Der Hund als Therapeut

Tiere können kranken Menschen helfen. Bekannt ist die Delfintherapie. Speziell ausgebildete Hunde können ebenfalls die Lebensqualität behinderter Menschen verbessern.

 Der enge Kontakt mit Hündin Lakota wirkt auf den schwerbehinderten Michael entspannend. Therapeutin Alexandra Rex ist zufrieden. TV-Foto: Winfried Simon

Der enge Kontakt mit Hündin Lakota wirkt auf den schwerbehinderten Michael entspannend. Therapeutin Alexandra Rex ist zufrieden. TV-Foto: Winfried Simon

Brauneberg. Edyta Marzialis ist glücklich. Ihr Sohn Michael hat gelacht, seinen Kopf leicht nach vorne bewegt und ihr zugewandt. Michael ist kein Säugling, der beginnt, mit seiner Umwelt Kontakt aufzunehmen. Michael ist 15 Jahre alt und schwerstbehindert. Während der Geburt erhielt sein Gehirn zu wenig Sauerstoff. Die Folgen waren dramatisch. Michael ist schwer körperlich und geistig behindert. Er kann nicht gehen, muss in einem Rollstuhl fixiert werden, damit er nicht nach vorne kippt, muss gefüttert und frisch gemacht werden.

Dieser Tage war seine Mutter mit ihm wieder bei Gerd Thiel in Brauneberg. Der 39-Jährige arbeitet seit elf Jahren mit Therapiebegleithunden und hat vor einem Jahr in dem Moselort eine "Naturakademie" eröffnet, wo er mit seinen Mitarbeitern "tiergestütze Therapiebegleitung" und "tiergestützte Pädagogik" anbietet.

Die Bernkastel-Kueserin Edyta Marzialis kommt seit November 2009 mit Michael regelmäßig zu Gerd Thiel. Sie sagt: "Diese Hundetherapie tut Michael sehr gut. Er kann sich viel besser strecken, den Kopf etwas bewegen und wirkt auch viel interessierter." Eine Stunde, wenn gewünscht auch zwei, "kümmert" sich einer der Therapiehunde in Anwesenheit einer Fachkraft um das Kind. Der Hund leckt den Jungen am Ohr, kuschelt mit ihm und legt sich unter seine Beine. Fachlich gesprochen passiert laut Gerd Thiel folgendes: "Durch den besondern nonverbalen Kontakt zwischen Mensch und Hund gelingt es, eine weitere, für die meisten unserer Klienten aber noch mögliche Ebene der Kommunikation zu schaffen."

Patienten aus ganz Deutschland kommen nach Brauneberg. Oder Thiel beziehungsweise einer seiner Mitarbeiter fährt zu ihnen, um mit den Patienten "zu arbeiten".

Zu den Klienten - 85 Prozent sind Kinder, 15 Prozent Erwachsene - zählen auch Wachkoma-Patienten, autistische Menschen und Kinder, die unter Hyperaktivität (ADHS) leiden. Ebenso wie bei der Delfintherapie übernehmen die Krankenkassen auch die Kosten einer Hundetherapie nicht.

Thiel und seine Mitarbeiter besuchen mit den Hunden auch Kindergärten und Schulen. Die Kinder lernen mit Hilfe der Vierbeiner soziales Verhalten, bauen Ängste ab und werden sensibilisiert, mit Tieren liebevoll umzugehen.

Seit 2004 ist Thiel Vorsitzender des Vereins zur Förderung der Therapiebegleithundearbeit Deutschland. Der Verein wird demnächst unmittelbar neben Thiels "Naturakademie" einen 2000 Quadratmeter großen "Sensorik-Park" anlegen, der von jedermann genutzt werden kann. In dem Park soll es unter anderem einen Barfuß-Parcours geben, aus Weiden gefertigte Indianerzelte und Bauwägen für Kinder und eine Schaukel-Hängebrücke.

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