Einflussreicher "Kirchhof"

ALTRICH. Wenig bekannt ist die Bedeutung des Gutes Kirchhof für Dorf und Pfarrei Altrich. Der Gutshof war einflussreicher als die Stadt Wittlich. Die Steine des Kirchhofer Gotteshaus wurden zum Bau der Altricher Pfarrkirche benutzt.

Zwischen der kürzlich renovierten und dem Verkehr wieder freigegebenen Lieserbrücke und der Gemeinde Altrich erhebt sich auf einer kleinen Anhöhe ein altes Gemäuer mit Wohn- und Wirtschaftsgebäuden: Gut Kirchhof. Die Bezeichnung Kirchhof ist wörtlich zu nehmen. Jedoch nicht im umgangssprachlichen Sinne als Friedhof, sondern aus der geschichtlichen Bedeutung des Anwesens als "Hof(gut) der Kirche". Denn dieser dem Trierer Bischof gehörende Gutshof bei Altrich wird als Zentrum der Lieserbesitzungen des Kurfürsten für die Zeit vom zehnten bis dreizehnten Jahrhundert angesehen. Im Laufe der Jahre avancierte der Hof durch den Bau einer Pfarrkirche zum religiösen Mittelpunkt für die Orte Altrich, Büscheid, Platten und Pohlbach.Hochgericht trat in Altrich zusammen

Und nicht nur das - die Bedeutung des Bischofshofes als zentraler Ort im so genannten Lieserfiskus war um das Jahr 1000 höher anzusehen als die Stellung des benachbarten Wittlich. Noch im 15. Jahrhundert trat das Hochgericht für den Bezirk Wittlich "in der Laube vor der großen Scheuer zu Kirchhof bei Altrich" zusammen. Diese "Zentralfunktion Verwaltung" beinhaltete die Rechtsprechung als Tätigkeiten des Altricher Zenders (Zender = Dorfvorsteher, Gerichtsvorsitzender). Sie war noch Mitte des 15. Jahrhunderts gültig, auch wenn die kirchliche Bedeutung zugunsten des benachbarten Wittlichs bereits um 1200 zurückgedrängt worden war. Aber die Stellung des Kirchhofs als Pfarrmittelpunkt blieb für Altrich bis fast zum 20. Jahrhundert erhalten, also ein knappes Jahrtausend lang. Selbst als die Altricher im Ortskern eine neue Kirche errichtet hatten, wurde in der Literatur die Geschichte der Pfarrei Altrich unter "Kirchhof" aufgeführt. 1870 war das Kirchhofer Gotteshaus baufällig und die Zeit reif, dem Drängen der Bevölkerung nach einer Kirche im Zentrum der Gemeinde Altrich nachzugeben. 1872/73 wurde deshalb das Gebäude in Kirchhof mitsamt seiner Fundamentmauern abgerissen und die Steine zum Bau der neuen Altricher Kirche verwendet. Dennoch dauerte es ein weiteres halbes Jahrhundert, bis der Pastor umsiedelte und in sein 1932 errichtetes Pfarrhaus nach Altrich umzog. Zwischenzeitlich hatten sich auch die Eigentumsverhältnisse des Hofes verändert. 1806 erwarb die Familie Merrem das Anwesen und ist mittlerweile in der siebten Generation auf Gut Kirchhof ansässig. Der Ort Altrich ist näher ans Hofgut gerückt

Der Hof wird von Rudolf Merrem bewirtschaftet. Er baut Getreide- und Zuckerrüben an. Das ehemalige Pfarrhaus ist besitzmäßig vom Hof getrennt und dient als Wohngebäude. Der Ort Altrich ist durch die Bautätigkeit der letzten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts näher an den Kirchhof herangerückt. Nur etwa 100 Meter Freifläche trennen den Hof noch von den Altricher Häusern.

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