Zwei Hektar erlaubt, 20 wurden abgeholzt

Bruchweiler/Hochscheid · Eine riesige kahl geschlagene Fläche erschreckt die Autofahrer an der Straße zwischen Hinzerath und Bruchweiler. Hat der Besitzer Pierre Fruytier, dem das Hochscheider Sägewerk gehört, dort mehr abgeholzt, als der Sturm im vergangenen Sommer umgeworfen hat? Die Forstverwaltung ermittelt. Der Besitzer weist jede Schuld von sich.

 Nur noch Stümpfe statt Bäume: Eine gerodete Waldfläche bei Hottenbach. TV-Foto: Klaus Kimmling

Nur noch Stümpfe statt Bäume: Eine gerodete Waldfläche bei Hottenbach. TV-Foto: Klaus Kimmling

Bruchweiler/Hochscheid. Baum-stümpfe, so weit das Auge reicht. Ein Riesenloch klafft im Vierherrenwald, gut zu sehen von der Straße zwischen Hinzerath und Bruchweiler oder Richtung Hottenbach. "Ich war erschrocken über den Anblick", sagt Günter Meierer aus Osann-Monzel.
Seine Frau, die regelmäßig auf dem Weg zur Arbeit dort vorbeikommt, fragt sich schon eine Weile: Wieso wird dort nicht mehr aufgeforstet? Diplom-Forstwirt Kai-Uwe Ostermann widerspricht. "Wir forsten wieder auf. Spätestens bis zum Herbst wollen wir damit fertig sein. Zurzeit sind 40 Leute nur mit den Pflanzungen beschäftigt."
Ostermann arbeitet für Pierre Fruytier, den Besitzer des 450 Hektar großen Vierherrenwaldes. Fruytier ist Geschäftsführer der gleichnamigen belgischen Unternehmensgruppe mit neun Sägewerken, darunter der Firma Karl Decker in Hochscheid.
Doch warum ist überhaupt eine solch riesige Fläche Wald kahl geschlagen worden? Ostermann spricht von 20 Hektar (etwa 24 Fußballfelder), Gerd Womelsdorf, Direktor des Forstamts Rhaunen von bis zu 30 Hektar. Das Landeswaldgesetz lässt gerade mal die Rodung von maximal zwei Hektar zu. Ostermann erklärt: "Im August des vergangenen Jahres hat es einen starken Sturm hier gegeben. Wir haben nur das Schadholz aufgearbeitet und uns an die Gesetze gehalten." Letzteres wird zur Zeit von der Zentralstelle für Forstverwaltung in Neustadt an der Weinstraße geprüft. Denn es besteht laut Womelsdorf der Verdacht, dass der Besitzer mehr als die geschädigten Bäume geschlagen hat. Strittig sei die Abholzung von 15 Hektar.
In ein paar Wochen werde entschieden, ob es sich um eine Ordnungswidrigkeit handele, heißt es in der Zentralstelle. Eine Ordnungswidrigkeit kann mit einem Bußgeld von bis zu 25 000 Euro belegt werden. Eine kleine Summe im Vergleich zu den geschätzten mehreren Millionen Euro, die das Holz wert sein dürfte, das im Vierherrenwald in den vergangenen zehn Jahren geerntet wurde. Ostermann stellt klar: "Wir hatten viele Stürme in den vergangenen Jahren. Sie haben immer wieder einige Hektar Wald zerstört." Das Gelände befinde sich auf dem höchsten Punkt des Idarwaldkamms und sei deshalb besonders anfällig. Doch jede Fläche, auf der geerntet wurde, ist laut Ostermann aufgeforstet worden. Der Wald sei auch komplett vorgeschädigt. Bevor ihn Fruytier 2000 gekauft habe, sei das Gebiet 30, 40 Jahre lang nur zum Jagen genutzt worden. Waldbewirtschaftung hat es laut Ostermann in dieser Zeit nicht gegeben, obwohl sie vorgeschrieben ist. Der Nadelholzwald sei deshalb zerfressen und faule.
Forstdirektor Womelsdorf schätzt, dass in den vergangenen zehn Jahren etwa die Hälfte des gesamten Betriebs kahl geschlagen wurde. Die negativen Folgen: Der Boden verliert an Nähstoffen und kann weggeschwemmt werden. Im Gegensatz zum Kahlschlag ist die ebenfalls auf einer Teilfläche im Vierherrenwald praktizierte Rodung der Bäume samt Wurzel in Deutschland nicht verboten, aber auch nicht üblich. Nach einem Hinweis des Forstamts hat Fruytier diese Praxis gestoppt.Extra

Zum Vierherrenwald gehört ein Forsthaus, das gerade renoviert wird, und ein Jagdschloss. Letzteres heißt auch Gerstenmaier-Schloss nach seinem einstigen Besitzer Eugen Gerstenmaier, von 1954 bis 1969 deutscher Bundestagspräsident. Auch die Familie Holm, Eigentümer der Marmeladenwerke in Bad Schwartau, soll das Schloss einmal besessen haben. mai

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