Bilanzen hinter Klostermauern

GROSSLITTGEN. Klöster haben ursprünglich das Wirtschaftsleben begründet und in ihrer Umgebung wesentlich geprägt. Noch heute sind sie bei aller spirituellen Ausrichtung auch Orte weltlicher Fakten und werden immer mehr zum Anziehungspunkt für die Sinnsuche von Führungskräften.

 Hier muss wie in jedem Wirtschaftsunternehmen rentabel gearbeitet werden: Andrea Schommer beim Abräumen auf der Terrasse der Kloster-Gaststätte von Himmerod.Foto: Marion Maier

Hier muss wie in jedem Wirtschaftsunternehmen rentabel gearbeitet werden: Andrea Schommer beim Abräumen auf der Terrasse der Kloster-Gaststätte von Himmerod.Foto: Marion Maier

Wer in der Zisterzienserabtei Himmerod empfangen wird, bemerkt sogleich, dass er dennoch weltlichen Boden nicht verlässt: Auf dem Tisch im Eingangsbereich liegen Autozeitschriften und keine Bibel. Abt Bruno Fromme erläutert, was die Regel des Heiligen Benedikt, die allgemein und verkürzt als "Bete und arbeite" wiedergegeben wird, mit den Anforderungen an einen modernen Manager zu tun hat: "Man muss sich ständig fortbilden und Widerstände meistern. Der wirtschaftliche Leiter eines Klosters soll lebenserfahren sein, nicht aufgeregt oder hochmütig, in allem maßvoll und Sorge tragen für alles. Er soll ‚alles Gerät als heilig‘ betrachten und seine Mitbrüder nicht ‚betrüben‘." Weder Geiz noch Verschwendung vertragen sich mit der zisterziensischen Lebens- und Arbeitsmoral. Was sich mit profaneren Worten läse wie das Anforderungsprofil eines Managers und Firmenlenkers, bestimmt auch den Alltag im Kloster: "Bei uns geht kein ‚outplacement‘, sondern es muss der Teamgedanke tragen und die Motivation." Nicht von ungefähr ist das Kloster Tagungsort für das "Himmeroder Forum für Führungskräfte", das sich vor allem philosophischer Grundfragen für die Unternehmerschaft der Region annimmt. "Bei den Einkehrtagen, die wir anbieten, stellen wir immer wieder fest, dass vor allem bei den Verantwortlichen im Wirtschaftsleben die Sinnsuche an Bedeutung zunimmt", ist die Erfahrung von Abt Bruno. Die kontemplative Welt des Klosters könne ein Gegenpol sein zum Stress im Business, "doch bei uns gilt der Grundsatz ‚contemplatio in actu‘". Das bedeutet, dass bei aller geistiger Innenschau das Handeln ebenso wichtig ist. Doch blindem Aktionismus, um Geld hereinzuholen, sei durch die religiöse Ausrichtung eine natürliche Grenze gesetzt.Fischerei und Buchladen müssen rentabel arbeiten

Da das Kloster im Prinzip nicht von der Kirchensteuer finanziert wird, sondern von den Erträgen der eigenen Arbeit und von Spenden lebt, ist Wirtschaftlichkeit eine Notwendigkeit. So müssen die der Abtei angeschlossene Fischerei, der Buchladen, die Gaststätte und die Landwirtschaft im nahe gelegenen Altenhof rentabel arbeiten und unterliegen mit den jeweiligen Pächtern den ganz normalen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. "Dadurch sind wir ständig mit der Arbeitswelt und auch mit arbeitsrechtlichen Bestimmungen konfrontiert", erläutert der Abt die enge Verbindung zur Ökonomie. "Wir zahlen für die autonomen Gewerbebetriebe wie alle andern auch Gewerbe- und Körperschaftssteuer." Als touristischer Anziehungspunkt dient das Emaillekunst-Museum in der Alten Mühle, das die Abtei gemeinsam mit der Verbandsgemeinde Manderscheid und dem CreativKreis International betreibt, wobei allerdings kein Geld übrig bleibe, sondern Sympathie und Anerkennung der Öffentlichkeit. Als selbstständige "profit center", so der Abt, arbeiten schon eine Installateurs- und eine Schreinerwerkstatt sowie eine auf Steinofenbrot spezialisierte Bäckerei. Unter dem Label "Kloster Himmerod" wird Likör nach einem Originalrezept destilliert und vertrieben, neu auf den Markt kommt demnächst Bier, das in Belgien gebraut wird. Geplant ist auch das Keltern von Viez mit einer eigenen Mosterei und eigenem Obstanbau. Spenden und punktuelle Beihilfen der Diözese sind eine wichtige Lebensader für das Kloster, vor allem angesichts der notwendigen Investitionen. Abt Bruno: "Die Instandhaltung unserer Orgel steht an, sie wird mit 125 000 Euro zu Buche schlagen, hinzu kommt die fällige Fassadenreparatur mit weiteren 125 000 Euro." Alles in allem sei, so der Abt, Marketing auch für ein Kloster eine arbeitsaufwändige Sache, für die es bisweilen unter den derzeit 14 Brüdern selbst an Personal mangele. Vielleicht, so die Hoffnung, werden die Einnahmen eines bald erscheinenden Buches zur modernen Bedeutung der Regel des Heiligen Benedikt wohlwollende Aufmerksamkeit auf die Belange der Abtei lenken.

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