Enkirch baut aufs Fachwerk

Enkirch · 50 bis 60 Häuser werden in Enkirch in den nächsten Jahren leer stehen, sagen Einwohner voraus. Deshalb gehen sie in die Offensive und wollen eine Stiftung Fachwerkdorf gründen. Damit befasst sich jetzt auch der Gemeinderat.

Enkirch. Enge, verwinkelte Gässchen und schnucklige Fachwerkhäuser: Enkirch ist neben Bernkastel-Kues die Gemeinde im Kreis Bernkastel-Wittlich mit den meisten und besterhaltenen Fachwerkhäusern.
Allein im vorigen Jahr kamen 17 700 Urlauber ins "Schatzkästlein rheinischer Dorfbaukunst", wie es sich nennt. Doch die Moselgemeinde hat das gleiche Problem wie unzählige weitere Orte: Die Gebäude altern, ihre Bewohner sterben, und es finden sich immer weniger Menschen, die darin leben wollen. Oder vielmehr: die so viel Arbeit hineinstecken wollen oder können, wie meist nötig ist.
Die wollen ihnen nun rührige Enkircher abnehmen. Aus der Arbeitsgruppe heraus, die bei der Dorferneuerung den Fokus auf Ortskern und Denkmalzone gelegt hat, ist die Idee zu einer Stiftung Fachwerkdorf entstanden. Der Enkircher Dieter Bautz erklärt, wie\'s funktionieren kann:
Mit Hilfe von Spenden, Erbschaften und Schenkungen sollen leerstehende Häuser gekauft, saniert, restauriert und verkauft oder vermietet werden. Gleichzeitig gelte es, Park- und Ruheplätze im Ort zu schaffen - und dazu auch baufällige Häuser abzureißen. Zudem will die Stiftung Hausbesitzer bei Behördengängen beraten und über Fördermittel aufklären. Im Kuratorium könnten Fachleute ihr Wissen einbringen. Auf diese Weise wollen die Stiftungsgründer erreichen, dass der Ortskern vor allem dank junger Familien belebt wird. "Wenn uns das nicht gelingt, haben wir bald eine tote Ortsmitte und nur noch bewohnte Neubaugebiete am Ortsrand", erklären Bautz und sein Mitstreiter Heinz-Adolf Schütz.
Grundstock von 25 000 Euro


Das ist aber nicht das einzige Problem: "Manche Leute haben einfach nicht genug Geld, ihr Haus aufwendig zu sanieren", sagt Bautz. Sie sollen dazu eine Finanzspritze erhalten.
Allerdings kann sich eine Stiftung erst gründen, wenn sie 25 000 Euro Grundkapital hat. Die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Trier (ADD) ist zuständig für die Genehmigung von Stiftungsgründungen und erklärt, eine Stiftung lebe eben aus den Erträgen ihres Vermögens - also zum Beispiel von Zinsen, Mieteinnahmen oder Dividenden.
Ist das Kapital zu gering, seien die Erträge nicht hoch genug, um den Stiftungszweck zu erfüllen. Der Finanz-Grundstock darf deshalb auch nicht angetastet werden. In Enkirch soll aber eine Bürgerstiftung entstehen, die von allen Menschen getragen wird. Deshalb wünschen sich Bautz und Schütz, dass Betriebe wie Privatleute sich spendabel zeigen, um die 25 000 Euro zusammen zu bekommen.
Im November - der Termin steht noch nicht fest - soll es eine Versammlung in Enkirch geben, die über die Details des Vorhabens aufklärt, das nach Auskunft der ADD im Kreis bislang einzigartig ist.
Gästebefragungen zeigen übrigens, dass das Ortsbild in der Rangordnung der Gründe für einen Urlaub an der Mosel weit vorne liegt. "Das Thema Kultur ist als tragende Säule in unserer Tourismusstrategie 2016 verankert", sagt Christiane Heinen von der Moselland-Touristik. Und damit meint sie natürlich auch die Architektur: "Regionaltypische Bauweise trägt in hohem Maße dazu bei, im Wettbewerb um Regionalität und Alleinstellung zu punkten."Extra

In Enkirch stehen 27 Gebäude mit freigelegtem Fachwerk unter Denkmalschutz. Dazu kommen zwölf Häuser mit nicht freigelegtem Fachwerk sowie zahlreiche Gebäude mit Fachwerk oder Teilfachwerk, die nicht denkmalgeschützt sind. Aus Sicht der Arbeitsgruppe sollten in naher Zukunft auch diese Fachwerke freigelegt werden. Heinz-Adolf Schütz berichtet, dass in jeweils etwa 60 Häusern im Ort eine Person oder zwei Personen über 60 Jahre leben. "50 bis 60 Häuser werden in den nächsten Jahren leer stehen." uqExtra

Mit einer eventuellen Beteiligung an der Stiftung befasst sich der Enkircher Gemeinderat bei seiner nächsten Sitzung am kommenden Montag, 24. September. Weitere Themen der Sitzung sind die Weiterentwicklung der Kindertagesstätte, die Parkregelung in der Sponheimer Straße und der Ausbau der Straße Am Edelberg. Außerdem werden die ersten Leistungen für den Umbau der Alten Schule zum Dorfgemeinschaftshaus vergeben. Die Sitzung beginnt um 19.30 Uhr im Gemeindehaus. uq

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