Gesellschaft Fensterrettung vor dem Kirchenabriss

Bernkastel-Kues · Wehmut wird manche Leute beschleichen, wenn sie in diesen Tagen an der Marienkirche im Stadtteil Kues vorbeigehen oder vorbeifahren. Das Gelände zwischen der Brüningstraße und dem Bergweg ist umzäunt. Baufahrzeuge stehen dort, Arbeiter in Schutzkleidung entfernen per Hand die asbesthaltigen Dachziegel und entsorgen sie vorschriftsmäßig. Die Tage des im Februar 2011 entweihten Gotteshauses sind gezählt. Am kommenden Montag, 19. März, soll der eigentliche Abriss beginnen.

 Marienkirche von innen mit ausgebauten Fenstern Foto: Klaus Kimmling

Marienkirche von innen mit ausgebauten Fenstern Foto: Klaus Kimmling

Foto: Klaus Kimmling

Überraschend kommt das nicht. Im Februar 2011 hat Bischof Stefan Ackermann die Kirche profaniert, wie es in der Kirchensprache heißt. Der Verwaltungsrat der Kirchengemeinde St. Briktius  Kues hatte dies vorher beantragt. In dem Dekret des Bischofs heißt es unter anderem: „Damit verliert die Marienkirche ihre Segnung beziehungsweise Weihe und kann einer anderen, aber nicht unwürdigen Bestimmung zugeführt oder gänzlich niedergelegt werden.“

Das geschieht nun. Dem Erdboden gleichgemacht werden das moderne Kirchenschiff mit dem markanten Pultdach und der separat stehende Glockentrum. Auf dem Gelände errichtet die St. Raphael Caritas Alten- und Behindertenhilfe (CAB) ein barrierefreies Wohnheim für 24 Menschen mit Behinderungen. Außerdem entstehen eine Tagesförderstätte mit 20 Plätzen und im Obergeschoss des vierstöckigen Gebäudes fünf ebenfalls barrierefreie  Wohnungen, die auf dem freien Markt angeboten werden.

 Die verbliebenen Fenster in der Marienkirche. Foto: Marc Föhr

Die verbliebenen Fenster in der Marienkirche. Foto: Marc Föhr

Foto: Förhr Marc

Die Gesamtinvestition beläuft sich nach CAB-Angaben auf fünf Millionen Euro. Im Herbst 2019 sollen die neuen Bewohner einziehen.

„Speziell bei älteren Menschen und auch bei mir ist eine gewisse Wehmut zu spüren“, sagt Dechant Georg Moritz. Doch es gebe keine Alternative. Die Kirche hätte saniert werden müssen. Es mache aber keinen Sinn ein leerstehendes Gotteshaus zu unterhalten.

St. Marien war am 1. Mai 1963 geweiht worden. Damals wuchs der Stadtteil Kues schnell. Die Briktiuskirche in Altkues schien zu klein zu sein und man wollte die Neubürger mit einer neuen Kirche beglücken. Das war einmal. Die rückläufige Zahl der Kirchgänger mache den Schritt unvermeidlich, sagt Moritz. Die letzte heilige Messe wurde 2008 gefeiert.

Marc Föhr, 1966 geboren, ist  in der Nähe der Kirche groß geworden und lebt immer noch dort. Natürlich gebe es zwiespältige Gefühle, wenn eine Kirche abgerissen wird. „Das durch die Fenster einfallende besondere Licht wird mir in Erinnerung bleiben“, sagt der Fotograf. Er hat das Gebäude vor wenigen Tagen auch noch von innen fotografiert.

Apropos Fenster: Wehmut kommt auch auf, weil damals nicht wenige Leute für die künstlerisch gestalteten Scheiben Geld spendeten. Sabine Krämer berichtet von einem Gespräch mit zwei Frauen. „Sie erzählten, dass die Fenster zur Brüningstraße ausgebaut und verkauft wären, jedoch die Fenster zum Bergweg mit einem Bagger herausgerissen würden.“ Die Begründung sei: Sie seien so verbaut, dass sie nicht ausgebaut werden könnten.

Fakt ist: Diese Fenster sind bereits entfernt. Hinter dem Altar ist noch eine große Glasfassade erhalten. In dem Pfarrbrief, der zwischen dem 28. September und dem 8. November 2017 gültig war, hatte die Kirchengemeinde angeboten, große und kleine Fenster gegen eine Spende ausbauen zu lassen.

43 Elemente seien ausgebaut worden, berichtet Michael Sahler vom Verwaltungsrat der Kirchengemeinde. 20 seien bisher gegen eine Spende abgegeben worden. Einige der noch gelagerten Scheiben wiesen Schäden auf. „Alle Fenster mit Holzrahmen sind ausgebaut worden“, berichtet Sahler. Die großen Scheiben hinter dem Altar befänden sich in einem Stahlrahmen. „Sie auszubauen wäre ein viel zu großer Aufwand“, sagt Sahler.

Eine Erinnerung an die Marienkirche wird es auf jeden Fall geben. Wie CAB-Geschäftsführer Thomas Buckler berichtet, werden einige Fenster in dem Wohnheim einen neuen Platz finden. Übrigens: Auch für Altar und  Seitenaltar hat sich ein Abnehmer gefunden. Der Grundstein bleibt, so Michael Sahler, im Besitz der Kirchengemeinde St. Briktius.

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