Zwei Jäger, ein Revier: Ärger im Klosterwald

Großlittgen · Wer darf auf dem 160 Hektar großen Gebiet der Abtei Himmerod jagen? Eine Frage, die derzeit vor Gericht verhandelt wird. Der Zi sterzienserorden hat im vergangenen Jahr einen Pachtvertrag mit einem Jäger aus der Region geschlossen. Dagegen wehrt sich dessen Vorgänger: Er verweist auf einen gültigen Vertrag bis 2066. In erster Instanz hat er vor dem Landgericht Trier Recht bekommen.

 Wer in den Wäldern rund um das Kloster Himmerod jagen darf, diese Frage muss vor Gericht geklärt werden. TV-Foto: Archiv/Marietta Schmuhl-Daschner

Wer in den Wäldern rund um das Kloster Himmerod jagen darf, diese Frage muss vor Gericht geklärt werden. TV-Foto: Archiv/Marietta Schmuhl-Daschner

Großlittgen. Es ist ein Stoff, aus dem Romane gemacht werden. Eine Geschichte, die ihren Anfang Mitte der 1950er Jahre nimmt, als ein junger, beruflich schon damals sehr erfolgreicher Mann aus Nordrhein-Westfalen als Gast an einer Jagd in der Eifel teilnimmt. Er hört dort von der Abtei Himmerod, spendet ihr Geld und besucht das Kloster einige Zeit später. Als er in seiner grünen Jägerkluft an der Pforte klingelt, fragt der Pater, der ihm öffnet: "Sind Sie Jäger? Wollen Sie nicht die Jagd von uns pachten?"
Weiterhin Ungewissheit


Und so wird 1961 der erste Vertrag zwischen der Abtei Himmerod und dem Bauunternehmer sowie dessen Bruder über die Jagd auf dem 160 Hektar großen Gebiet des Klosters geschlossen. Weitere Verträge folgen, zudem spenden die beiden vermögenden Brüder über Jahrzehnte hinweg immer wieder größere Summen - bis zum heutigen Tag mehrere hunderttausend Euro.
Eine harmonische Geschichte - bis die Abtei Himmerod im Jahr 2011 in eine wirtschaftliche Schieflage gerät (der TV berichtete). Alles kommt auf den Prüfstand, so auch die Verträge mit dem Bauunternehmer - sein Bruder ist bereits Anfang 2001 gestorben. Das Ergebnis: Der Orden vertritt nun die Auffassung, dass kein typischer Jagdpachtvertrag besteht, bei dem der Jäger hätte Jagdsteuer bezahlen und das Revier als Pächter hätte voll übernehmen müssen. Man habe ihm durch die Verträge lediglich das Recht eingeräumt, auf dem Abtei-Gelände zu jagen.
Der Bauunternehmer sei auch nicht wie vorgeschrieben bei der Unteren Jagdbehörde als Jagdpächter angezeigt worden.
Die Abtei will das Vertragsverhältnis daher neu regeln und legt einen neuen Vertragsentwurf vor: Statt des bisher vereinbarten jährlichen Pachtzinses von etwa 1800 Euro will sie nun 3750 Euro und eine Laufzeit des Vertrags von acht Jahren. Dazu allerdings ist der Bauunternehmer nicht bereit: auch, weil erst ein Jahr zuvor der bisher bestehende Vertrag über 2033 hinaus bis 2066 verlängert worden war. Es folgt ein reger Schriftwechsel ohne Ergebnis. Bis die Abtei Himmerod dem Mann schließlich im vergangenen Frühjahr mitteilt, den Bezirk anderweitig zu verpachten, was auch geschieht: Ein Jäger aus der Verbandsgemeinde Wittlich-Land ist seitdem neuer Jagdpächter in Himmerod.
Oder auch nicht: Denn das Landgericht Trier hat mittlerweile festgestellt, dass der eingetragene Verein als Träger der Abtei Himmerod (siehe Hintergrund) gar keinen Pachtvertrag mit dem neuen Jäger hätte schließen dürfen: Es gelte weiterhin der Pachtvertrag mit dessen Vorgänger, eben jenem Jäger aus Nordrhein-Westfalen. Dieser hatte nämlich geklagt, nachdem das Kloster ihm die Jagdausübung auf Himmeroder Gebiet untersagt und gar mit einer Anzeige gedroht hatte, falls er dort weiterhin jage oder mit einer Waffe angetroffen werde.
Sein Jagdrecht ausüben darf der Mann trotz des für ihn positiven Richterspruchs (siehe Extra) jedoch nicht. Der Verein Abtei Himmerod hat Rechtsmittel gegen das Trierer Urteil vor dem Oberverwaltungsgericht in Koblenz eingelegt.
Bis der Rechtsstreit endgültig entschieden ist, will sich der verhinderte Jagdpächter nicht zu dem Fall äußern. Wohl auch, weil er immer noch auf ein Happy-End der Geschichte und ein gutes Verhältnis zu den Vertretern des Klosters hofft. Und auch Bruder Konrad von der Himmeroder Abtei nennt es "schade, dass es so weit kommen musste". Bis sich die Koblenzer Richter allerdings des Falls annehmen, herrscht weiterhin Ungewissheit, wer auf dem Grund und Boden des Klosters tatsächlich Wild schießen darf.Extra

Der Verein "Abtei Himmerod OCist. e.V." ist Inhaber sämtlicher Rechte und Pflichten, die die Abtei Himmerod betreffen. Zudem gilt er nach der Rechtsauffassung als handelnde Person. Vereinsmitglieder sind ausschließlich die Mönche der Abtei. Der Vorstand des Vereins setzt sich nach der Satzung des Vereins zusammen aus dem Abt, dem Prior als stellvertretendem Vorsitzenden und dem Verwalter. nebExtra

Nach Auffassung des Trierer Landgerichts sind die zwischen dem Kloster und dem Bauunternehmer geschlossenen Verträge sehr wohl als Jagdpachtverträge zu beurteilen. Zum einen sei in den Dokumenten an mehreren Stellen von einem "Jagdpachtvertrag", nicht von einem bloßen "Jagdausübungsrecht" die Rede. Auch sei geregelt worden, dass der Jäger vollständig für entstandene Wildschäden aufkomme, was ebenfalls einem typischen Jagdpachtvertrag entspreche. Es spiele auch keine Rolle für die Wirksamkeit des Vertrags, dass dieser nicht bei der Unteren Jagdbehörde angezeigt worden war. Ein Anspruch auf Anpassung oder gar Kündigung des Vertrags aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten bestehe dagegen nicht. neb

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