Easy Rider hat graue Schläfen

BERNKASTEL-WITTLICH. (noj) Laute Motoren, cooles Outfit und der Ruf der rebellischen Jugend waren lange Zeit mit dem Image der Motorradfahrer verbunden. Heute ist das etwas anders. Häufig kommen unter dem Helm keine jugendlich-langen Haare, sondern eher graue Schläfen zum Vorschein.

 "Die Kinder sind groß, das Haus ist bezahlt": Viele Menschen erfüllen sich erst "in den besten Lebensjahren" ihren Traum von der Freiheit auf zwei Rädern. Im Bild Teilnehmer am Harley-Davidson-Treffen 2004 in Ürzig.Foto: Nora John

"Die Kinder sind groß, das Haus ist bezahlt": Viele Menschen erfüllen sich erst "in den besten Lebensjahren" ihren Traum von der Freiheit auf zwei Rädern. Im Bild Teilnehmer am Harley-Davidson-Treffen 2004 in Ürzig.Foto: Nora John

"Motorradfahren ist nicht mehr hip", meint Rainer Blaschke, Inhaber eines Motorradladens in Osann-Monzel. Bei ihm seien es überwiegend nicht mehr ganz junge Kunden, die Motorräder kaufen. Für Blaschke liegt dieser Trend unter anderem in den vielfältigen Möglichkeiten begründet, die Freizeit zu gestalten, die das Motorradfahren etwas verdrängt hätten. Auch optische Gründe könnten eine Rolle spielen, meint Blaschke: Viele Jugendliche wollten sich ihre gestylten Frisuren nicht durch den Motorradhelm ruinieren. Außerdem sei es uninteressant, das zu machen, was die Eltern auch tun. "Das haben wir ja auch nicht gemacht", sagt er.Gemütlichkeit auf dem Chopper

Aber auch die Motorräder, die heute auf dem Markt sind, würden viele junge Leute nicht so ansprechen. "Sehr konservativ" nennt Blaschke die Modelle, die es gegenwärtig zu kaufen gibt. Vor allem bei den Enduros, die für die Straße und für das Gelände geeignet seien, gebe es nur ein geringes Angebot. Dass Jugendliche und ihre Eltern häufig unterschiedliche Vorstellungen vom Motorradfahren haben, bestätigt auch Carola Vogt. Sie hat erst im Alter von 36 Jahren ihren Motorradführerschein gemacht und genießt jetzt das eher gemütliche Fahren mit ihrem Chopper. Ihr Sohn ist mittlerweile ebenfalls im Besitz der Fahrerlaubnis, hat aber eher ein sportliches Motorrad im Sinn. Carola Vogt selbst hatte immer schon Interesse am Motorradfahren. Aber früher fehlte ihr einfach das Geld für den Führerschein und für das Motorrad. Dann standen Beruf und Kinder im Vordergrund, ehe sie sich ihren Traum erfüllte. Ein Trend, den auch Motorradhändler in der Region bestätigen. "Die Kinder sind groß, das Haus ist bezahlt", nennt man bei der Firma Harley-Davidson in Konz als Zeitpunkt, an dem sich viele ein Motorrad kauften. Bei der Rockerbox in Morbach hat man zwar auch viele junge Kunden, aber hier werden viele 125-Kubik-Motorräder an Fahrer jenseits der 40 verkauft, weil diese mit einem Führerschein, der vor April 1980 gemacht wurde, auch ohne speziellen Motorradführerschein gefahren werden können. Der Trend, sich später noch einmal auf zwei Rädern auf die Straße zu wagen, wird von Fahrlehrern nicht nur positiv gesehen. Heinrich Haas, Geschäftsführer vom Fahrlehrerverband Rheinland, wünscht sich, dass Fahrer, die nach vielen Jahren noch einmal auf eine 125er oder auch auf ein großes Motorrad steigen, zur eigenen Sicherheit noch einmal einige Fahrstunden nehmen. Nur wenige würden allerdings dieses Angebot wahrnehmen. Insgesamt sieht Haas einen Rückgang von acht bis zehn Prozent bei den jungen Fahrschülern, die die Lizenz für das Zweirad erwerben wollen. Bei der Fahrschule Speed in Wittlich liegt der Anteil der Motorradschüler bei zirka 80 Prozent. Bei den älteren seien es auch immer mehr Frauen, die die Lizenz erwerben wollen. Eine rückläufige Zahl der jungen Motorradschüler sieht auch Detlef Schwind. Aus seiner Sicht ist es aber vor allem "die Kohle", die die jungen Leute vom Motorradfahren abhält.

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