Geschichte Vier Jahrzehnte lang mit Dampfkraft durchs Moseltal

Bernkastel-Kues/Traben-Trarbach/Trier · Im 19. Jahrhundert hat der aus Zell-Merl stammende Matthias J. Scheid eine Dampfschifffahrts-Gesellschaft an der Mosel betrieben. Das Unternehmen existierte etwa vier Jahrzehnte lang.

 Der Raddampfer „Moselthal“ wartet am Bernkasteler Gestade auf seinen Einsatz.

Der Raddampfer „Moselthal“ wartet am Bernkasteler Gestade auf seinen Einsatz.

Foto: TV/Markus Philipps

Um 1860 dominierte die „Neue Mosel-Dampfschifffahrt-Gesellschaft“ den Personen- und Güterverkehr auf der Moselstrecke Trier-Koblenz. Daneben entwickelten sich einst kleinere Privatunternehmen, die eigene Raddampfer auf verschiedenen Streckenabschnitten der Mosel im Linienbetrieb einsetzten. Zu den frühen privaten Dampfschiffbetreibern zählte  der Weingutsbesitzer und Kalkbrenner Matthias Josef Scheid aus Zell-Merl. Er arbeitete ab 1865 als Gesellschafter des Koblenzer Unternehmens „Volk‘s Lokal-Dampf-Schifffahrt“. Die Firma hatte seit Mitte der 1850er-Jahre einen regelmäßigen Linienverkehr zwischen Cochem und Koblenz betrieben.

Nach seinem Eintritt in die Firma dehnte Scheid das damalige Fahrplanangebot bis nach Trarbach und Trier aus. Nur wenige Jahre später zog sich Volk aus dem gemeinsamen Geschäft zurück.

Daraufhin führte Scheid den Betrieb ab 1868 unter dem Namen „Scheid‘s Local-Dampfschifffahrt“ allein weiter. Die firmeneigenen Dampfer „Moselthal“ und „Stadt Cochem“ dienten sowohl der Personenbeförderung als auch dem Transport von Gütern. Ihre Fahrtzeiten betrugen auf der Strecke Cochem-Koblenz sechseinhalb Stunden, auf der Linie Bernkastel-Trier sieben Stunden. Während des jahrzehntelangen Einsatzes der Schiffe kam es vereinzelt zu schwereren Unfällen. So zog sich die „Stadt Cochem“ am 27. August 1884 in der Nähe von Mülheim ein größeres Leck zu. Am 14. Januar 1887 rutschte der Bernkasteler Matrose Nikolaus Selbach vom vereisten Deck und ertrank. Im folgenden Jahr sank die „Moselthal“ am 30. September 1888 nach einer Havarie nahe der Gemeinde Kesten. Nach einer mehrwöchigen Reparatur in der Duisburger Werft Ewald Berninghaus konnte das Schiff jedoch bald wieder in Dienst gestellt werden. Im Winter 1893 beschädigte ein starker Eisgang im Kueser Schutzhafen sowohl die „Moselthal“ als auch die „Stadt Cochem“. Für große Aufmerksamkeit sorgte überdies eine außergewöhnliche Sonderfahrt der „Moselthal“ am 21. April 1904. Diese wurde anlässlich der Hochzeit der Freifrau Helene von Schorlemer-Lieser und des Freiherrn von Fürstenberg veranstaltet. Unter den Fahrtteilnehmern befanden sich bedeutende Persönlichkeiten des deutschen Hochadels, darunter Prinz Eitel Friedrich von Preußen. Auf der Rückfahrt von Trarbach nach Bernkastel verursachte die Zündung eines Böllers eine gefährliche Explosion. Dabei erlitt ein Besatzungsmitglied schwerste Verbrennungen.

Nach 1879 geriet die lokale Dampfschifffahrt durch die Inbetriebnahme der Eisenbahnlinie Koblenz-Trier in größere Schwierigkeiten. Da die neue Konkurrenz zu permanent abnehmenden Fahrgastzahlen und Frachtgütern führte, wurde der Betrieb der Moseldampfer zunehmend unrentabel. Vor diesem Hintergrund sah sich Scheid in den frühen 1880er-Jahren gezwungen, den Linienverkehr Cochem-Koblenz aufzugeben. Im August 1889 stellte er zudem auch seine Fahrten zwischen Bernkastel und Cochem ein.

Auf der beibehaltenen Linie Bernkastel-Trier veranstaltete Scheid neben dem Planverkehr Ausflugs- und Extrafahrten. Im Alter von über 80 Jahren übergab er das Familienunternehmen 1895 an seinen Sohn. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts bewirkte jedoch die Eröffnung der Moseltalbahn Trier-Bullay, dass sich Scheids Dampfschifffahrt kaum noch rechnete. Um 1905 erfolgte schließlich die Auflösung des Betriebes.

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