Zuckersirup aus Italien: Winzer laufen Sturm

Der Weinbauverband Mosel läuft Sturm gegen die EU-Vorgabe, Traubensaftsirup aus südeuropäischen Ländern zur Süßung deutscher Weine verwenden zu dürfen. Der Verband sieht darin eine Verfälschung guter deutscher Rebsortenwein. Die Weinkellereien sind anderer Meinung.

 Weineinkauf im Supermarkt: Der Inhalt der Flaschen könnte sich schon bald ändern. Foto: Deutsches Weininstitut

Weineinkauf im Supermarkt: Der Inhalt der Flaschen könnte sich schon bald ändern. Foto: Deutsches Weininstitut

Bernkastel-Kues/Trier. "RTK - nein Danke", sagt der Präsident des Weinbauverbandes Mosel, Adolf Schmitt. Eindringlich warnt er davor, dieses neue, von der EU ermöglichte Weinbereitungsverfahren auch in Deutschland zuzulassen. RTK, das ist Rektifiziertes Traubenmostkonzentrat, hergestellt in Italien, Spanien oder anderen südeuropäischen Ländern. Es ist ein stark konzentrierter Zuckersirup, mit dem man Wein süßen kann. Bislang wird zur Süßung von Wein die sogenannte "Süßreserve" verwendet - Traubensaft, der den gleichen Qualitätsansprüchen genügen muss wie der zu süßende Wein. Viele Weingüter an der Mosel benutzen auch keine Süßreserve. Sie unterbrechen die Gärung, damit nicht sämtlicher Traubenzucker zu Alkohol vergärt wird und so der Wein eine eigene Restsüße behält. Adolf Schmitt kritisiert das von der EU zugelassene Verfahren mit scharfen Worten: "Ein solches Vorgehen lehnen wir für deutsche Weine rigoros ab. Für die Verwendung eines solchen Flüssigzuckers - nichts anderes ist RTK - wurden früher die Staatsanwälte eingeschaltet. Gerichte verhängten hohe Strafen."

Der Weinbauverband ist grundsätzlich gegen RTK für alle deutschen Weine, unabhängig von deren Qualität und Herkunft. Der Verband der Weinkellereien Mosel ist anderer Meinung. Zumindest für die Süßung "einfacher" Weine, sprich Landweine (zum Beispiel Riesling-Landwein der Mosel) oder Rebsortenweine (zum Beispiel Deutscher Riesling) sollte RTK zugelassen werden, nicht aber für Ursprungsweine mit genauer Herkunftsangabe (zum Beispiel Wehlener Sonnenuhr). Albrecht Ehses, Geschäftsführer des Kellereiverbandes Mosel: "Die Kellereien haben RTK für die Süßung nicht gefordert, aber Brüssel lässt das zu. Andere Weinbauländer werden RTK anwenden. Wir plädieren für Wettbewerbsgleichheit."

Der Weinbauverband Mosel ist allerdings strikt gegen jegliche RTK-Süßung deutscher Weine. Schmitt: "Die Qualität eines deutschen Rieslings wird durch den Zusatz eines billigen Flüssigzuckers südeuropäischer Herkunft verfälscht. Dazu darf es nicht kommen." Der Direktor der Winzergenossenschaft Moselland eG, Werner Kirchhoff, sieht keine Möglichkeit mehr, die RTK-Süßung generell für alle deutschen Weine zu verbieten. Kirchhoff: "Für unsere Qualitäts- und Prädikatsweine ist ein Verbot sinnvoll, für die niedrigeren Qualitätsstufen wird es nicht mehr zu verbieten sein."

Meinung

Winzer kontra Kellereien

Auch mir graust es vor der Vorstellung, dass ein guter Mosel-Riesling mit Traubensaftsirup aus Italien gesüßt ist. Aber: Die Top-Weingüter und selbstvermarktenden Betriebe werden dieses Verfahren sicherlich nie anwenden, auch wenn sie es dürften. Außerdem: Deren Weine sind "Ursprungsweine" - und für diese kann der deutsche Gesetzgeber, der die Vorgaben der EU noch umsetzen muss, einen Riegel vorschieben. Das wird er sicher tun, denn eine Süßung von Qualitäts- und Prädikatsweinen mit RTK will niemand, auch die Kellereien nicht. Die Kellereien befürchten aber Nachteile, wenn sie im Gegensatz zur ausländischen Konkurrenz das Verfahren auch bei "einfachen Weinen" nicht anwenden dürfen. Das kann man verstehen. Eine Einigung zwischen Weinbauverband und Kellereien ist daher nicht in Sicht. w.simon@volksfreund.de

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