Zukunft ohne Brunnen

Wittlich · Die Pläne für den 2,8 Millionen Euro teuren Mensaneubau am Cusanus-Gymnasium stehen. Als erste Vorbereitung hat der Kreis bereits Bäume fällen lassen. Ein Kunst-am-Bau-Wettbewerb läuft. Doch was aus dem Brunnen des Bildhauers Hanns Scherl mit den ehemals vier Bronze-Kranichen wird, der seit 43 Jahren den Schulhof zierte, ist ungewiss.

Wittlich. Der Kreis Bernkastel-Wittlich investiert in die Zukunft: 2,8 Millionen Euro kostet der Bau einer neuen Mensa auf dem Schulgelände des Cusanus-Gymnasiums in Wittlich (der TV berichtete). Dort werden ab dem Schuljahr 2015/2016 die Gymnasiasten und Schüler der benachbarten Kurfürst-Balduin-Realschule plus verköstigt. Laut Presseprecher Manuel Follmann hat der Kreis Anfang März auch einen Wettbewerb öffentlich auf seiner Internetseite ausgeschrieben (siehe Extra). Dabei geht es um die "künstlerische Ausgestaltung" des Mensaneubaus. Dafür stehen "30 000 Euro zur Verfügung. Die Kosten sind förderfähig und auch bereits in der Investitionssumme" enthalten. "Das Kunstwerk soll 2015 errichtet und zur Gestaltung des Aufenthaltsbereichs vor dem Mensagebäude auf dem Schulhof beitragen. Es soll frei zugänglich sein und von den Schülern berührt beziehungsweise als Sitzgelegenheit oder Spielgerät genutzt werden können", teilt Follmann mit.
Das künftige Kunstwerk wird nicht das erste sein, das seinen Platz am Gymnasium findet. Rückblick: Das alte, aus den 1930er Jahren stammende Schulgebäude wurde abgerissen und der Neubau im Juni 1970 bezogen. Damals gab es auch einen Wettbewerb für Kunst am Bau, den der Bildhauer Hanns Scherl (1910 bis 2001) gewann. 1971 wurde der von ihm entworfene Brunnen auf dem Pausenhof errichtet - Brunnentrog und Sockel aus Basaltlava, darauf vier Kraniche aus Bronze. Hanns Scherl hat das Vogel-Quartett in verschiedenen Positionen dargestellt, einen von ihnen mit weit geöffneten Schwingen. "Das ist der markanteste Vogel", sagt Scherls Tochter Marianne Baumüller-Scherl.
Drei Kraniche gestohlen


Statt Respekt hat der Brunnen in den vergangenen zehn Jahren das Gegenteil erfahren: 2004 waren zum ersten Mal Diebe am Werk, die einen Kranich stahlen und einen zweiten seiner Standfestigkeit beraubten. Die Täter wurden nie ermittelt. Nachdem der Brunnen 2007 wiederhergestellt werden konnte (Kosten: 16 000 Euro, davon sind 8000 Euro über Spenden zusammengekommen), schlugen Unbekannte 2009 erneut zu wie auch 2012. Folge: Drei Kraniche sind verschwunden, ein weiterer - der mit den ausgebreiteten Flügeln - wurde "so schwer beschädigt, dass er abgebaut werden musste und seither im Schulgebäude lagert", erklärt Follmann. Die Überreste des Kunstwerks fristen ein Schattendasein, zudem könne der Brunnen nicht an seinem Standort bleiben, da dieser im Baufeld der Mensa liege. Über seinen Verbleib sei noch zu befinden. "Hierzu wird sich die Verwaltung mit dem Rechtsnachfolger des Künstlers abstimmen."
Marianne Baumüller-Scherl hat dazu eine klare Meinung. "Es geht nicht, dass so ein Werk einfach verschwindet." Und damit auch "alle Spuren, die ein Erinnern an dieses Kunstwerk und an den Vorgang des Diebstahls möglich machen. Ich sehe in dem gestürzten Kranich einen Ikarus", sagt sie, "er steht symptomatisch für die ganze Geschichte." Ein erstes Gespräch habe sie telefonisch mit einem Mitarbeiter der Kreisverwaltung geführt, der ihr mitgeteilt habe, dass die Basaltlavaelemente nicht erhalten bleiben, und er habe ihr den verbliebenen Bronzekranich angeboten. "Das war sehr befremdlich für mich." Mit ihrem Bruder wolle sie die Rechtslage prüfen, sondieren, was machbar sei und ein Gespräch am liebsten perönlich mit Landrat Gregor Eibes führen.
Die Schule hat eine Arbeitsgruppe gegründet, die sich um die Pausenhofgestaltung kümmert. Laut Schulleiter Wolfgang Mayer soll diese auch überlegen, "wie man mit dem verbliebenen Kranich umgeht". Denkbar sei es, ihn "sinnvoll ins Schulhofgelände zu integrieren." Allerdings müsse man Kontakt mit Marianne Baumüller-Scherl aufnehmen und klären, inwieweit auch nur Teile des Kunstwerks verwendet werden dürften. Baumüller-Scherl sagt, sie könne sich vorstellen, dass der Sockel und der Kranich an der Schule an anderem Standort als identifikationsstiftendes Kunstwerk erhalten bleiben.
Meinung

Ein Denkmal für Respekt
Die Reparatur des Schulbrunnens am Cusanus-Gymnasium ist bei der Finanzlage des Kreises ein schwieriges Unterfangen. Allerdings investiert der Kreis gerade 2,8 Millionen Euro in einen Mensaneubau inklusive Kunst-am-Bau-Projekt. Auch der Scherl-Brunnen von 1971 ist einmal mit Steuergeldern errichtet worden. Selbst wenn nach mehreren Diebstählen nur noch Reste des Kranich-Ensembles erhalten geblieben sind, muss über einen würdigen Umgang mit dem von einem Künstler geschaffenen Werk nachgedacht werden. Alles andere würde an Missachtung grenzen. Die Brunnenreste könnten an einem neuen Standort als Denkmal für einen respektvollen Umgang mit kulturellen Werten und Kunst im öffentlichen Raum stehen. c.fischer@volksfreund.deExtra

Die Kreisverwaltung hat Anfang März für den Bau der neuen Mensa einen "Einladungswettbewerb" mit einem vorgeschalteten Bewerbungsverfahren öffentlich bekannt gemacht und auf der Internetseite des Landkreises veröffentlicht. Bewerbungen mit Vita und drei Referenzobjekten konnten bis zum 31. März bei der Kreisverwaltung eingereicht werden. Aus den insgesamt 20 eingereichten Bewerbungen wurden Anfang Mai insgesamt drei Künstler ausgewählt und eingeladen, um eine Entwurfsbearbeitung zu erstellen. Für die zum Wettbewerb eingeladenen Künstler findet Mitte Mai ein zeitlich gestaffeltes Kolloquium statt. Die Entwürfe sind bis Mitte Juni bei der Kreisverwaltung Bernkastel-Wittlich abzugeben. Danach entscheidet die Jury, die mit fachkundigen Personen besetzt ist, über die Auswahl der Vergabe", teilt Kreispressesprecher Manuel Follmann auf TV-Anfrage mit. cofi

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