24 Stunden die Mosel im Blick

Wenn das Wasser der Mosel bedrohlich ansteigt, hat der Kestener Josef Jung reichlich zu tun. Der Rentner hat es übernommen, den am Hochwasserdamm installierten Pegel Kesten zu kontrollieren. Die ehrenamtliche Aufgabe hält ihn nicht nur tagsüber sondern auch nachts auf Trab.

Kesten. Der aktuelle Pegelstand bringt Josef Jung nicht aus der Ruhe. 108 Zentimeter hat er am Freitag am neuen Pegel Kesten abgelesen. Kritisch werde es erst ab 200 Zentimetern. "Dann informiere ich den Feuerwehrchef oder den Ortsbürgermeister. Diese erkundigten sich dann in Trier nach dem aktuellen Sachstand, um den Aufbau der mobilen Teile des Hochwasserschutzdamms zu veranlassen." Die Beteiligung am Dammaufbau sei immer sehr groß. Jüngere wie Ältere packten da mit an.

Keine Last, sondern eine Selbstverständlichkeit



Das stündliche Ablesen des im Zuge des Dammbaus installierten Pegels sieht der Rentner nicht als Last, sondern fast als Selbstverständlichkeit. "Ich mach das gern", versichert Jung, der diese Aufgabe unentgeltlich übernommen hat. Schließlich wohnt er unmittelbar an der Mosel, die er ohnehin stets im Blick hat.

Auch Ehefrau Elisabeth, die der früheren Fährfamilie des Ortes entstammt, fühlt sich der Aufgabe verpflichtet. Bis 1969 setzte sie selbst noch regelmäßig über, und sie weiß, was es bedeutet, mit Hochwasser zu leben. Allerdings war ihr etwas erhöht stehendes Haus immer relativ spät betroffen. Der tiefste Punkt in Kesten sei in der Moselstraße, die parallel zu der am Ort vorbeiführenden Kreisstraße verläuft.

Doch auch für sie war der eigene Kahn bei Hochwasser unverzichtbar. Dass ihr an der Mosel vertäutes Boot nun als Blumenkübel dient, ist für die Familie noch ungewohnt. Zu Hochwasserzeiten behält Jung den Pegel selbst nachts im Auge. Allerdings kontrolliert er dann nicht stündlich wie zwischen morgens sieben und nachts ein Uhr.

Doch er schaut zwischendurch immer mal durchs Fenster. "Es wäre ja schlimm, wenn das Dorf trotz Damm überflutet wäre", begründet er sein unermüdliches Engagement.

Sobald der Damm fertig montiert ist, muss Jung eine Leiter an die Spundwand anstellen, um von der Mauerkrone aus den Pegelstand ablesen zu können. Sobald es dämmert, nimmt er dafür eine Taschenlampe mit. Gefährlich werde es aber erst, wenn die Mosel auf der Straße stehe: "Denn der Kestener Schutzdamm ist so dimensioniert, dass er lediglich vor normalen Hochwassern schützt und nicht vor Jahrhunderthochwassern wie 1993.

Ungewöhnlich war laut Jung aber auch das Hochwasser zu Jahresanfang. Die Aussage, dass es etwa sechs Stunden brauche, bis der Trierer Pegelstand Kesten und seine Nachbarorte erreiche, habe dieses Mal nicht gepasst. Ursache sei das Schmelzwasser der unterhalb des Trierer Pegels in die Mosel einmündenden Nebenflüsse Ruwer, Salm, Kyll und Dhron gewesen. Glücklicherweise habe die Schneeschmelze in den Vogesen bereits um Weihnachten eingesetzt.

Auch Ortsbürgermeister Michael Beer weiß, dass die Sechs-Stunden-Regel nicht immer zutrifft. Umso mehr schätzt er Jungs Engagement. "Er macht das gerne und macht es verlässlich", lobt Beer. Die Fähre hat die Familie bis zum Bau der Moselbrücke zwischen Lieser und Mülheim betrieben.

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