Heimat Familiengeheimnis bei Fahrradtour an der Mosel gelüftet

Piesport-Niederemmel · Die Französin Anne Bourgain hat mit Mann und Freunden eine Fahrradtour an der Mosel gemacht. Es war keine gewöhnliche Fahrt. Sie hat sich auf die Suche nach Spuren ihrer Großmutter begeben und ist fündig geworden.

 Das Foto ist eine Erinnerung an eine ganz besondere Moseltour: Anne Bourgain traf sich bei einer Fahrradtour mit dem Piesporter Ortsbürgermeister Stefan  Schmitt  (links)  und dem Ahnenforscher Günter Kettern.

Das Foto ist eine Erinnerung an eine ganz besondere Moseltour: Anne Bourgain traf sich bei einer Fahrradtour mit dem Piesporter Ortsbürgermeister Stefan  Schmitt  (links)  und dem Ahnenforscher Günter Kettern.

Foto: TV/privat

(red/iro) Ungewöhnlicher Besuch in Nieder­emmel: Die Französin Anne Bourgain, die zusammen mit ihrem Ehemann und Freunden eine Fahrradtour an der Mosel unternahm, machte einen Halt in dem Ortsteil von Piesport. Sie nutzte die Gelegenheit, den Geburtsort ihrer  Großmutter Maria Josefine Meuren zu besuchen. Günter Kettern, der  in Konz lebt, begrüßte die Gäste aus dem Nachbarland. Der Ahnen- und Familienforscher hatte zuvor intensiven Telefon- und Mailkontakt mit der Französin, die deutsche Wurzeln hat. Durch seine Recherchen konnten sogar Verwandte ausfindig gemacht werden, die heute noch in Piesport leben.

Begrüßt wurden die Besucher auch von Ortsbürgermeister Stefan Schmitt. Hin und wieder habe man schon Anfragen von Menschen, deren Vorfahren womöglich aus dem Ort stammen. Aber dass die potenziellen Verwandten dann auch zu Besuch kommen, „das hat man nicht alle Tage“.

So ganz einfach war die Ahnenforschung in diesem Fall nicht. Die Enkeltochter hatte nach Angaben des Ortsbürgermeisters keine Ahnung von der deutschen Herkunft der Großmutter. „Über ihre Herkunft und Heimat an der deutschen Mosel hatte Maria Josefine in Frankreich nie mehr gesprochen“, weiß Schmitt. 1982 starb sie in Nizza. Sie wurde übrigens im Jahr 1904 in Niederemmel geboren. Der Vater war Schneider im Ort und hatte insgesamt acht Kinder, die zwischen 1898 und 1907 geboren wurden. Die Familie zog laut Schmitt später nach Trier, das nach dem ersten Weltkrieg von Franzosen besetzt wurde. In Trier lernte Maria Josefine ihren späteren Mann kennen: Jean Jacques Jules Boudouresque. Er war als französischer Brigadegeneral in Trier stationiert. Beide heirateten am 5. Juni 1929, und Maria Josefine zog mit dem Abzug der Franzosen aus Trier 1930 gemeinsam mit ihrem Ehemann nach Frankreich. Mit ihm bekam sie zwei Töchter, von denen vier Enkel, Urenkel und mittlerweile sogar einige Ururenkel abstammen. Das ergaben Recherchen des Ortsbürgermeisters und des Ahnenforschers Kettern, der auch ein Familienbuch Piesport und Niederemmel verfasst hat.Veröffentlicht wurde es von der Westdeutschen Gesellschaft für Familienforschung.

Wie gesagt, von der deutschen Herkunft hatte die Enkelin keine Ahnung. Durch Zufall fiel ihr vor einigen Monaten „die Sterbeurkunde ihrer Großmutter in die Hände“, erzählt der Ortsbürgermeister weiter. Dort war auch ihr Geburtsort vermerkt: Niederemmel in Deutschland.

Doch auch danach war noch einiges an Detektivarbeit nötig. Denn Niederemmel existiert seit der Verwaltungsreform in Rheinland-Pfalz im Jahr 1969 nicht mehr als eigenständige Gemeinde. Zudem war der Ort als „Niedevemmel“ in der Urkunde falsch geschrieben. Doch sie fand heraus, dass Niederemmel heute zu Piesport gehört und kontaktierte den Ortsbürgermeister. Und dann stand einem Besuch nichts mehr im Wege. Bei einer kleinen Weinverkostung im Weingut Birkenfeld in Niederemmel wurden die Kontakte vertieft und weitere Informationen über die Großmutter und ihren Herkunftsort ausgetauscht. Interessanterweise liegt das Weingut nur wenige Häuser neben dem Geburtshaus der Ahnin.

Der Ortsbürgermeister überreichte Anne Bourgain in Niederemmel als Erinnerung an ihre besondere Moseltour eine goldene Gedenkmedaille des Piesporter Goldtröpfchens und der Moselloreley.

Das Treffen sei ein „kleiner Mosaikstein zur Verfestigung der deutsch-französischen Freundschaft“, sagt Stefan Schmitt ein wenig nachdenklich. Immerhin hatte die Großmutter zeitlebens in Frankreich ihre deutsche Herkunft verschwiegen, „möglicherweise aus Scham“. Diese Zeiten seien erfreulicherweise vorbei.

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