Altbau ist Neuland für Kalifornier

Eine amerikanische Familie suchte in Orenhofen eine Bleibe und verliebte sich in ein ehemaliges Bauernhaus von 1896. Für die Kalifornier war solch ein altes Haus etwas ganz Neues.

Orenhofen. Amerikaner schätzen in Deutschland die "german gemutlichkeit" und alles, was alt ist. Dazu gehören Traditionen wie Oktoberfest und Weihnachtsmarkt, historische Mauern von Schloss Neuschwanstein oder die Wartburg. Es müssen nicht mal berühmte Denkmäler sein, es reicht ein einfaches altes Bauernhaus, um zu begeistern. So ging es auch Brian und Rebekah Rogers, die 2006 mit ihren Töchtern von Kalifornien in die Eifel zogen. In Orenhofen fanden sie das Dorf, in dem sie bleiben wollten.

Bei der Haussuche stieß das Ehepaar Rogers auf ein Bauernhaus von 1896, frisch renoviert. Weiße Sprossenfenster umrahmt von einem rötlich braunen Sandsteingesims, ein mit Natursteinen gepflasterter Hof mit einem großen Walnussbaum, im ehemaligen Kuhstall ein MAN-Traktor von 1959. Im Haus ein Flur mit Fliesen von der Jahrhundertwende, Holzdielen aus dem 19. Jahrhundert in den anderen Zimmern, ein Holzofen als Ergänzung zur Zentralheizung im Wohnzimmer. Deutsche Gemütlichkeit. Die Rogers staunten.

"Wir hatten noch nie so alte Häuser gesehen. In Kalifornien ist alles neu", erzählt Brian Rogers. "Das Haus ist perfekt", finden sie noch heute. Die Schönheit und den ortsbildprägenden Charakter des Hauses, das 1896 als "Trierer Landhaus" mit Stall, Scheune und Wohnbereich unter einem Dach errichtet und 1927 erweitert wurde, hat Vermieter Rudolf Zenner selbst erst erkannt, nachdem er Orenhofen verlassen hatte und nach Trier in die Stadt gezogen war. Daraufhin beschloss er, sein Elternhaus in der Eifel zu restaurieren.

Erbaut hatte es sein Großvater Nikolaus, der jeden Stein mit eigenen Händen aus den umliegenden Steinbrüchen gehauen hat. "Es erscheint paradox", sagt Zenner, "aber man muss das Alte verändern, um es zu erhalten." Vor dem Haus schiebt er auf dem Boden einen rostigen Metalldeckel zur Seite und zeigt den darunterliegenden Pütz, der bis oben hin voll mit Wasser ist. Aus dem noch immer funktionierenden Brunnen schöpften seine Großeltern und Eltern das Wasser in den danebenstehenden Schweinetrog aus Sandstein. Daneben ist ein Schleifstein in das Pflaster eingelassen. Er erinnert an Rudolf Zenners Großvater, der in den 30er Jahren im eigenen Steinbruch Schleifsteine aus Buntsandstein herstellte. Ein paar Schritte weiter auf der Wiese deutet Zenner auf einen kleinen von einem Mäuerchen eingefassten Platz: Die ehemalige Mistsammelstelle. Ein Grill weist sie heute als Barbecue-Platz der amerikanischen Mieter aus.

In vier Monaten geht Rudolf Zenner als Verkaufsleiter bei der Bitburger Brauerei in den Ruhestand. Dann will er sich ganz seinem Hobby widmen: dem alten Haus und seinem Garten. Wenn Brian und Rebekah Rogers mit ihren fünf Töchtern nächstes Jahr in die USA zurückkehren, nehmen sie die Erinnerung an ein Stück Eifeler Geschichte mit: Ein Foto von der Zemmererstraße 59. Extra Der Buntsandstein, wie ihn Nikolaus Zenner beim Bau seines Hauses in der Zemmererstraße 59 verwendete, hat für Orenhofen eine besondere Bedeutung. In der Zeit um 1930 arbeiteten viele Orenhofener Bürger in den Sandsteinbrüchen, in Maurer-, Steinmetz- und Schleifsteinbetrieben. Der Sandstein wurde hauptsächlich im Grundsgraben, am Daufenbacher Berg sowie unterhalb des Friedhofs abgebaut. Aus ihm wurden Schleifsteine und Mauersteine gehauen. Das Aufkommen des Kunststeins und der Betonbauweise bedeutete das Ende der Sandsteinindustrie in Orenhofen um das Jahr 1950 herum. (sys)

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