Hirschkäfer kämpfen um ihr Leben

Alf · Von Krabbeln zu sprechen, ist fast untertrieben. Er schreitet gravitätisch durchs Unterholz und über Wegesränder. Und man darf behaupten, dass er in wenigen Tagen an sonnigen Stellen wimmeln wird: der Hirschkäfer.

Alf. Der Hirschkäfer ist eine Spezies, die durchaus davon profitiert, dass der Mensch in seiner Nähe ist. Er kommt in unseren Breiten sogar recht häufig vor. Wie sich seine Population entwickelt, erforscht Förster Markus Rink aus Alf seit Jahren. Der Hirschkäfer ist sein liebstes wissenschaftliches Objekt - und das seit zwölf Jahren oder anders ausgedrückt: seit 2,5 Hirschkäfergenerationen.
Rink zählt die Tiere, vermerkt den Ort ihres Auftretens, ihre Eigenarten. Jetzt dehnt er seine Forschung, die er zuvor an der Mosel und in der Eifel betrieben hat, auf ganz Rheinland-Pfalz aus.
Männchen zanken gern


Was ist das Faszinierende am Hirschkäfer? "Er hat Charakter", sagt der Förster, der in diesem Spezialgebiet promoviert hat. Während andere Käfer weglaufen, suche gerade das Hirschkäfer-Männchen mit seinem ausgeprägten "Geweih" nicht das Weite - sondern die Auseinandersetzung mit einem Störenfried. "Er zankt gerne, wehrt sich, kämpft immer wieder", hat Rink beobachtet. In einem Jahr wird er mindestens 100 Mal empfindlich in die Fingerkuppe gekniffen. Hirschkäfer können bis zu 1000 Gramm auf einen Punkt drücken.
Rink misst jedes Jahr gut 100 Käfer in einem ausgewählten Gebiet. Er verlässt sich auf Meldungen und Augenzeugenberichte. "Helfen kann jeder, der Hirschkäfer meldet", so Rink. Gerade Kinder achten eher auf alles, was krabbelt. Und der Käfer lebt keineswegs versteckt. Seine Nester brauchen viel Sonne, er hält sich gern in der Nähe von Bäumen, Sträuchern und Kompost auf. "Er nimmt Lebensräume gern an, ich würde ihn als Kulturfolger bezeichnen", sagt der Förster.
In den Jahren 2002 und 2004 hat Rink großflächig die Population im nördlichen Rheinland-Pfalz untersucht. Jetzt möchte er den Radius erweitern, möchte mehr über die Lebensweise, Verbreitung und Entwicklung des Tieres erfahren. "Interessant ist zu erforschen, ob die Populationen auch langfristig stabil sind", sagt Markus Rink.
Eine Hirschkäferpirsch ist nicht verwerflich, sofern man sich an Regeln hält. Wenn die Flugsaison der Maikäfer zu Ende geht, beginnt die der Hirschkäfer von Mitte Mai bis Juli - sie fliegen gern in der Abenddämmerung, so zwischen 21.30 und 22.30 Uhr, wie der Experte festgestellt hat.
Warme Abende, auch bei Gewitterstimmung, sind potenzielle Flugtage und bieten die Möglichkeit, den brummenden Käfer bei seinem imposanten Flug zu verfolgen. Ist es kalt oder stark regnerisch, verharren die Tiere oft tagelang regungslos.
Tagsüber verstecken sie sich gern am Stammfuß von Bäumen. Als "speziellen Beobachtungshöhepunkt" bezeichnet Markus Rink das Paarungsritual. Dann schwärmen die Männchen heftig um Bäume oder Sträucher - im Baum sitzt das Weibchen und lockt.
Interessante Einblicke bietet die Brutstätte. Sie liegt meist in Baumstümpfen oder in liegendem Holz, auch in Pfählen oder gar Eisenbahnschwellen. Gruppenweise schlüpfen die kleinen Hirschkäfer und fliegen von der Brutstätte ab. Die flach-ovalen Schlupflöcher sind noch Tage danach auszumachen. Sobald sie unterwegs sind, beginnt ihr Überlebenskampf: Hirschkäfer steht bei einigen Tieren auf der Speisekarte - bei Wildschwein, Specht, Marder oder Elster. Die Larve des Hirschkäfers landete vor 2000 Jahren im Kochtopf - als Delikatesse der Römer.
E-Mail-Adresse hirschkaefer-rink@t-online.de; Telefon 06542/2666, Infos im Internet unter www.hirschkaefer-suche.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort