Augenblicke der besonderen Art

BERNKASTEL-KUES. Die Graacher Straße gehört derzeit zu den belebtesten Orten der Stadt Bernkastel-Kues. Manchen Bürgern ist der Grund für diese Belebung ein Dorn im Auge.

Üblicherweise sind es die Fachwerkbauten, an denen die Augen der vielen Urlauber und Tagesgäste in Bernkastel-Kues hängen bleiben. Vor gut drei Wochen haben die malerischen Häuser der Altstadt jedoch Konkurrenz bekommen: die Zellskulptur "Lebensphasen" am Bärenbrunnen. Eines, und das war auch so geplant, ist damit auf jeden Fall erreicht worden: eine Belebung der Graacher Straße. Geradezu magisch werden die Passanten angezogen und schauen sich durch spezielle "Schlüssellöcher" die Zellinhalte an. Anwohner werfen viele Fragen auf

Wie berichtet, werden dort sieben Lebensphasen durch ganz persönliche Utensilien (180 Gegenstände von Menschen aus der Region) dokumentiert: Zeugung/Geburt, Kindheit/Taufe, Schulzeit/Erstkommunion/Konfirmation/Jugend, Sexualität/Liebe/Partnerschaft/Ehe, Kinder/Hausbau/Beruf, Veränderung/Trennung/Krankheit/Neuorientierung, Sterben/Tod. Schöpferin ist die Künstlerin Monika Weitbrecht (Mana Binz) aus Lieser. Seit der Enthüllung sorgt die "Installation", so nennt Weitbrecht das Werk, für Gesprächsstoff. In zwei Leserbriefen im Trierischen Volksfreund kritisieren Anwohner vor allem die Größe der Skulptur. Es wurden auch Fragen (Genehmigung, Kosten etc.) aufgeworfen. Den Anwohnern sei die Skulptur zudem ohne Rücksprache vor die Nase gesetzt worden. Unter vielen Einheimischen, herrscht anscheinend auch der Glaube, dass die Skulptur "Lebensphasen" dort für immer und ewig stehen bleibt. "Es handelt sich nur um eine Ausstellung. Und die läuft bis Ende des Jahres", erläutert Martina Wolff von der Entwicklungsagentur. Der Stadt entstünden keinerlei Kosten, alle Fraktionen des Stadtrates und die direkten Anwohner seien im Vorfeld informiert worden. Auch der Weihnachtsmarkt werde nicht beeinträchtigt. Es habe mit den Organisatoren einvernehmliche Gespräche gegeben. Es sei schlicht und einfach darum gegangen, die Graacher Straße zu beleben, sagt Wolff. Deshalb sei im Gespräch mit Monika Weitbrecht die Idee entstanden, dort Skulpturen aufzustellen. Zwei weitere Werke der Künstlerin, allerdings viel kleinerer Art, stehen bereits seit Anfang September in der Straße. "Dass die Skulptur so groß wird, war nicht klar", sagen Stadtbürgermeister Wolfgang Port und Beigeordneter Wolfgang Pastor, der auch Vorsitzender des Werbekreises ist. Das sei allerdings die einzige Überraschung. Ansonsten erfülle die Skulptur ihren Zweck - die Belebung der Straße. Einige Geschäfte in diesem Bereich berichten sogar von höheren Umsätzen. Von den Grundmaßen habe sich die Skulptur gegenüber der ursprünglichen Planung nicht verändert, sagt Monika Weitbrecht. Weil die Menschen aus der Region aber so viele Gegenstände einschickten, seien einzelne Zellen höher geworden als geplant. Die größte von ihnen misst 2,10 Meter. Eine zufällige Umfrage bei den Betrachtern stützt weder die Kritik an der Größe noch an der Kunst an sich. Es wirke beruhigend, sich in all dem Trubel, der in der Stadt herrsche, für ein paar Augenblicke auf das Wesentliche im Leben zu besinnen, ist immer wieder zu hören. Einziger Makel: Die eher modern wirkende Skulptur passe nicht zu den Fachwerkhäusern der Umgebung. "Der Standort ist nicht ideal", räumt auch Monika Weitbrecht ein, betont aber ebenfalls die zeitliche Begrenzung der Ausstellung. Im Übrigen zeige eine andere rheinland-pfälzische Stadt Interesse an der Skulptur. Sie selbst habe viele positive Reaktionen bekommen. Dass es auch andere Meinungen gebe, sei klar. "Damit muss man umgehen können", sagt sie. Zu groß für die Graacher Straße? Kunstwerk am falschen Platz? Mailen Sie uns Ihre Meinung in Kürze (Name und Anschrift nicht vergessen) an

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