Der Konsum-Konflikt

Meine Wilma schwebt auf Wolke sieben! Nicht nur, dass sie mich nach Jahren der Verweigerung endlich in einen Fastnachtsfan verwandeln konnte, nein, jetzt ist auch noch Schlussverkauf. Tag für Tag macht sie sich auf den Weg in die Stadt, um "nur eine Kleinigkeit" zu besorgen.

Diese Kleinigkeiten füllen meist einige Tüten. Da sind die total praktischen Pullover "ganz klassisch", "werden nie unmodern" oder die Schuhe, um die sie schon seit Wochen herumschleicht und die jetzt "ein echtes Schnäppchen" waren. Mein Konto ächzt, aber Wilma ist glücklich. Diese Woche allerdings hat sie sich vorgenommen, auch mich neu einzukleiden. Zielstrebig peilt sie ein großes Geschäft an, das auch Herrenkleidung führt. Beim Weg in die Umkleidekabine kommen mir Zweifel, ob ich in der richtigen Abteilung bin: Da steht vor jeder Kabine eine Frau! Komisch, dass die nicht reingehen, denke ich. Aber da tritt des Rätsels Lösung auch schon hinter dem Vorhang hervor: Ein Mann im Anzug, die Hose zu lang, die Ärmel zu kurz - irgendwie sieht er aus, als habe er vergessen, den Kleiderbügel aus der Jacke zu nehmen. "Passt!!" so sein knappes Urteil. Die Gattin rollt mit den Augen, schiebt ihn zurück in die Kabine - mit anderer Hose und anderem Jackett. Auch Wilma wird jetzt ungeduldig. So schlüpfe ich schnell in das Beinkleid, das sie für mich vorgesehen hat. "Passt!!" rufe ich Wilma zu, nachdem ich mit ein wenig Baucheinziehen den Knopf geschlossen habe. Wilma aber kennt kein Erbarmen: Noch fünf Hosen muss ich anziehen, bis sie triumphierend mit dem Schnäppchen gen Kasse zieht. Aber damit nicht genug: Heute will meine Wilma schon wieder in die Stadt. Da ist in Wittlich Flohmarkt, und da ist sie dann gar nicht mehr zu halten. Und auch nicht mehr so pingelig, was Größen und Nutzen angeht. Zu kleine T-Shirts, nutzlose Taschen, Staubfänger für die Wohnung - Hauptsache alles ganz billig. Ach ja, beim letzten Flohmarkt hat sie für mich übrigens einen Schlips erstanden, so schrill gemustert, dass ihn selbst die Motten verschmähen. Aber Wilma freut sich noch immer: Fastnacht ist ja noch nicht vorbei- weder für den Schlips, noch für mich! Bis dann, Euer

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