Zwei Wanderfreunde und eine ärgerliche Fahrt mit der Bahn

BURGEN. Ralf Haas und Torsten Heusinger aus Burgen erinnern sich nur ungern an den 30. August dieses Jahres. Die beiden Freunde wollten an diesem Tag in der Nähe von Koblenz eine zünftige Wanderung unternehmen. Doch während der Fahrt mit der Bahn ab Wittlich-Wengerohr machten sie eine unerfreuliche Bekanntschaft mit dem Fahrtkarten-Kontrolleur.

"Rheinland-Pfalz-Ticket: Ein toller Tag für 23 Euro", heißt es in der Werbebroschüre der Bahn. Einen tollen Tag hatten sich auch Ralf Haas und Torsten Heusinger versprochen, als sie am 30. August kurz nach 8 Uhr am Bahnhof Wittlich-Wengerohr den Regionalzug RB 12217 in Richtung Koblenz bestiegen. Zumindest Ralf Haas ist kein "erfahrener" Bahnfahrer, er kennt sich mit den unzähligen Tarifen und Spezial-Angeboten der Bahn nicht besonders gut aus. Weil zu diesem Zeitpunkt der Bahnhofsschalter geschlossen war, begaben sich die beiden zum Fahrkarten-Automaten und drückten den Knopf "Rheinland-Pfalz-Ticket". Was sie aber offenbar nicht wussten: Das günstige Ticket, mit dem bis zu fünf Leute einen Tag lang für 23 Euro mit Bus und Zug quer durch Rheinland-Pfalz und das Saarland fahren können, gilt erst ab 9 Uhr morgens. Gerät defekt - Kontrolleur lehnt Geld ab

Als der Kontrolleur gegen 8.30 Uhr die Fahrkarten verlangte, waren sie noch guten Mutes. Das änderte sich aber schnell, als er ihnen eröffnete, sie seien Schwarzfahrer und müssten jeweils 40 Euro zahlen. Ralf Haas gegenüber dem TV: "Das groß und fett gedruckte ,gültig am 30.08.06' stach direkt ins Auge, für das Kleingedruckte ,gültig ab 9 Uhr' hätte ich eine Lesebrille benötigt. Wir waren uns beide nicht bewusst, dass wir trotz der bereits gezahlten 23 Euro Schwarzfahrer sind." Die beiden Bahnfahrer boten dem Kontrolleur zunächst an, die mögliche Preisdifferenz für die Strecke, auf der das Ticket noch nicht galt, nachzulösen. Der Kontrolleur lehnte ab. Torsten Heusinger, ziemlich genervt, griff schließlich in seinen Geldbeutel und reichte dem Kontrolleur die 40 Euro in bar. Doch der Kontrolleur konnte das Geld nicht annehmen, da sein tragbares Gerät wegen eines Defekts den Beleg nicht ausspuckte. Der in Zivil gekleidete Kontrolleur verlangt daraufhin die Personalien der "Schwarzfahrer", damit die Bahn eine Zahlungsaufforderung über jeweils 40 Euro an die beiden Burgener schicken könne. Ferner drohte der Kontrolleur laut Torsten Heusinger nach einer längeren Diskussion: "Falls Sie keinen Personalausweis dabei haben, müssen Sie mit zur Polizei nach Koblenz, wo dann die Personalien festgestellt werden. Ralf Haas kann es heute noch nicht fassen: "Wir kamen uns vor wie Verbrecher." Schließlich zückten sie ihre Personalausweise, und bereits wenige Tage später flatterte den beiden Bahnfahrern die schriftliche Aufforderung der Bahn über die Fahrpreisnacherhebung ins Haus. Ralf Haas, der höchsten zwei-, dreimal im Jahr die Bahn benutzt, ist sprachlos ob der Art und Weise "wie mit uns umgesprungen wurde". Dabei, so Haas, habe man doch versucht, "alles richtig zu machen". Und Torsten Heusinger meint: "Wenn das die neue Art der Bahn ist, mit ihren Kunden umzugehen, dann finde ich das schade. Die Beratung beim Fahrkartenkauf ist ja auf den kleinen Bahnhöfen schon Vergangenheit - meist ist man auf Selbstbedienung am Automaten angewiesen. Ich nutze die Bahn öfter, wenn auch eher im Fernverkehr, und habe so manche Verspätung und damit verbundene verpasste Anschlusszüge geschluckt. Aber hierfür finde ich keine Worte."20 Euro zurück nach Reklamation

Ein Bundesbahnsprecher antwortete auf Anfrage des TV zu dem Fall: "Die Bedingungen für das Rheinland-Pfalz-Ticket sind sowohl in den Prospekten, beim Lösen des Tickets am Automaten sowie auf dem Ticket selbst deutlich lesbar angegeben. Es handelt sich also durchaus nicht um Beförderungsbedingungen, die nur im Kleingedruckten unter den Allgemeinen Geschäftsbedingungen nachgelesen werden kön- nen." Um einem Missbrauch nicht Tür und Tor zu öffnen, seien die Zugbegleiter und Kontrolleure angewiesen, bei Nichtbeachtung der besonderen Zulassungsbestimmungen für die Sonderangebote der Bahn eine Fahrpreis-Nacherhebung über 40 Euro auszustellen. Es müsse berücksichtigt werden, dass viele Nahverkehrszüge gar nicht mit Zugbegleitern ausgestattet seien, die überhaupt ein Zusatzticket ausstellen könnten. Deshalb sei an den Nahverkehrszügen an den Einstiegstüren auch der Hinweis "Einstieg nur mit gültigem Fahrausweis" angebracht. Die Ausstattung der Nahverkehrszüge mit Zugbegleitern werde im Übrigen vom Besteller, hier also vom Land Rheinland-Pfalz, vorgegeben. Ferner könne sich ein Fahrgast, der sich ungerecht behandelt fühlt, an die Fahrpreis-Nacherhebungs-Hotline wenden. Heusinger und Haas haben inzwischen von dieser Nacherhebungs-Hotline Gebrauch gemacht und ihr Erlebnis mit der Bahn geschildert - mit einem Teilerfolg: Die Bahn erließ beiden 20 der zunächst geforderten 40 Euro.

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