Fehlende Dividende reißt Loch in die Kasse

Wittlich · Im Kreishaushalt fehlt Geld: Am Mittwoch hat die RWE-Hauptversammlung beschlossen, die Dividende für ihre Aktien zu streichen. Knapp 290 000 Euro waren aber als erwartete Dividenden-Einnahme aus den RWE-Aktien im Kreis-Etat und im Budget der Kreismusikschule veranschlagt. Das hat die Verwaltung auf eine Anfrage der SPD-Kreistagsfraktion eingeräumt.

Wittlich. 80 Cent Dividende je RWE-Aktie hatte der Kreis Bernkastel-Wittlich für das Geschäftsjahr 2015 erwartet. Bei 345 701 Aktien wären das netto 232 800 Euro gewesen, die im Kreishaushalt veranschlagt waren. Zudem waren 54 000 Euro an Dividendenerlös im Budget der Kreismusikschule eingeplant, also insgesamt 286 800 Euro.
Doch daraus wird nichts: Die RWE-Hauptversammlung hat gestern wie erwartet beschlossen, die Dividende erstmals seit 60 Jahren zu streichen. Und damit fehlt Geld im Haushalt vieler Kommunen und Kreise (siehe Hintergrund), auch in Bernkastel-Wittlich. Dieser Einnahmeausfall führe dazu, so die Antwort der Kreisverwaltung Bernkastel-Wittlich auf eine Anfrage der SPD-Kreistagsfraktion, dass "der geplante Abbau der Altfehlbeträge vermindert werde", soweit sich im Haushaltsvollzug keine Veränderungen ergeben sollten.
Für die Kreismusikschule bedeute die fehlende Dividendeneinnahme, dass sich der Zuschussbedarf um die eingeplanten 54 000 Euro erhöhe — "soweit es der Verwaltung nicht gelingt, durch zusätzliche Kursangebote weitere Einnahmen zu generieren". Ob es eine Erhöhung des Schulgelds geben wird, wird laut Verwaltung geprüft, wenn die Schülerzahlen des kommenden Schuljahres feststehen.
Der stetig fallende Kurs der RWE-Aktien stand in der Vergangenheit häufiger auf der Tagesordnung der Kreistags- und Kreisausschusssitzungen, zuletzt im November 2015, ebenfalls auf Antrag der SPD-Fraktion.
Deren Sprecherin Bettina Brück forderte damals dazu auf, die Aktien wegen ihres sinkenden Kurses zu veräußern und verglich das Wertpapier mit "einstigem Tafelsilber, das heute zu Plastikbesteck" geworden sei (TV vom 17. November 2015). "Wir haben schon seit langem vor dem Verfall der Aktien gewarnt und den Verkauf mehrfach gefordert", sagte Brück.
Landrat Gregor Eibes (CDU) konterte die Vorwürfe und verwies auf die Dividendenerträge in 2006, die bei sechs Millionen Euro lagen.
Zuletzt hatte der Kreisausschuss im Mai 2014 über einen Verkauf der Wertpapiere abgestimmt. Ergebnis: Der Kreis behält seine Aktien.Meinung

Verzockt!
Wer RWE-Aktien besitzt, ist nicht zu beneiden! Der Kurs ist seit Jahren auf Talfahrt, und nun gibt es nicht einmal mehr Dividende. Vor allem diese war in der Vergangenheit stets das Hauptargument dafür, die Wertpapiere zu behalten, und nicht - wie immer wieder vor allen von der SPD im Kreistag gefordert - zu verkaufen und den Erlös für sinnvollere Projekte zu verwenden. Vermutlich bereut inzwischen auch mancher aus der Mehrheit im Kreistag, die Aktien nicht verkauft zu haben, als sie zumindest noch ein bisschen was wert waren. Aber diese Chance ist vertan. Das einst schöne Vermögen ist verzockt. Die Hoffnung darauf, dass sich der Kurs bald wieder deutlich erholt, dürfte genauso in die Irre führen, wie das einstige, trügerische Vertrauen auf ewig hohe Kurse und sprudelnde Dividenden. l.ross@volksfreund.deExtra

Die Stadtwerke Trier haben viele ihrer 1,2 Millionen RWE-Aktien bereits in den Jahren 2007 und 2008 zu einem Durchschnittspreis von 85,53 Euro verkauft. Auch der Kreis Trier-Saarburg hat seine RWE-Aktien größtenteils verkauft, um mit dem Geld unter anderem eine Stiftung zu gründen. Der Kreis Bitburg-Prüm gleicht mit der Dividende seiner RWE-Aktien ebenfalls Defizite der Kreismusikschule aus. Der Vulkaneifelkreis muss wegen der fehlenden Dividende der RWE-Papiere eine Lücke im Haushalt schließen: Dort fehlen 141 00 Euro für die Wirtschaftsförderungsgesellschaft. 2015 waren die RWE-Aktien mit einem Minus von mehr als 50 Prozent Schlusslicht im Dax. red/will

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