Zu viel Zwist: Kreis-Chor verstummt für immer
Cochem-Zell · Nach Streitigkeiten innerhalb des Kreis-Chores ist es nun zur Auflösung der Sängergemeinschaft gekommen, die einmal über 100 Mitglieder zählte. Einige Sänger wechseln nun zu anderen Chören der Region.
Cochem-Zell. Jetzt ist er verstummt. Bedauern, manchmal auch ein wenig Trauer begleiten die Auflösung des einst 120 Sänger umfassenden Kreis-Chors Cochem-Zell. Nach dem Tod des Leiters Helmut Schmitz vor drei Jahren sollte Michael Fuxius eine neue Ära einleiten. Die endete schneller jetzt als gedacht.
Mit ihrem neuen Leiter Michael Fuxius glaubten die Mitglieder des Kreis-Chores an alte Erfolge anschließen zu können. Bei den Auftritten hatten immer auch Profisolisten und professionelle Orchestermusiker mitgemacht, die der imposanten Größe des Chors zusätzlichen Glanz verliehen. Der neue Chorleiter hatte ein anderes Ziel: Er wollte die stimmlichen Fähigkeiten jedes einzelnen Chormitglieds verbessern und das Klangbild im Ganzen verfeinern. "Da war Potenzial ohne Ende. Da konnte man mit viel Fleiß und Einsatz einiges erreichen. Das war eine reizvolle Aufgabe", begründet Fuxius seine Motivation, den Chor zu übernehmen. "Auf beiden Seiten war eine positive Einstellung. Die erste Probe war toll, die zweite auch. Aber ab der dritten war etwas anders." Er merkte, wie sich einige seinem Stil verweigerten. "Ich polarisiere immer wieder", weiß er selbst.
Fuxius macht seit 25 Jahren Stimmarbeit. Vier Jahre hat er Gesang und Gesangspädagogik studiert. Er arbeitet nach der Lichtenberger Methode, die seit 1982 am Institut für angewandte Stimmphysiologie in Lichtenberg im Odenwald gelehrt wird. Singen, auch Sprechen, wird immer im Zusammenhang mit den Körperfunktionen betrachtet. Zwischen Körper und Klang besteht eine Wechselwirkung. Die praktischen Übungen der Körperwahrnehmung, um ein lockeres Singen und einen besseren Klang zu erreichen, waren nicht jedermanns Sache. Die Frauen im Chor waren eher bereit, sich auf etwas Neues einzulassen. Die meisten Männer hingegen empfanden viele Übungen als Kinderkram. Einer nach dem anderen blieb den Chorproben fern, auch Frauen.
Der Chorleiter sei nicht genügend auf sie eingegangen, ist zum Beispiel ein Vorwurf aus Sängerreihen. "Wir haben gar keine Konzerte gegeben", bedauert eine Sängerin. Das eigentliche Singen sei zu kurz gekommen, die Stimmbildung habe einen viel zu großen Raum eingenommen, ist ein weiterer Vorwurf, der oft zu hören ist. Und schließlich: "Es hat keinen Spaß mehr gemacht."
Die Interessen von Chor und Chorleiter klafften auseinander: Viele Chormitglieder wollten vor allem singen, egal, ob gut oder weniger gut, in Konzerten auftreten und Geselligkeit genießen. Der Chorleiter wollte vor allem den Gesang optimieren. Seine Ansprüche waren so hoch, dass er den Chor noch nicht als konzertreif erachtete.
Auch positive Stimmen
Aber es gibt auch andere Stimmen: "Herr Fuxius machte eine sehr gute, aber ungewöhnliche Stimmbildung. Viele haben die neue Klangstruktur nicht begriffen. Da wurde immer nur gemeckert. Die wollten am Alten festhalten, waren stur. Der Klang hat sich wirklich verbessert. Es war nicht das persönliche Versagen von Herrn Fuxius. Er hat sich sehr viel Mühe gegeben, hat uns Mut gemacht und hatte eine Engelsgeduld." Fuxius gesteht ein: "Es ist mir nicht gelungen, die Leute zu überzeugen. Ich habe tausend Wege versucht, aber den richtigen Weg nicht gefunden."
Erik Meides, langjähriger Vorsitzender des Kreis-Chors, sieht die Probleme vor allem in der Überalterung des Chors: "Die älteren Sänger konnten sich mit den neuen Methoden nicht identifizieren. Sie haben die Lust verloren." So sei der Chor überhaupt nicht mehr vorangekommen. Das wiederum lag für Meides daran, dass es keine kontinuierliche Probenbeteiligung mehr gab, so musste man immer wieder von vorn anfangen. Das Repertoire war zu klein. Als immer mehr Sänger gingen, fehlten natürlich Stimmen, im Tenor war Meides zum Schluss allein. Im Spätherbst 2012 gab auch er auf und der Chor war ohne Vorsitzenden. Ein Nachfolger fand sich nicht.
Meides hatte auch dem Förderverein vorgesessen, weil sonst niemand das machen wollte. Der Förderverein war das finanzielle Rückgrat des Chors. Da sich auch hier kein anderer Vorsitzender fand, löste der Förderverein sich im Dezember 2012 auf.
30 Sänger hatte der Chor da noch. Trotz der Schwierigkeiten war ein Konzert für März geplant. Aber danach, das stand schon fest, würde der Kreischor sich auflösen. Da sich interne Querelen häuften, legte Michael Fuxius entnervt den Dirigentenstab nieder.
Der "harte Kern" wird wohl in einem der anderen - erfolgreichen - Fuxius-Chöre in der Region Unterschlupf finden. Die Energie, einen neuen Kreis-Chor zu gründen, der ihren Vorstellungen entspricht, haben die übrigen Sänger nicht mehr. red