Alles neu?

Jahreswechsel, wieder einmal. Kennen wir ja. Eine knappe Woche nach dem Weihnachtsfest verabschieden wir uns von dem, was gewesen ist, und begrüßen das, was auf uns zu kommt. Same procedure as every year… (Die gleiche Prozedur wie jedes Jahr…), wie es so schön in der alljährlich uns auf mehreren Fernsehprogrammen berieselnden Komödie "Dinner for one" heißt.

In diesem Fall aber ist es doch anders. Nein, es muss einfach anders sein!Die letzten Tage haben gezeigt, wie schnell alles anders werden kann. Wer hätte von uns je gedacht, dass ein Erdbeben eine Flutwelle auslöst, die eine Verheerung solchen Ausmaßes anrichtet? Unvorstellbar für uns. Wer von uns kann sich denn schon dieses Elend vorstellen? Nein, die Welt läuft nicht nur rund, und das Leben in ihr kann auf unterschiedliche Weise uns plötzlich durcheinander wirbeln oder sogar schlagartig beendet sein. Leben ist und bleibt eine Gratwanderung. Aber wie das bei solchen Gratwanderungen dann auch ist: Neben dem Blick rechts und links in die Tiefe kann man sich auch an einem herrlichen Blick erfreuen. Diese Welt und das Leben auf ihr haben viele Facetten. Auch im vergangenen Jahr bin ich sehr froh gewesen über gute Erfahrungen und tiefe Begegnungen mit anderen Menschen. Ich sehe auf das, was erreicht wurde, auf Fortschritte und neue, manchmal wunderbare Erkenntnisse. Das Geschenk neuen Lebens unter uns und die Erfahrung von Bewahrung gehören dazu. Nein, im Blick auf das vergangene und im Ausblick auf das kommende Jahr ist beides gegenwärtig: Schönes und Schweres. Präsent ist für mich aber die Verheißung des Sehers Johannes, der von Gott erfahren hat: "Siehe, ich mache alles neu!" Er wird alle Tränen abwischen, Geschrei und Leid werden aufhören, und selbst der Tod muss seine Lizenz abgeben. Und Gott wird mitten unter uns wohnen. Eine großartige Vision, die nicht vertröstet, sondern die Kraft geben will, sich dem Alltag des neuen Jahres zu stellen. Damit ich, frei nach Luther, "mein Apfelbäumchen pflanze", in der Zeit, die mir geschenkt ist auf dieser wunderbaren und doch auch so grausamen Welt. Vielleicht, indem ich dort mit zupacke, wo ich dringend gebraucht werde. Ob nun im flutzerstörten Asien oder bei mir zu Hause. Ich wünsche allen ein gutes neues Jahr. Gott befohlen.Ulrich Müller, evangelischer Pfarrer von Irmenach, Lötzbeuren und Raversbeurendj/-pf.

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