank drücken müssen. "Am Anfang ist es schwer", bestätigt Jochen Uttendorfer, der die Kurse für Legastheniker leitet. Aber schon am Ende des ersten Unterrichtstags mache sich eine gewisse Heiterkeit bei den Kindern und Jugendlichen bemerkbar. Viele seien an ihren normalen Schulen durch ihr Lese- und Rechtschreibschwäche Außenseiter. Bei dem Ferien-Intensivkurs merkten viele, dass sie nicht allein sind mit ihren Schwierigkeiten. "Es gibt nur positive Rückmeldungen", sagt Uttendorfer. "Hier ist alles besser", findet auch Nancy, die von Elke Frick unterrichtet wird. "Wir haben viel gelesen", erzählt Frick vom Unterrichtsprogramm der vergangenen Woche. Ein komplettes Buch hat sie mit ihren Schülern in Angriff genommen. Immer im Wechsel sollte jeder eine ganze Seite vorlesen. Einige hätten soviel Interesse an der Literatur über die Schweinswale in der Ostsee gezeigt, dass sie schon der Gruppe vorausgeeilt seien und weitergelesen hätten. Alle Schüler versicherten, dass sie daheim fertig lesen wollten. Elke Frick ist sehr zufrieden mit ihren Schülern. Schon nach einer Woche hätten sie sich um zehn bis 20 Prozent verbessert. Neben dem Buch hatte sie den Mädchen und Jungen auch Silben zum Lesen gegeben, die mit unterschiedlichen Schwierigkeiten teilweise auf Zeit entziffert werden mussten. Insgesamt können Legastheniker in drei Hauptgruppen unterteilt werden, erklärt Uttendorfer. Die erste Gruppe habe Probleme mit der Informationsverarbeitung im visuellen Bereich. Die zweite Gruppe Legastheniker könnte Gehörtes nicht gut umsetzen. Dabei ergeben sich vor allem bei Diktaten Schwierigkeiten. Eine dritte Gruppe habe Probleme beim Schreiben durch Schwächen in der Feinmotorik. Allen Gruppen sei gemeinsam, dass bestimmte Vernetzungen im Gehirn fehlen. Diese gelte es zu schaffen, damit eine Aussicht auf Erfolg bestehe. Die 34 Schüler, die in diesem Jahr an dem Intensivkurs teilnehmen, sind je nach Problem und Alter in verschiedene Gruppen aufgeteilt, damit jeder möglichst optimal gefördert werden kann.Unermüdlich bei der Sache

Eine ältere Gruppe hat Unterricht bei Detlef Hackethal, der aus Norddeutschland für den Kurs nach Traben-Trarbach gekommen ist. Er setzt vor allem auf moderne Computer-Programme, die ganz auf die unterschiedlichen Schwierigkeiten abgestimmt sind. Hier sind die Jugendlichen ganz konzentriert bei der Sache. Lena zum Beispiel befindet sich in einem virtuellen Hochhaus und muss verschiedene Rechtschreibtests bestehen, um auf die nächste Etage zu kommen. Die zweite Etage kann sie erfolgreich abschließen, dort geht es um Satzzeichen. In der nächsten Etage gilt es, falsch geschriebene Wörter zu erkennen. Lena hat den Ehrgeiz, am letzten Kurstag noch bis ans Ziel zu kommen, und ist unermüdlich bei der Sache. Auch die anderen sitzen mit voller Aufmerksamkeit vor dem Bildschirm. Zwischen den einzelnen Übungen gibt es immer wieder kleinere Spiele, um die Aufmerksamkeit zu erhalten. "Wenn es den Kindern Spaß macht, nehmen sie das Gelernte besser auf", sagt Hackethal. Doch auch die Eltern werden miteingebunden, beispielsweise bei einem gemütlichen Grillabend. Für die Eltern ist es ebenso wichtig wie für ihre Kinder, auf Menschen mit ähnlichen Problemen zu treffen.

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