Zoff um Beleidigung: Sitzung platzt

Heidenburg · Neuer Höhepunkt im Zwist zwischen Heidenburger Gemeinderat und Bürgerinitiative "Pro Schweich": Die Ratssitzung, in der es um den Bürgerentscheid der Initiative gehen sollte, wurde abgebrochen. Der Grund: Der Rat war nicht mehr beschlussfähig, weil Ratsmitglieder die Sitzung aus Protest verlassen hatten.

Heidenburg. Noch bevor der Heidenburger Rat den ersten Tagesordnungspunkt angesprochen hatte, haben der SPD-Fraktionsvorsitzende Erich Scheit und sechs weitere Ratsmitglieder aus Protest gegen die Bürgerinitiative (BI) "Pro Schweich" den Raum verlassen. Daraufhin hat Ortsbürgermeister Dietmar Jäger die Sitzung wegen Beschlussunfähigkeit für beendet erklärt.
Was war passiert? Am Samstag vor der Sitzung hatte die BI in Heidenburg mit Flugblättern und Megafon aufgefordert, die Ratssitzung zu besuchen. Denn der Rat sollte entscheiden, ob der Bürgerentscheid zulässig ist, mit dem die Initiative im Rahmen der Kommunalreform einen Wechsel des Orts in die VG Schweich erreichen will.
Zu Beginn der Sitzung kritisierte Jäger das Flugblatt, auf dem die Initiative ihren Werdegang darstellt. Es sei "voller Halbwahrheiten und Unwahrheiten", sagte der Ortschef. Zu einer angemessenen Streitkultur gehöre es, bei der Wahrheit zu bleiben, andere Meinungsträger nicht zu beleidigen bis hin zur Androhung von körperlicher Gewalt, so wie es die BI laufend tue. Die Initiative habe sich als unseriös erwiesen. Jäger kündigte an, von der Verwaltung prüfen zu lassen, ob rechtliche Schritte gegen sie eingeleitet würden. Sozialdemokrat Scheit monierte wiederholte Beleidigungen in der Öffentlichkeit. Vom Versagen und einer Muppet-Show des Rats sei die Rede gewesen. Er wolle an keiner Sitzung mehr teilnehmen, bevor sich die Initiative nicht für die Beleidigungen öffentlich beim Rat entschuldigt habe, sagte Scheit. Würden die Beleidigungen wiederholt, würden er und seine Fraktionskollegen ihre Mandate niederlegen. Ortschef Jäger forderte Kai Eiserloh von der BI auf, sich öffentlich zu entschuldigen. Eiserloh war unter den rund 70 Zuschauern. Er lehnte ab. "Ich entschuldige mich nicht für etwas, das ich nicht gesagt habe", sagte er. Daraufhin verließen Scheit und sechs Ratskollegen die Sitzung. Die BI "Pro Schweich" fordert in einer Presseerklärung am Tag nach der Sitzung Ortsbürgermeister Jäger und die ihn tragende SPD-Mehrheitsfraktion auf, "unverzüglich die Praxis der Boykottierung der Beschlussfähigkeit" des Rats einzustellen. Die Aufforderung zur Entschuldigung, noch bevor die BI eine Möglichkeit zur Begründung ihres Bürgerentscheids erhalten habe, sei ein "ungeheuerlicher und zutiefst unwürdiger Vorgang in einem demokratischen Gemeinwesen". Die BI kündigte an, das Verhalten des Ortschefs und der SPD-Fraktion rechtlich prüfen zu lassen. Des Weiteren strebe sie ein Gespräch mit Bürgermeister Hans-Dieter Dellwo und Ortschef Jäger an, sagte Eiserloh.
Meinung

Ist es das wert?
Was in Heidenburg passiert, ist schlimm. Der Streit um den Umgang mit der Kommunalreform hat den Ort entzweit. Nach der aktuellen Eskalation in der Ratssitzung droht das Ganze vor dem Kadi zu landen. Und alles wegen einer Reform, die das Land völlig falsch angepackt hat! Das ist es nicht wert! Die Buhmänner sitzen in Mainz! Dies vor Augen sollten die Beteiligten mit einem starken Moderator versuchen, vernünftig zu reden. Kritik ist nicht gleich Beleidigung und Erpressung kein Weg. Andererseits ist es keine Schande, Fehler in Flugblättern zuzugeben. Zurück zu einem demokratischen Diskurs! Es geht doch um das Beste für die Bürger und den Ort - und in diesem Fall um unterschiedliche Auffassungen über den Weg dorthin. m.maier@volksfreund.de

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